Musikalisches Dream-Team Jasmin Tabatabai und David Klein, hier im Gespräch
Yves Kugelmann
Basel (Weltexpresso) - Jazzmusiker David Klein und die Sängerin Jasmin Tabatabai veröffentlichen ihre neue CD «Jagd auf Rehe» – auf Tour können sie allerdings noch lange nicht gehen.
tachles: Aller guten Dinge sind drei – am Freitag erscheint Ihre dritte CD mit der Sängerin und Schauspielerin Jasmin Tabatabai, mit der Sie seit Jahren erfolgreich touren. Sie haben mit vielen anderen erfolgreichen Musikern von Herbert Grönemeyer bis Ute Lemper produziert. Doch diese musikalische Beziehung hält seit 20 Jahren.
David Klein: Um Konzerte spielen zu können, muss man alle drei bis vier Jahre eine neue CD aufnehmen, sonst wird man nicht mehr gebucht. Jasmin ist eine einzigartige Sängerin, die musikalisch in jede Rolle schlüpfen kann, weshalb wir glücklicherweise noch endlos Material haben.
Sie präsentieren jeweils eine bunte Mischung von Liedern aus Klassikern, neueren Songs in neuen Arrangements und Eigenkompositionen. Diesmal von Franz Schubert bis zu den Beatles. Was vereint die Musik?
Der Komponist Kurt Weill sagte einst, er hätte den Unterschied zwischen ernster und leichter Musik nie anerkannt. Für ihn gebe es nur gute und schlechte Musik. An dieses erfrischende Credo halten auch wir uns. Mit keiner Stilistik Berührungsängste zu haben, ist ungemein befreiend.
Das Resultat ist beeindruckend. Die Lieder sind ironisch, lasziv, emotional. Sie komponieren berühmte Originale um und der Basler Michael Künstle arrangiert sie. Wie viel Freiheit nehmen Sie sich?
Mir gefällt das Wort «Neudeutung». Ich nehme mir dabei jegliche Freiheit. Manchmal ändere ich die Akkorde, dann wieder höre ich ein langsames Lied schnell, oder umgekehrt, oder ich ändere die Taktart. Bei «Hey Jude» der Beatles habe ich sogar die Melodie abgeändert, allerdings nur eine Note. Unsere Version ist jetzt etwas souliger. Ich hoffe, es gibt deswegen keinen Rechtsstreit (lacht).
Mit Ihrem Konzept sind Sie erfolgreich. Die Tourneen sind ausverkauft, die erste CD erhielt den renommierten deutschen Echo-Preis. Jetzt kommen Sie mit dem richtigen Album zur falschen Zeit. Auf Tournee können Sie nicht gehen, aber mit Reinhard Meys «Männer im Baumarkt» haben sie den richtigen Song auf dem Album zur Corona-Zeit.
Der Ausfall der Tour ist für freischaffende Künstler wie mich ein Desaster. Ich bin ja einer der wenigen Schweizer Musiker, die ausschließlich von der Musik leben. Bei der Aufnahme von «Männer im Baumarkt» mussten wir immer wieder abbrechen, weil der Text so lustig ist. Reinhard ist von unserer Interpretation übrigens restlos begeistert, was er mir in einer sehr herzlichen Mail schrieb. Jasmin nennt ihn den Bob Dylan Deutschlands. Er ist menschlich und musikalisch ein ganz Großer.
Der Titel der CD geht auf das persische Volkslied Shekare Ahoo zurück, das Jasmin Tabatabai auf Farsi singt. Sie hat iranische Wurzen und Sie haben jüdische. Wollten Sie damit ein Statement setzen?
Nein, wir machen Musik, keine Politik. Die Aufnahmen zu Shekare Ahoo waren jedoch sehr emotional. Dem Team und mir kamen im Regieraum die Tränen, weil wir Jasmins Sehnsucht nach dem Land ihrer Kindheit spürten, in das sie aus politischen Gründen nie mehr zurückkehren kann. Aber klar, unsere Freundschaft birgt einiges an Sprengkraft. Es kommt schon auch mal vor, dass wir uns, kurz bevor wir auf die Bühne gehen, heftig über Israel und den Iran streiten. Aber es gelingt uns seit 20 Jahren, immer wieder eine gemeinsame Ebene zu finden. Die Beziehung zwischen Jasmin mit persischen Wurzeln und mir als Juden ist das beste Beispiel für die verbindende Kraft der Musik. Unsere Divergenzen sind immer befruchtend und konstruktiv. Und so sollte es eigentlich sein.
Foto:
© tachles
Info:
Der Podcast mit Liedern und dem Gespräch mit David Klein findet sich auf www.tachles.ch/podcasts. Die CD «Jagd auf Rehe –
Jasmin Tabatabai mit dem David Klein Quartett» ist erschienen bei Galileo Music.
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 20. Mai 2020
Yves Kugelmann ist Chefredaktor der JM JüdischenMedien AG.