Neue Handelsplattform für europäische Premium-Produkte in Chongqing

Uwe Peter Timm

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das Euro Brand Center bietet europäischen Markenherstellern von August an die Chance, vom boomenden E-Commerce in China zu profitieren. Mitte Mai präsentierte sich die multinationale Unternehmung auf einer exklusiven Roadshow in Frankfurt potenziellen Lieferanten.

 

Rund 110 Unternehmer und damit deutlich mehr als erwartet sind am 12. Mai zu einer ersten Informationsveranstaltung des Euro Brand Center (EBC) nach Frankfurt gekommen. Dazu eingeladen hatten die Initiatoren des im chinesischen Chongqing mit einer Investitionssumme von 70 Millionen Euro neu gegründeten Handelsplatzes, der europäischen Herstellern hochwertiger Waren den Markteintritt in China mit Steuervergünstigungen erleichtern soll.

 

Wenn Sie zu spät dran sind für Hongkong, Shanghai, Peking, dann sind Sie gerade richtig gekommen für China“, rief Kevin Martin den in Frankfurt versammelten Repräsentanten unterschiedlicher Branchen in seiner Begrüßungsrede zu. Martin ist Geschäftsführer des Frankfurter Investors Oakland Capital und mit dem europäischen Merchandising für das Euro Brand Center beauftragt. Er spielte damit an auf die Chancen, die die Region im Südwesten Chinas um die 32-Millionen-Metropole Chongqing europäischen Unternehmern bietet. Im Zuge der Entwicklung einzelner Landesteile im Sinne der „Industrialisierung 4.0“ forciert die chinesische Regierung besonders den Online-Handel mit ausländischen Konsumgütern. Anfang März 2014 wurde die Stadt Chongqing durch die Zollverwaltung des Landes als eine von insgesamt sieben Pilotstädten für internationalen Online-Handel ausgewählt.

 

Investmentbanker Dr. Lutz Raettig, Aufsichtsratsvorsitzender von Morgan Stanley und ehrenamtlicher Stadtrat in Frankfurt, lobte denn auch die „unternehmerische Weitsicht“ Martins und der Initiatoren des EBC. Zur Auftaktveranstaltung im deutschen Finanzzentrum waren neben Zhang Dengwen, dem Gründer des Euro Brand Center und Vorstand Zhang Xiaoli auch hochrangige chinesische Regierungsvertreter gekommen. Sonja Müller vom China-Kompetenzzentrum der IHK Frankfurt begrüßte die Gäste auf dem Podium in deren Landessprache und schwärmte mit Blick auf die Bahnverbindung zwischen Duisburg und Chongqing gar von einer „neuen Seidenstraße“. In zirka 15 Tagen gelangen die Güter mit dem Containerzug von Deutschland nach China, also wesentlich schneller und nicht signifikant teurer als zur See.

 

Ausbau und Vernetzung der Verkehrsinfrastruktur sind ein Standortvorteil, der den Anspruch des Euro Brand Center untermauert, zur führenden Handelsplattform in Südwestchina mit seinen 233 Millionen Konsumenten zu werden. Das Projekt kombiniert Internet-Einkauf mit stationärem Handel. Neben dem Zollamtsgebäude der Xiyong-Freihandelszone im Süden Chongqings entstand nämlich auf 73000 Quadratmetern ein Einkaufszentrum, in dem chinesische Verbraucher die importierte Originalware sinnlich erfahren und sowohl direkt kaufen als auch über eine grenzüberschreitende E-Commerce-Plattform erwerben können. Die Shopping Mall ist nur etwa 500 Meter vom zollfreien Lager unter Aufsicht der staatlichen Warenprüfungsorgane entfernt. „Unsere Firma hat eine eigene Zollabteilung, die schnell alle Zollformalitäten erledigen wird. Nach einer halben Stunde können die Verbraucher ihre zollfreien oder zollverminderten Waren nach Hause bringen“, versprach EBC-Gründer Zhang Dengwen in Frankfurt.

