NS-Aufarbeitung und Homosexuellenverfolgung“ in einer Veranstaltung des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt am 11. Januar, Teil 4

 

Hubertus von Bramnitz

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zu einem ungewöhnlichen Veranstaltungsverlauf kam es bei obiger Themenvorstellung und Diskussion mit dem Publikum, das in der überwiegenden Mehrheit weder dem Veranstaltungstitel noch den Podiumsbeiträgen folgen mochte, wobei dem Fritz Bauer Institut massiv vorgeworfen wurde, mangels eigenem Beitrag zur Fritz Bauer Forschung den angesehen Dokumentarfilm FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN (Weltpremiere Berlinale 2010) zu verfolgen, der überhaupt die bundesrepublikanische Beschäftigung mit Fritz Bauer wiederbelebt hatte, dem das Institut nur die Erfindung eines 'homosexuellen' Bauers entgegensetzte und in diesem Sinne die gegenwärtigen Spielfilme berate.

 

Es begann damit, daß die Vorsitzende der Fritz Bauer Fördervereins Jutta Ebeling (Die Grünen) zur Begrüßung gleich „von der Homosexualität von Fritz Bauer“ sprach, wo man schon die Hufe im Publikum scharren hörte, was Nicolas Berg nach der fast halbstündigen Filmvorführung aus zusammengeschnittenen Szenen vom Lars-Kraume-Film DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER in gleicher Weise fortsetzte. Fortsetzen wollte, muß man sagen, denn mit seinem 'homosexuellen Bauer' fingen die Proteste an, die sich im Laufe der Veranstaltung vertieften und steigerten und am Ende zu einem Beitrag führten, der die Politik des Bauerinstituts der letzten Jahre darin erklärte, daß das Institut mangels eigener Arbeit die Deutungshoheit national und international längst an den Film von Ilona Ziok, vorgestellt auf der Berlinale 2010, abgegeben habe. Das einzige, worin das Institut in den letzten Jahren glänzte, war eine Homosexualität Bauers zu erfinden, auf ihr herumzureiten und damit von der politische Bedeutung des Namensgebers des Instituts zu abzulenken, zugunsten einer Schimäre vom „schwulen Bauer“.

 

Der Abend brach nach diesem Beitrag einfach ab, der als Moderator fungierende Nicolas Berg erklärte die um 18.15 Uhr begonnene Veranstaltung um 19.55 Uhr abrupt für beendet und es diskutierten eine größere Anzahl von Teilnehmern noch einige Zeit weiter, weil tatsächlich zum ersten Mal in einer Veranstaltung des Fritz Bauer Instituts kritisch diskutiert worden war – und zwar gegen die gemeinsame Politik des Institut und des Förderverein, sprich Jutta Ebeling, die als dessen Vorsitzende wiederholt vom 'homosexuellen' Fritz Bauer gesprochen hatte, und Werner Renz, der als Archivleiter die Geschäfte des FBI gestaltet, aber an diesem Abend stumm blieb, waren sofort verschwunden. Davon gleich mehr.

 

Der inhaltliche Struktur, die das Podium vorgab, wurde während der Veranstaltung gleich in drei Strängen aus dem Publikum widersprochen, wobei es eine Gemengelage gab zwischen den Aussagen der Filmsequenzen und denen der Podiumsteilnehmer. Nicolas Berg, den die Zuschauer, die ihn nicht kannten, für den kommissarischen Leiter des Fritz Bauer Instituts hielten – der bisherige Leiter Raphael Gross war nach Leipzig an das Dubnow Institut gewechselt und im Gegenzug übt sein Institutsmitglied Nicolas Berg die Gastprofessur am Fritz Bauer Institut aus – , weil er kommentarlos loslegte und erst nach der Vorstellung seiner Mitdiskutanten, darunter der echte kommissarische Leiter Konitzer, sich selber vorstellte.

 

Er zeigte sich erstaunt, über das Interesse, das 'auf einmal' Fritz Bauer in Deutschland fände, ja „er habe Konjunktur“, was nach der Biographie von Irmtrud Wojak (2009) und dem Film FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN von Ilona Ziok (2010) , der Benennung des wichtigen Innenstadtplatzes in Braunschweig nach Fritz Bauer (2012), der weiteren Biographie Bauers von Ronen Steinke (2013) mit einer unerwartet hohen Auflage, der Ausstellung 2014 vom Jüdischen Museum über Fritz Bauer, den bisher zwei Spielfilmen LABYRINTH DES SCHWEIGENS 2014 und DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER 2015 auch darin zum Ausdruck komme, daß „ein weiterer Spielfilm, genannt DER GENERAL, Ende des Jahres in die Kinos“ käme. Da allerdings zeigte sich Nicolas Berg besonders schlecht informiert, denn letzterer ist ein Fernsehfilm aus der Nico Hofmann Produktion und wird in der ARD am 24. Februar ausgestrahlt.

 

Andreas Pretzel attestierte in einer Gegenüberstellung von zwei Filmkritiken zum in Szenen – vgl. unten das Nachtwort - gezeigten Film DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER (Eckhard Fuhr in DIE WELT und Daniel Kothenschulte in der FR) ersterem die gute Note, dieser habe den „Zusammenhang von Judenverfolgung und Kriminalisierung Homosexueller in einem höchst realistischen Sittenbild“ hergestellt, während die FR kritisiert hatte, daß der Film an „der Schamgrenze zur Kolportage der Nebengeschichte der Homosexualität“ nicht bedürfe, was für ihn, Pretzel, Verdrängung des Themas Homosexualität sei. Fortsetzung folgt.