Am Beispiel Frankfurts: Flüchtlingsfragen in Stadt und Land, Teil 4, Bericht vom Wochenende

 

Eric Fischling

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir wollen gar nicht die Frankfurter so besonders loben, nur können wir hier mit eigenen Augen sehen, was wich an den Bahnhöfen der Stadt, aber auch an denen des Flughafens tat: hunderte Menschen fuhren noch in der Nacht von Samstag auf Sonntag vom Hauptbahnhof zum Flughafen, nachdem die Deutsche Bahn kostenlos einen Zug zur Verfügung gestellt hatte.

 

Am Frankfurter Hauptbahnhof waren nämlich zu wenig Flüchtlinge eingetroffen, zu wenig im Verhältnis zu den Massen an geschmierten Broten, wozu man ja neudeutsch Sandwich sagt, die in Plastikbeuteln mit Kuchen, Saft und Wasser auf diejenigen warteten, von denen man mit Recht erwarten konnte, daß sie hungern und dürsten und sich über solche Brotbeutel freuen. So war es auch, denn am Flughafen gingen die Brote sozusagen wie warme Semmeln weg. Nein, das hätte man eigentlich so herzlich, so spontan, so gut organisiert von den Frankfurtern nicht erwartet.

 

Mag sein, daß deshalb auch die Politiker sofort mit dem Loben anfingen, was manchen nicht mal gefällt, weil sie den Eindruck haben, die Politiker wollten sich dabei selber loben und nutzten nur die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, um selber in die Zeitung zu kommen. Alle drei Frankfurter Tageszeitungen waren voll von Bildern und Berichten, in welchem Ausmaß hier Flüchtlinge willkommen geheißen wurden. Dabei gab es auch witzige, zumindest komische Situationen. Denn der Großteil am Flughafen und auch am Frankfurter Hauptbahnhof wollte nach Dortmund weiterreisen und tat es auch. Warum Dortmund. Aber dann sagten sich Viere, ach nein, wir bleiben in Frankfurt und stiegen aus. Anders sah es am Südbahnhof aus, wo gleich Züge mit ankommenden Flüchtlingen nach Gießen, dem hessischen Erstlager sozusagen, weiterfahren sollten. Von denen wollten nun manche in Frankfurt bleiben.

 

Aber weil der Bürgermeister und die zuständige Stadträtin nun mal ihre Reden in die Redaktionen geschickt haben, wollen wir diese Lobsprüche weitergeben, denn es geht in der Tat um Verbesserungen der erst einmal chaotisch begonnenen Flüchtlingsthematik. Beide sagen: „Wir sind begeistert von dem privaten Engagement und dafür dankbar, dass so schnell und umfassend geholfen wird. Mit vielen warmherzigen Aktionen wurden auch und besonders am vergangenen Wochenende am Frankfurter Hauptbahnhof weiterer Flüchtlinge begrüßt. Wir heißen jede Initiative, die hilft, die Not zu lindern und Integration zu verbessern, gut. Frankfurt präsentiert sich hier von seiner allerbesten Seite. Der Dank geht auch an die zahlreichen Flüchtlings- und Hilfsorganisationen sowie die damit befassten Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die alle nach Kräften mithelfen.“

 

Die Sozialdezernentin bitte jedoch um Verständnis, dass in den Übergangsunterkünften für Flüchtlinge in der Regel keine Nahrungsmittelspenden angenommen werden: „Es gibt leider immer auch Leute, die bei solchen Gelegenheiten verdorbene Lebensmittel abgeben, die gesundheitsschädlich sind.“ Lebensmittelspenden sind prinzipiell auch nicht erforderlich, weil die Flüchtlinge Geld bekommen, um sich in den regulären Übergangsunterkünften ihr Essen selbst zuzubereiten. In der Turnhalle in der Franz-Böhm-Schule gibt es eine Vollverpflegung.

 

Zugleich bewerten Cunitz und Birkenfeld das Ergebnis des jüngsten Berliner Koalitionsgipfels als in vielen Teilen positiv: „Es ist in der jetzigen Situation wichtig und richtig, dass der Bund zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt.“ Im Haushalt für das Jahr 2016 werden drei Milliarden Euro mehr für die Bewältigung der Flüchtlings- und Asylsituation auf Bundesebene eingeplant. Zudem stellt der Bund den Ländern und Kommunen weitere drei Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. „Hier muss allerdings sichergestellt werden, dass das Geld dann auch tatsächlich bei den Kommunen ankommt“, fordert Cunitz. Birkenfeld betont: „Vor allem müssen sämtliche Erleichterungen und Verbesserungen zügig umgesetzt werden.“

 

Lobend erwähnen der Bürgermeister und die Sozialdezernentin die Absicht der Bundesregierung, den Ländern und Kommunen beim Ausbau von rund 150.000 winterfesten Plätzen in menschenwürdigen Erstaufnahmeeinrichtungen zu unterstützen, alle verfügbaren Bundesliegenschaften bei Bedarf anzubieten und die Kosten für die Herrichtung zu übernehmen. Auch das vorgesehene Beschleunigungsgesetz, das für einen befristeten Zeitraum die Abweichung von geltenden Bau- und Vergabe-Standards ermöglicht und somit Hürden abbaut, begrüßt Cunitz ausdrücklich. Positiv sei auch, dass Kommunen vom Bund Immobilien für den sozialen Wohnungsbau günstiger bekommen sollen und steuerliche Anreize für Investoren zum Bau von Sozialwohnungen geprüft werden.

 

So gut diese Weichenstellungen auch sein mögen, wir brauchen ein Einwanderungsgesetz in Deutschland“, sind sich Cunitz und Birkenfeld einig. „Es kann und darf nicht sein, dass ganze Gruppen von Flüchtlingen in die Illegalität gedrängt werden. Nur mit einer adäquaten rechtlichen Grundlage werden wir vernünftig mit dieser Thematik umgehen können. Davon werden sowohl die Flüchtlinge, die vor Not und Armut fliehen, als auch unsere Gesellschaft profitieren.“

 

Foto: hessenschau.de