NS-Aufarbeitung und Homosexuellenverfolgung“ in einer Veranstaltung des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt am 11. Januar, Teil 6

 

Hubertus von Bramnitz

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Was aber vorhanden war und das ist der zweite Strang, war die Verneinung der von Jutta Ebeling und dem Podium Fritz Bauer angedichtete Homosexualität, für die Beweise gefordert wurden, die der kommissarische Institutsleiter glaubte vorlegen zu können, in dem er darauf verwies, daß die Kuratorin der Fritz Bauer Ausstellung Monika Boll Polizeiprotokolle 'gefunden' habe, die dies bewiesen.

 

Abgesehen davon, daß hier nichts „gefunden“ wurde, sondern dies Protokoll schon in der Wojak-Biographie Thema ist, geht es hier ja genau darum, historisch zu untersuchen, was vier Wochen nach der Einreise Bauers als Flüchtling in Dänemark vorgefallen war, warum nämlich Fritz Bauer lieber als homosexuell gelten wollte, denn als politischer Flüchtling, wobei Letzteres die sofortige Auslieferung an Deutschland bedeutet hätte, da politische Arbeit für Flüchtlinge verboten, Homosexualität aber erlaubt war. Das wurde an diesem Abend nicht weiter vertieft, scheint uns aber so wichtig zu sein, daß Weltexpresso zur Interpretation der Polizeiakte bald einen weiteren Beitrag veröffentlichen wird, der damit auch aufweist, wie lfahrlässig das Institut mit seinem Namensgeber und mit Dokumenten umgeht.

 

Mittein in Konitzers Statement brach sich das Bahn, was sich im Publikum durch Zurufe, Empörungen und Kommentaren an Unruhe angesammelt hatte und zum unmittelbaren Diskussionsverlauf führte, den Nicolas Berg durch Vergabe des Mikrophons steuerte. Eine ältere Dame, die Bauer noch gekannt hatte und durch Einwürfe zum Ausdruck gebracht hatte, daß sie Bauers angebliche Homosexualität entschieden anzweifle, fragte, warum man Bauers Arbeit durch Nebenkriegsschauplätze vernebele. Aus den hinteren Reihen kam ein massiver Vorwurf an das Podium. Dieser Herr war über die Filmausschnitte erschrocken und auch darüber, wie manipulativ dieser Film vorgehe: Fritz Bauer wird als versoffener Racheengel dargestellt, Rachsucht ist das einzige, was die Filmfigur antreibt. Suggestiv auch, wie der Film ganz im Vorbeigehen festhält: ein Straftäter war's. Mit absoluter Selbstverständlichkeit unterstellt er das bezüglich Schwul-Sein - und verschweigt gleichzeitig die großartige politische Leistung Bauers.

Er fuhr fort: Bauer gehöre zu den Gründungsmitgliedern der Humanistischen Union und habe sich mit ihr für eine Sexualstrafrechtsreform stark gemacht - ganz früh! „Erinnern wir uns ganz kurz: die sechziger (Jahre) waren von einer ganz repressiven Sexualmoral, einem bigotten Sexualrecht geprägt: auf der einen Seite galt die innereheliche Vergewaltigung als Erfüllung "ehelicher Pflichten". Auf der anderen Seite konnten Unverheiratete kein gemeinsames Hotelzimmer buchen, weil der Wirt wegen Kuppelei verfolgt worden wäre. Weiter der Schwulenparagraph 175 oder das Verbot der Schwangerschaftsunterbrechung. Gegen all das zog Bauer politisch zu Felde. Aber darüber verliert der Film kein Wort, sondern behauptet einfach, er sei selbst ein schwuler Straftäter gewesen. Das ist ein Unding, ich finde Kraumes Film unmöglich.“

Darauf meldete sich Jutta Ebeling (Grüne) zu Wort: sie verstünde es nicht, wie jemand es heute noch unanständig finden könnte, dass jemand schwul ist.
Es passe doch gerade gut: Fritz Bauer der Jude, der Sozialdemokrat und der Homosexuelle. Unmut im Publikum. Ein weiterer Beitrag galt dem Versuch, doch endlich die Quellen zu Rate zu ziehen, sauber zu bewerten, um so zu Fakten zu gelangen. Daraufhin kam erneut der Redner von davor zu Wort, der sich auf den unmittelbaren Vorredner bezog, das genau richtig fand, endlich im Fritz Bauer Institut saubere Quellenarbeit zu treiben. „Da hätte ich eine Frage direkt an Sie, Frau Ebeling: Sie sagten gerade, Fritz Bauer sei Jude gewesen. Wo hat er denn seine Bar Mitzwa abgelegt? Welcher Gemeinde gehörte er an?“

Er führte weiter aus: „Wenn Bauer gefragt wurde, ob er Jude sei, dann hat der historische Fritz Bauer geantwortet: 'nach den Nürnberger Rassegesetzen: ja'. Das ist der entscheidende Punkt: tatsächlich lebte er gottlos glücklich. Er hat - wie gesagt - die Humanistische Union mitgegründet, die damals ein religionskritischer Verein war, die damals gegen christlichen Totalitarismus protestiert hat. Seine Großeltern waren Juden - er selbst war säkular.

Ich finde es erschreckend, wie Sie einfach behaupten, Bauer sei Jude: damit wenden Sie die Nürnberger Rassegesetze weiter an. Ich finde das sehr befremdlich!“
Fortsetzung folgt.