Im österreichischen Montafon gab es bereits vor 3500 Jahren Bergbau
Hubertus von Bramnitz
Frankfurt am Main/Bartholomäberg (Weltexpresso) - Bergbau in den Alpen gibt es schon viel länger als bisher angenommen – im österreichischen Montafon seit der Bronzezeit. Dank C14-Datierungen konnte jetzt eine Forschergruppe der Goethe-Universität Frankfurt um Prof. Rüdiger Krause vom Institut für Archäologische Wissenschaften im Zuge von Prospektionen am Bartholomäberg in 1450 Metern Höhe bis zu 3500 Jahre alte Bergbauspuren aus der mittleren Bronzezeit nachweisen.
Die C14- oder auch Radiokarbonmethode ermöglicht aufgrund abnehmender Radioaktivität kohlenstoffhaltiger Materie eine relativ präzise Alterseinstufung etwa an Holzkohlen.
So fanden die Forscher auch heraus, daß 2500 Jahre später – im späten Frühmittelalter – der Bergbau dort offenbar sogar wieder aufgenommen wurde. Denn auch aus dieser Zeit finden sich eindeutige Spuren im Gelände. Damit ist dies eines der ältesten bisher nachweisbaren Montanreviere im europäischen Hochgebirge. Die Entdeckung, die durch Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) möglich wurde, gleicht nach Krause „einer kleinen Sensation, da die Fachwelt bronzezeitlichen Bergbau im Montanrevier des Montafons bisher nicht für möglich gehalten hatte.“ Auch für das frühe oder hohe Mittelalter liegen sonst nur ganz wenigen Stellen alpinen Bergbaus vor. Krause sieht jetzt eine spannende Verbindung etwa zu den historisch überlieferten neun Eisenschmelzöfen im Drusengau – der Region um Bludenz, dem Klostertal und dem Montafon, die im Churer Reichsurbar im Jahr 843 erwähnt sind. Dazu muß man wissen, daß sich die Christianisierung in nördlicher Richtung von Chur aus als erfolgreiche Aufgabe stellte.
Krause und sein Team, in dem Archäobotaniker und viele Studierende der Goethe-Uni mitarbeiten, forschen seit 15 Jahren im Montafon, das in den Zentralalpen im Süden des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg liegt. Ziel ist die Erkundung der frühen Besiedlungsgeschichte und des frühen Bergbaus dieser einzigartigen inneralpinen „Siedlungskammer“ mit bronze- und eisenzeitlichen Siedlungen und einer bronzezeitlichen Burganlage mit bis zu 3m dicken Steinmauern.
Im kommenden Sommer sollen die Ausgrabungen in dem neu entdeckten Bergbaurevier beginnen. Ein spannendes Vorhaben, denn vergleichbar alten Bergbau gibt es sonst nur in den Ostalpen etwa im Bereich des berühmten Bergbaureviers des Mitterbergs, wo bronzezeitliche Bergleute bis in 200 m Tiefe Stollen gegraben und den intensivsten Bergbau dieser Zeit in den Alpen erschlossen haben. „Welchen Stellenwert unsere neue Fundstelle im Montafon dazu im Kontext der bronzezeitlichen Kupferversorgung in den Alpen gehabt hatte, werden die weiteren Untersuchungen zeigen“, sagt Krause.
Für die Frankfurter archäologischen Forschungen ist das Montafon mit seiner besonderen Besiedlungsgeschichte mit bronze- und eisenzeitlichen Siedlungen ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt. Gilt sie doch auch als Modellregion für eine interdisziplinäre Herangehensweise, so sind die Archäobotanik, die Bodenkunde und Metallanalysen, insbesondere von Schwermetallen im Boden als Überbleibsel des alten Bergbaus, ganz wichtige Informationsquellen. Im Fokus stehen dabei Fragen, was Menschen ursprünglich bewegt haben könnte, diese alpinen Tallandschaften zu besiedeln. Ab wann wurde die selbstversorgende Wirtschaft – die Vieh- und Weidewirtschaft, Sammelwirtschaft und der Ackerbau – von Tätigkeiten im Bergbau ergänzt? Dank der Frankfurter Forscher ist heute bekannt, dass in dieser inneralpine Tallandschaft seit etwa 2000 v. Chr. dauerhaft Menschen leben und das Montafon heute damit auf eine 4000jährige Besiedlungsgeschichte zurückblicken kann.
Die wissenschaftlichen „Durchbrüche“ im ehemaligen Montangebiet werden nun auch in Buchform sichtbar: Am kommenden Montag, 9. November, wird in Bartholomäberg (Montafon) die erste Monographie zur Archäologie und frühen Geschichte des Bergbaus im Montafons vorgestellt, ein reich mit Fotografien und Graphiken ausgestattetes „buntes“ Buch, das dem Leser und Betrachter in kurzen und leicht verständlichen Texten die älteste Geschichte einer alpinen Tallandschaft am Beispiel des Montafons und die verschiedenen Methoden seiner Erforschung in lebendiger Form nahebringen will. So ist auch Bürgermeister Martin Vallaster von der Gemeinde Bartholomäberg sichtlich angetan: „Wir alle sind sehr stolz auf dieses Buch, das für die Vermittlung der Forschungsergebnisse mit den vielseitigen neuen Erkenntnissen ein Produkt von nachhaltigem Wert darstellt. Versetzen Sie sich beim Lesen dieses Buches in die Welt unserer Vorfahren und erfahren Sie Spannendes aus unserer einzigartigen Siedlungsgeschichte“.
Zum Buch Montafoner Zeitmaschine:
Rüdiger Krause, Archäologie im Gebirge. Montafoner Zeitmaschine. Frühe Besiedlungs-geschichte und Bergbau im Montafon, Vorarlberg (Österreich).
Mit Beitragen von Lisa Bringemeier, Rudolf Klopfer, Astrid Röpke, Astrid Stobbe, Franziska Würfel. 150 Seiten, 213 farbige und großformatige Abbildungen, 23 x 23 cm, fester Einband, Euro 19,80
Bartholomäberg/Bonn 2015 (ISBN 978-3-7749-3981-0), Kommissionsvertrieb: Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn (Deutschland), www.habelt.de
Kontakt: Prof. Dr. Rüdiger Krause, Sprach- und Kulturwissenschaften, Campus Westend, Tel.: +160-824 7 824, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!