 

Fünf Dienstleistungen wird das Europawarenzentrum anbieten: Bewirtschaftung und Verwaltung, Offline-Grundstücksservice, Online-Plattformen, Zollabfertigung für Waren, Lagerhaltung und Logistikservice sowohl für die Lieferanten als auch für die Verbraucher. Die europäischen Hersteller erhalten somit eine Paketlösung: Sie müssen nur liefern, benötigen kein eigenes Team in China, das weitere Handling wird ihnen abgenommen. Dadurch können zum einen Servicequalität und Effizienz erhöht, zum anderen die Selbstkosten wirksam kontrolliert werden.

 

Von Luxusartikeln über Baby-Produkte, Bekleidung und Schuhe bis hin zu Haushaltswaren, Lebensmitteln, Weinen und Spirituosen wird dort ein breites Sortiment angeboten werden, ergänzt um Restaurants, Bars und Cafés. Das in einem rein europäischen Baustil konstruierte Europawarenzentrum, das vom Konzept her dem KaDeWe in Berlin oder den Galeries Lafayette in Paris ähnelt, soll im März 2016 in Betrieb gehen.

 

Aus einer Reihe strategischer Partnerschaften, die das Euro Brand Center unterhält, ergeben sich weitere Synergien. Spezialdienstleister Jones Lang LaSalle verwaltet die Immobilien und besorgt das Facility Management des Europawarenzentrums. Die China Resources Group, ein Einzelhandelsunternehmen mit 2000 Filialen in ganz China, bietet alle Produkte des EBC online und offline an. In den Retail-Shops von mehr als 100 chinesischen Großunternehmen, die das EBC als Partner gewonnen hat, können die Waren aus Europa platziert werden. Die soziale Plattform des Industriekonzerns Xingbang kann das Euro Brand Center überdies zur Markenwerbung nutzen. Da das EBC mit lokalen chinesischen Banken kooperiert, bilden deren 100 000 Mitarbeiter und rund 400 000 Kunden die Online-Community. Diese wohlhabenden VIP-Bankkunden erhalten nach der Registrierung als Mitglied bei Käufen im Euro Brand Center Rabatte von bis zu 20 Prozent.

 

Zhang Dengwen hob in seiner Rede vor den Kongressteilnehmern in Frankfurt hervor, dass die chinesische Politik die Rahmenbedingungen für den Erfolg des EBC geschaffen habe. Europäischen Unternehmern werde ein Tor zum weltweit größten Einzelhandelsmarkt geöffnet und chinesische Verbraucher kämen in den Genuss europäischer Qualitätsprodukte, was ihre Lebenssituation verbessere. Dengdaju, Vorstand des Erschließungsunternehmens des Industriegebiets Xiyong, fasste kurz und bündig zusammen: „Wir wollen Austausch und Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland fördern.“

 

Dieses Kalkül scheint aufzugehen. In Frankfurt nutzten die anwesenden deutschen Unternehmer die Gelegenheit, sich in den die Podiumsveranstaltung begleitenden Foren intensiv zu informieren. Die Workshops waren teilweise überfüllt, überall waren Deutsche und Chinesen in angeregtem Gespräch. „Zu unserer Folgeveranstaltung In Paris kamen annähernd 80 Unternehmer und in Antwerpen waren es 40 Teilnehmer“, frohlockte der international erfahrene Manager Kevin Martin. Die Roadshow des EBC wird im Juni und Juli in Florenz, Rom, Zagreb, Athen und Madrid fortgesetzt. Wegen der großen Nachfrage in Deutschland gibt es für die Unternehmer eine weitere Veranstaltung in Düsseldorf, ebenfalls im Juni.

 

Foto: Förderer chinesisch-deutscher Geschäftsbeziehungen: (v.l.) Haitao Xiu, Chefredakteur Chinesische Handelszeitung, Sonja Müller vom China-Kompetenzzentrum der IHK Frankfurt, EBC-Vorstand Zhang Xiaoli, Investmentbanker Dr. Lutz Raettig, Deng Daju, Verwaltungskommissar der Xiyong-Freihandelszone, EBC-Gründer Zhang Dengwen und Jiang Xian Ming, Manager des Industrieparks Xiyong