Aus dem Report des Bundesinstitut für Sportwissenschaft Nr. 41 im Oktober als nachschauender Kommentar
Hans Jürgen Schulke
Mainz (Weltexpresso) - Mit einem Blitzstart hatte die Deutsche Olympische Akademie am 1. Oktober in Wiesbaden festlich der 25 Jahre deutscher Sporteinheit gedacht, die große Politik folgte pünktlich am 3.Oktober dem denkwürdigen Ereignis in Frankfurt. Der Sport hat dort mit vielen Aktivitäten mitgewirkt und konnte zugleich die dortige Paulskirche berufen, in der einst Turnvater Jahn als Abgeordneter der Nationalversammlung für das erste demokratische Vereinsgesetz votierte, 2006 die Vereinigung von DSB und deutschem NOK vollzogen und vor wenigen Monaten für das ganze Sportdeutschland Hamburg als Olympiabewerber gewählt wurde.
Mit etwas Bedenkzeit fand am 8.Oktober in Freyburg nahe Naumburg/Saale von der dort ansässigen Jahn-Gesellschaft umsichtig vorbereitet eine weitere Veranstaltung „25 Jahre Deutsche Einheit – 25 Jahre Einheit des Sports“ statt. Sie fand nicht nur in der Mitte Deutschlands statt, womit geografisch kein Ost-West-Gefälle auftreten konnte, sondern auch am langjährigen Lebensort von Friedrich Ludwig Jahn.
Er gehörte nicht nur zum engeren Kreis preußischer Patrioten, die sich vehement für die Einheit des damals zersplitterten Deutschlands einsetzten, er schuf dafür die Grundlagen des demokratischen Vereinswesens und die schwarz-rot-goldene Fahne, vor allem und besonders turnerische Leibesübungen für das ganze Volk. Ohne diese volkstümliche Initiative würde es die heutige Turn- und Sportbewegung mit ihren über 80.000 Vereinen und 27 Millionen Mitgliedschaften wohl nicht geben. Die vielberufene Parole „Wir sind das Volk“ hat in ihm einen Vorläufer.
Die Festrede in Freyburg hielt DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Selbstverständlich war er sich des bewegenden historischen Ortes seiner Rede bewusst. Das galt auch für die jüngere Geschichte, wo er das schnelle Zusammenwachsen der einen Republik gerade im Sport als beispielhaft hervorhob, ohne auch nur einen Hauch von Siegermentalität erahnen zu lassen. Mit kritischem Respekt würdigte er Errungenschaften des Sports in der damaligen DDR, betonte gegenseitige Lernprozesse, sah sehr wohl die ehrliche Leidenschaft für den Sport bei vielen SportlerInnen und Funktionsträgern. Differenzieren statt Dominieren – so könnte die Überschrift der Rede lauten.
Das wurde authentisch in einer klug geführten Diskussionsrunde vermittelt, in der sich Spitzen- und Breitensportler, Präsidenten und Pädagogen aus unterschiedlichen Regionen trafen. Sie alle berichteten vielschichtig, was für sie 1990 die sportliche Stunde Null bedeutet hat, was sie dafür aus ihrer bewegenden Biografie mitnehmen konnten und was sie im einigen Deutschland für sich gewonnen haben.
Das erfolgte nicht in der schwärmerisch-geschrobenen Rhetorik des Turnvaters Jahn, sondern nüchtern-realistisch und doch zielgerichtet auf die Verwirklichung der Einheit im sportlichen Alltag. Auch das hätte Jahn erfreut.