Tiroler Festspiele Erl Sommer 2015 gingen leider zu Ende, Teil 2
Felicitas Schubert
Innsbruck (Weltexpresso) – Es war schon immer das Motto des Spiritus Rector, also Gründer und Gestalter der Festspiele Erl, Gustav Kuhn, das sich das Lokale mit dem Internationalen auf eigene Art verbindet und daß eigentlich nur der weltläufig ist, der auch richtig zu Hause sein kann. Wie hier in Tirol, in Erl die Festspiele seit 1997.
Er selbst hatte das vorgemacht und sich auf dem Höhepunkt seiner internationalen Karriere als Dirigent, auch als Regisseur und Festspielleiter sich von dieser Art von Konzertbetrieb losgesagt, 1992 seine Akademie – Accademia di Montegral, seit 2000 Sitz im Convento dell'Angelo in Lucca - in Italien begründet, in die junge Musiker in den 90er Jahren vorwiegend aus Osteuropa in Strömen kamen, sie ausgebildet – natürlich hat er dazwischen auch immer wieder dirigiert – und dann als Regisseur und Dirigent der Opernaufführungen in Erl mit seinen jungen Leuten die Musikwelt mehr als überrascht. Daß aus dem Nichts ein Musikereignis derart angenommen wird und eine geradezu Erler Musikkultur entstehen konnte, verdankt sich ihm.
Das weiß auch jeder, wenngleich – so ist es mit Professionalisierungen – der heutige Erfolg in großem Maßstab zustandekommt, weil an vielen Stellen die richtigen Leute sitzen, die die richtigen Entscheidungen treffen. Das Winterhaus zu bauen (2012), war eine davon, denn die Erler Festspiele, die wir immer noch so nennen, obwohl sie längst als Tiroler Festspiele Erl firmieren, hatten mit dem wunderbaren Erler Passionsspielhaus zwar Glück, die Akustik ist himmlisch und der Bau einfach etwas Besonderes mit spezifischer Aura, aber sie hatten auch jedes 6. Jahr Pech. Dann nämlich haben die Passionsspiele mit einer immerhin 400jährigen Vergangenheit Vorrang, was das nächste Mal im Jahr 2019 sein wird.
ZWISCHENZEITEN
Inzwischen gibt es nicht nur Sommer- und Winterspiele, sondern auch Gastspiele, die diesmal wirklich ungewöhnlich sind. Hier geht es um die Zeit zwischen Sommer und Winter, die nun ZWISCHENZEIT heißt und die Gastspiele hintereinander.
Diese Zwischenzeit bietet zum ersten Mal "Alpenländisch-Chinesische Konzerttage" im September sowie die etablierte Kammermusikreihe der Münchner Philharmoniker und bereits zum zweiten Mal das "Große Chinesische Neujahrskonzert" in einer Sonntagsmatinee Ende Januar 2016. Das sind die feststehenden Termine, allerdings sollen noch weitere Höhepunkte für die ZWISCHENZEIT hinzukommen. Nicht auszudenken, wenn dann das ganze Jahr Festspielzeit wird. Denn Berufstätige von außerhalb müssen sich ihre Ferienzeiten und Festspielzeiten aussuchen. Aber immer mehr sind die Tiroler selbst eben die Stammgäste.
Die von den Tiroler Festspielen Erl ausgerufene "Zwischen/Zeit" ist also jene Zeit zwischen den beiden Festspielen, in denen das Festspielhaus eben nicht ungenutzt einfach nur leer steht, sondern Raum bietet für Kunst, Musikprojekte und die [Weiter-]Entwicklung regional bedingter Musikstile in internationalem Kontext. Es geht also darum, die Aufführungen nicht alle selbst machen zu müssen, sondern das Haus, die Häuser für die Region zu öffnen.
Während am Donnerstag, 17. September 2015, das Macao Orchester mit Beethovens 3. Klavierkonzert und Bruckners 6. Symphonie die Brücke zur europäischen Hochkultur schlägt, untersuchen die Kammermusikgruppen der „Alpenländisch-Chinesischen Kammermusik“ am Freitag, 18. September 2015, die musikalischen Grenzgebiete zweier gegensätzlicher Kulturen und präsentieren die [Weiter-]Entwicklung regional bedingter Musikstile in internationalem Kontext. Außerdem sind ab 7. November 2015 auch wieder Musiker der Münchner Philharmoniker mit ihrer Kammermusikreihe zu Gast im Festspielhaus Erl.
IN CHINA
Die nächsten Aufführungen der Tiroler Festspiele Erl werden allerdings fernab der Heimat in Beijing und Shanghai über die Bühne gehen. Allerdings ist Kuhn nicht das erste Mal dort. Denn er dirigierte auch erstmals 2013 PARSIFAL in China. Und nun 2015 wird es am 9. Oktober 2015 mit Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ und am 11. Oktober 2015 mit „Tristan und Isolde“ im Poly Theater von Beijing zu den szenischen Erstaufführungen der beiden Opern in China kommen. Die Festspiele Erl werden eine Woche später dann auch das chinesische Publikum mit einer weiteren Auflage des 24-Stunden-Rings in den Shanghai Symphony Hall herausfordern. Dazu sollte eigentlich das ZDF wieder einmal seinen EinStundenFilm über den 24 Stunden Ring aus dem Jahr Erler 2005 zeigen. Wer wie wir dabei war, wird dieses Ereignis nie vergessen, wobei es nicht nur um das, was heute Event heißt, geht, sondern, was mit einem selber passiert, wenn man in 24 Stunden die 26 Stunden Musik hört. Das war auch 2014 erneut möglich, aber wir nicht dabei.
Foto: Hier sind die Walküren ohne das Pferd, aber auf und mit Fahrrädern abgebildet, was zum Szeneapplaus führt
Info:
http://www.tiroler-festspiele.at/sommer/programm/zwischenzeit-201516/