Serie: Die Kommunale Kürzungspolitik ist durch Bund und Land vorgegeben, Teil 3

 

Heinz Markert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die kommunale Sparpolitik, eine Politik des quasi metaphysischen Sparens, wenn man das so formulieren darf, arbeitet auch in Frankfurt mit. Der Sparkurs wird aus der Bundespolitik runtergebrochen. Vor allem gilt das für die Bildung.

 

Auch ist zu kritisieren, dass Frankfurt zu einer nachdrücklichen Bautätigkeit im sozialen Wohnungsbau – wobei Baupolitik eine Stadt für Jahrhunderte prägt - nicht fähig oder willens ist, sondern das zukünftige Frankfurt ominösen privaten Investoren überlässt, für die die Menschen in der Regel bloß Zählnummern im Geschäftsgebaren sind. Hundert Prozent kommunal muss auch nicht sein (und die kommunale Verwaltung muss auch den 'Checks and Balances' von unten unterzogen werden), aber ein Mehr an gestalterischem Einfluss und eine wesentlich intensiver gestimmte soziale Note wäre Pflicht.

 

Charakteristisch unsäglich und kleinbürgerlich ist die Mentalität des Haushalters, der mit kleinkariertem Einstellungsmuster wacker auf die Großökonomie - die längst nicht mehr die seine ist -, zustrebt, wie das Schäuble tut und damit eine Formatverwechslung begeht, die dann nach unten weitergereicht auch eine Großstadt wie Frankfurt trifft und dort das kleine Karo oktroyiert.

 

Der Raubtierkapitalismus (Max Otte), der Kapitalismus der besinnungslosen Kapitalakkumulation ohne Rücksicht auf die menschlichen und natürlichen Belange hat die Gesellschaft in die Enge getrieben, indem er auf dem Trip ist, letztendlich alles zu wollen. Erwartet Kommendes! Damit in Zusammenhang steht, dass Chancen umfassend nicht wahrgenommen, Handel, Wandel und lebendiges Leben behindert werden, obwohl die Potentiale und Ressourcen bereitliegen. Dagegen vertritt der Ökonom (und Wirtschaftsweise) Peter Bofinger, wie angedeutet, den entgegengesetzten Ansatz: den der Ergreifung von Chancen - weil das das Natürlichste von der Welt ist. Der pure Marktradikalismus aber ist zum Bremsklotz für die Gesellschaft geworden.

 

 

Eine auf Trab gebrachte Umweltökonomie wäre an der Zeit

 

Mit strikter Umweltpolitik und Investitionen in diese wäre viel an Belebung, Anregung und Erneuerung in Wirtschaft und Gesellschaft möglich, unmittelbar und auf lange Sicht, zumal wenn der Klimawandel in Fahrt kommt und massiv auch Frankfurt treffen wird. Die prognostizierten 350 Millionen Klimaflüchtlinge werden auch in die Stadt Frankfurt Einlass fordern. 'Der gefährlichen Grenze [von zwei Grad] nähert sich die Welt im Eiltempo' (FR 01.10.2015) und 'Die Westantarktis sei vielleicht bereits in einen Zustand unaufhaltsamen Eisverlustes gekippt...' (FR 14.10.2015) Emissionen, die von Monsterautos à la EsJUVies ausgehen, sind strikt zu reduzieren und die Bestiarien (FR), die uns jeden Tag entlang der Ausfallstraße umwehen, müssen überall eingemottet werden.

 

In der vernetzten Welt holt uns sonst der flächendeckende Abgas-Husten im Winter, sommers dann aber der Hitzestau ein. Die gegenwärtigen indonesischen giftigen Abgasnebel sind ein warnendes Vorzeichen. Die Brandrodungen und der Rückgang der Ackerkrume ('Mutter Erde geht stiften', FR 16.10.2015), sprich Bodenerosion, wirken zusätzlich klimafeindlich mit.

 

Deutschland fährt auf Verschleiß der Infrastruktur, konstatiert die Frankfurter Rundschau (21.10.2015). Wäre das nicht die Rechtfertigung, sich gleich in einem Aufwisch auch mit der ökologischen Erneuerung und Transformation des Landes und der Stadt mächtig anzustrengen, um sich an die Null-Emission heranzupirschen und zwar nicht erst im Verlauf von 35 Jahren, sondern in wenigstens 15?

 

 

Die Linke in Frankfurt bewertet sozialkritisch

 

Im Rahmen von 'Kommunale Kürzungspolitik' im Bürgerhaus Bockenheim ging es weiter mit den Frankfurter Umständen. Die Stadt Frankfurt hatte 2014 Gewerbesteuereinnahmen von 1,73 Mrd. Euro. Schlecht gestellt ist sie nicht. Aber sie trägt auch an dem Einbruch aufgrund einer verfehlten Steuerpolitik im Bund und der anhaltenden Auswirkungen der – leider schon verdrängten - Finanzkrise von 2008/2009, die Konjunktureinbrüche zur Folge hatte. Die Linke im Römer moniert zu Recht die fragwürdige Investition in das zum Luxusrestaurant umgebaute Gesellschaftshaus des Palmengartens, mit 40 Mill. Euro und Kronleuchtern für Tausende von diesen. Leider schließt sie in ihren Negativkatalog auch gleich das geplante Romantikmuseum mit ein. Dieses Sinnen steht in der Tradition des sozialistischen Realismus eines Georg Lukàcz! Zwar muss man zum Verständnis einer unabgeschlossenen und nicht erledigten Epoche mit Zukunft nicht unbedingt ein Museum brauchen, aber wenn es der Sache dient und damit ein Forschungsprozess in Gang kommt, darf es doch wohl sein, oder?

