Serie: Der „Rosengarten“ in Schlüchtern, Teil 1

 

Hanswerner Kruse

 

Schlüchtern (Weltexpresso) - Vor 25 Jahren gründeten einige engagierte Schlüchterner Bürger den Trägerverein des „Rosengartens“, um psychisch erkrankten Menschen jenseits der Psychiatrie zu helfen. Obwohl die lokalen Politiker meinten, in unserer ländlich intakten Region sei so etwas nicht nötig, ist aus dem kleinen privaten Verein mittlerweile eine professionelle Institution mit über 30 Beschäftigten und einem Budget von gut 1,4 Millionen Euro geworden.

 

Der „Rosengarten“ ist offizieller Teil der psychiatrischen Versorgung im Main-Kinzig-Kreis und wird weitgehend vom Landeswohlfahrtsverband Hessen finanziert. Das Psychosoziale Zentrum (PSZ), wie es offiziell heißt, hat vielfältige Aufgaben und Ziele:

Menschen in Krisen kann durch einige Beratungsgespräche schon vielfach geholfen werden, manche brauchen weitergehende niederschwellige Hilfen, andere einen Psychiatrieaufenthalt. 1000 Gespräche wurden im letzten Jahr geführt. Das Betreute Wohnen unterstützt vorübergehend oder dauerhaft 78 psychisch erkrankte Menschen in unterschiedlichen Lebensformen von der Wohngemeinschaft bis zum Einzelwohnen. Die Tagesstätte bietet ständig oder zeitweilig 46 Menschen einen geschützten Rahmen. Das „Café Ludovica“ in der psychiatrischen Klinik ermöglicht die Belastungserprobung in einem offeneren Rahmen. Das „Atelier 7“ zur Arbeit mit künstlerischen Mitteln verschafft den Klienten individuelle Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten und ebenfalls einen Hinzuverdienst.

 

Die Psychosoziale Betreuung ist ein neues Angebot, das der „Rosengarten“ im Auftrag des Kommunalen Centers für Arbeit ausführt. Menschen, die länger als zwei Jahre Arbeitslosengeld-II erhalten, wird auf Wunsch ein psychosoziales Beratungsangebot zur Verfügung gestellt.

 

In der letzten Zeit haben Mitarbeiter und Klienten der Tagesstätte ihre Außenkontakte intensiviert - sie sind auf dem Markt der Kunsthandwerker beim KulturWerk präsent, verführen bei öffentlichen Veranstaltungen wie „Ab durch die Mitte“ Besucher zum Singen oder kochen gemeinsam mit Flüchtlingen und eingeladenen Bürgern. Vor drei Jahren erhielt der „Rosengarten“ nach einer Strukturreform eine neue Leitung und zog einige Zeit später in das alte Amtsgericht um. „Das Einleben ging schnell, da jetzt allen Kolleginnen und Kollegen sowie den Klienten genügend Platz zur Verfügung steht“, meint Geschäftsführer Thorsten Stütz-Pimpl.

 

Foto: Die Mannschaft, bzw. Frauschaft vom Rosengarten (c) psz

 

 

Info I

Kontakt und Information

Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle, Dreibrüderstraße 12, 36381 Schlüchtern

Tel. 06661 - 7392010, Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

www.psz-rosengarten.net

 

Info II

HINTERGRUND TITEL UND BENENNUNG

Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen“ - viele Redner sprachen dieses Buch von Hannah Green (1964) an, das der Einrichtung Namen und Zielsetzung gab. Die Therapeutin sagt darin ihrer Patientin: ‚Hör mal, ich hab’ dir keinen Rosengarten versprochen. Ich hab’ dir nie vollkommene Gerechtigkeit versprochen. Ich helfe dir, damit du selber frei wirst, für alle diese Dinge zu kämpfen. Die einzige Wirklichkeit, die ich anzubieten habe, ist eine Herausforderung...“

 

Info III

HINTERGRUND Psychiatriereform

Als „menschenunwürdig“ beschrieb 1975 eine Expertenkommission in ihrer „Psychiatrie-Enquete“ die „Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik“. Doch es dauerte noch viele Jahre, bis die Empfehlungen fast überall verwirklicht wurden und die zuständigen Politiker begriffen, dass die Reformen ermöglichen, Geld zu sparen:

Die psychiatrischen Großeinrichtungen wurden verkleinert, die Unterbringung der nun gemeindenah stationär versorgten Patienten erheblich verkürzt, Therapieangebote beträchtlich erweitert. Psychisch kranke Menschen sind seitdem körperlich Erkrankten gleichgestellt. Kliniken für Psychiatrie sind nun oft - wie in Fulda, Hanau oder Schlüchtern - den allgemeinen Krankenhäusern angegliedert.

 

Beratungsdienste, tagesstrukturierende Einrichtungen und betreute Wohnmöglichkeiten, wie sie der „Rosengarten“ anbietet, werden im Sinne einer komplementären ambulanten Betreuung auf sozialgesetzlicher Grundlage gefördert.