Nach Abzug des römischen Militärs blieben offensichtlich die Zivilisten zurück, Teil 1/2

 

Hubertus von Bramnitz

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nachdem Sie das Folgende gelesen haben, kommen Sie vielleicht doch am Sonntag nach Gernsheim!! Vermutet hatten nämlich die Frankfurter Uni-Archäologen schon bei ihrer ersten Gernsheimer Grabung im vergangenen Jahr, daß dort im Hessischen Ried auch eine kleine römische Siedlung bestanden haben muß.

 

Jetzt stießen sie auf eindeutige Relikte eines Römerdorfs, das nach dem Abzug der Soldaten, dort teilweise auf den Fundamenten des Kastells entstanden war. Das dürfte um 120 n. Chr. gewesen sein, damals wurde die Kohorte (etwa 500 Soldaten) vom Rhein an den Limes verlegt und bis etwa 260 n. Chr. begann mit der Zeit der „Pax Romana“ eine friedliche Phase in dem Römerdorf, das zur römischen Provinz Obergermaniens gehörte.

 

Am „Tag des offenen Denkmals“, am Sonntag (13. September), können interessierte Bürger die Grabung zwischen 10 und 17 Uhr besichtigen und sich über die Römer in dieser Region informieren.

 

Über das römische Gernsheim war bis vor einem Jahr wenig bekannt, obwohl hier seit dem 19. Jahrhundert immer wieder römische Funde zutage treten. „Jetzt wissen wir, daß hier vom 1. bis 3. Jahrhundert eine bedeutende dorfartige Siedlung, ein ‚vicus‘, gelegen haben muß, vergleichbar etwa mit ähnlichen Dörfern, die bereits in Groß-Gerau, Dieburg oder Ladenburg nachgewiesen werden konnten“, erläutert Grabungsleiter Dr. Thomas Maurer von der Goethe-Universität, der seit Jahren von Frankfurt aus nach Südhessen auf Spurensuche geht und seine Ergebnisse in einer großen Publikation über das nördliche Hessische Ried in der römischen Kaiserzeit veröffentlicht hat.

 

Bei der zweiten Grabungskampagne, die vom 3. August bis Anfang Oktober läuft, haben die 20 Studierende des Faches „Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen“ unter Maurers Leitung bereits das gut erhaltene Fundament eines Steingebäudes, Feuerstellen und mindestens zwei Brunnen sowie Kellergruben freigelegt. Darüber hinaus haben sie noch Kisten mit Scherben von Fein-, Grob- und Transportkeramik angefüllt, mit deren Hilfe sich dann im weiteren Verlauf der wissenschaftlichen Untersuchungen genaue Zeitangaben über das Kastell und das Dorf machen lassen. „Wir sind auch auf wirkliche Kleinodien gestoßen wie seltene Gewandspangen, mehrere Perlen, Teile eines Brettspiels (Würfel, Spielstein) oder eine Haarnadel aus Bein, bekrönt mit einer weiblichen Büste“, freut sich Maurer.

 

Die Menschen, die sich im Kastelldorf ansiedelten, waren überwiegend Angehörige der Soldaten und Gewerbetreibende, die von der Kaufkraft des Militärs profitierten. „Als die Truppe abzog, kam es wahrscheinlich zu einem temporären Niedergang – das wissen wir von besser erforschten Plätzen“, ergänzt Maurer. Bereits im 2. Jahrhundert wurden im „Römerdorf Gernsheim“ jedoch Steingebäude errichtet, die dafür sprechen, dass die Siedlung prosperierte. Die Bevölkerung dürfte überwiegend gallisch-germanischen Ursprungs gewesen sein, vielleicht mischten sich darunter auch ein paar „echte“ Römer, also Personen mit römischem Bürgerrecht und Zugezogene aus fernen Provinzen. Diese geben sich anhand bestimmter archäologischer Funde zu erkennen, besonders den Bestandteilen von Trachten, aber auch Münzen. So liegt als Altfund aus Gernsheim eine Münze aus Bithynien (Nordwest-Anatolien) vor, die sicher nicht zum Münzumlauf Obergermaniens gehörte, sondern als Mitbringsel anzusehen ist. Fortsetzung folgt

 

Foto:

Ein römerzeitlicher Brunnenschacht im Profil (dunkle Verfärbung) © Thomas Maurer

 

 

Info:

 

Tag des offenen Denkmals“

Am „Tag des offenen Denkmals“ (Sonntag, 13. September) lädt das Grabungsteam zwischen 11 und 17 Uhr zur öffentlichen Besichtigung der Grabung ein. Bei Führungen wird über die Ergebnisse der archäologischen Forschungen und über die römische Vergangenheit Gernsheims informiert. Gezeigt werden auch Funde aus der aktuellen Grabung. Die Veranstaltung findet nur bei trockener Witterung statt.

 

Informationen: Dr. Thomas Maurer, Institut für Archäologische Wissenschaften, Campus Westend, Tel: 0177-5672114, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!