 

Kunst verändert übrigens die Gesellschaft nachhaltiger und beständiger als Politik - zum Besseren. Es offenbart sich aber eine Kulturferne und Kunstfeindschaft zumindest eines Teils der Linken, die nicht von allen dieses Lagers geteilt werden dürfte, denn immerhin neigt die Kultur- und gebildete BürgerInnenszene mehr der linken Seite zu als irgendeiner anderen. Es ist auch grottenabwegig und von Grund auf gemein Kultur und Soziales gegeneinander auszuspielen und gegeneinander aufzurechnen. Die Teilnahme aller an der Kultur aber muss in Frankfurt noch mehr begünstigt werden!

 

Das Projekt Rekonstruktion der Altsstadt, das vielfach kritisch gesehen wird, dient mehr einem nostalgischen, ein wenig von Heile-Welt-Neigung getragenen Bedürfnis und will vor allem den Tourismus fördern, weniger die Tradition erhabener alter Formkanone pflegen, (wie das fragwürdige Rangehen in Zement zeigt). Eine aufwendige und als protzig empfundene U-Bahnstation wie die an der Messe erscheint für die Linke auch als überflüssig.

 

 

Die Soziale Lage Frankfurts http://pub.uni-bielefeld.de/publication/2685701

 

'Wachsende Armut' und 'Verfestigung im Transfer-Bezug' und 'gestiegene Prekariatsverhältnisse' – Alleinerziehende darunter sehr betroffen –, der Anteil der Bevölkerung, der mit wenig auskommen und jeden Cent umdrehen muss, steht Frankfurt schlecht an, ist ein Makel für diese Stadt. Der Finanzkapitalismus ist am Gedeihen der Gesellschaft uninteressiert, er drängt zu weiterer Akkumulation und noch mehr Spiel im Finanzcasino. Man hat sich mit der – spiegelbildlichen - Entwertung des 'Humankapitals' in Frankfurt abgefunden. Ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung Frankfurts ist abgeschrieben. So ist die Welt eben, kann man nichts machen. Ein jeder in Frankfurt sieht sich im weiten Umfeld diesem Mißstand gegenüber. Ein Knurren und Zähnefletschen ob dessen kann dabei nicht ausbleiben. Auch kulturelle und soziale Teilhabe bzw. Teilnahme am sozialen Leben ist unter diesen Umständen schwierig bis unmöglich, es ist eine Schande.

 

Von ehemals 66 203 geförderten Wohnungen sind noch 28 252 übrig. Wohnen wird in Frankfurt immer teurer.

 

Springender Punkt: über die Jahre des Rheinischen Kapitalismus gab es das 'Wohngemeinnützigkeitsgesetz'. Es machte günstige Mieten möglich. Die agierenden Wohnungsgesellschaften waren für ihre gemeinnützigen Dienste steuerbegünstigt. '1990 wurde das Gesetz gekippt...verantwortlich damals: Theo Waigel.' - Lukas Siebenkotten, der Präsident des Mieterbundes erklärt: 'Man hat damals, anstatt das Wohngemeinnützigkeitsgesetz zu reformieren, es gleich ganz abgeschafft. Das war ein ganz klarer Fehler. Heute fällt uns das auf die Füße' (ZDF-zoom 10.03.2015). Wenn man die Wohnungen aus der Förderung herausfallen lässt und kaum neue nachbaut, bekommt man ein Problem wie das nun allseits brennend gewordene. Die Stadt Frankfurt setzt sich, so ergab eine Anfrageim Dezernat II Planen und Bauen, nicht für eine Wiederherstellung des früheren Gesetzes – auch nicht in reformierter Form – ein.

 

In den besten Zeiten waren immerhin annähernd ein Drittel der Wohnungen in Frankfurt Sozialwohnungen. Die Stadt müsste den entstandenen Verlust kompensieren und über den momentanen Anteil von einem Drittel geförderter Wohnungen bei Neubauprojekten wesentlich hinausgehen. Wien – mit einem Anteil von 70 Prozent gefördertem Wohnungsbau - zeigt, dass es geht. Es muss nur gewollt werden.

 

Foto: (c) Heinz Markert

 

Info:

Kommunale Kürzungspolitik in Frankfurt/Rhein-Main. Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen, AK Kritische Geographie Frankfurt, attac AG Kommunen, GEW Bezirk Frankfurt, Fraktion Die Linke. im Römer Frankfurt, Fraktion Die Linke. im MainTaunusKreis

Bürgerhaus Frankfurt-Bockenheim, Schwälmer Straße 28, Samstag, 17.10.2015



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Teil 4: 'Die Stadt Frankfurt ist eine zaghafte Bauherrin'