mit Beethoven und Elgar und der Staatskapelle Berlin am 21. und 22.September in der Philharmonie Berlin

 

Kirsten Liese

 

Berlin (Weltexpresso) - Kommt sie oder sagt sie doch wieder ab? Bei der Pianistin Martha Argerich kann man sich nie ganz sicher sein. Und doch scheint es, als sei die ganz schlimme nervliche Krise, in der sie nahezu jeden Auftritt cancelte, seit geraumer Zeit überwunden.

 

Zumindest war die Argentinierin in den vergangenen Jahren häufiger in Berlin zu erleben, meist an der Seite von Daniel Barenboim. Bei den Festtagen 2014 gaben die beiden diverse vierhändige Stücke und Werke für zwei Klaviere, jetzt kehrte Martha Argerich mit Beethovens zweitem Klavierkonzert als Solistin der Berliner Staatskapelle zurück.

 

Ihr Spiel ist immer wieder von einer großen Intensität, vor allem von einem feinen Legatospiel- und einem wunderschönen runden Klang durchdrungen, wie ihn andere Kollegen seltener hervorbringen. Das zeigt sich besonders im unmittelbaren Vergleich mit Yefim Bronfman, der kürzlich auf einer Europa-Tournee Beethovens drittes Klavierkonzert mit der Sächsischen Staatskapelle gab. Bei ihm nahm sich der Klavierklang weitaus herber, lässt er doch Arme und Finger bei jedem Forte-Akkord mit Aplomb in die Tasten sausen, dass es knallt.

 

Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Löwin Argerich spielt allemal auch kraftvoll, wenn es die Musik gebietet, aber eben insgesamt doch viel sensitiver. Das Gesangliche kommt hier freilich vor allem im zweiten Satz, dem Adagio, stark heraus. Argerich ist aber auch vor überzogenen Tempi gefeit. Das finale Rondo mit dem kecken Ohrwurm-Motiv kam herrlich federnd und spritzig daher, aber eben auch nicht überhetzt, so dass sich auch in der Fortspinnung jedes noch so kleine Motiv prächtig entfalten konnte.

 

Nach ihrem letzten Ton sprang die Solistin in dem von uns besuchten zweiten Abend sofort auf, während Barenboim noch den letzten Takt dirigierte. Man kennt das von Argerich-Auftritten- während andere Kollegen noch einen Moment nach dem letzten Ton verharren, um die Spannung zu halten, steht sie schon: Aufgabe bewältigt, endlich geschafft!

 

Eine kleine Irritation, aber nicht mehr. Beethoven hätte an dieser Interpretation nicht weniger Freude gehabt als die Zuhörer heute.

 

Als Zugabe spielten Barenboim und die Piano-Königin das A-Dur Rondo op.107 von Franz Schubert zu vier Händen. Er spielte den oberen, sie den unteren Part. Auch hier waltete wie bei Beethoven eine angemessene herrliche Schlichtheit im Thema, dazu eine sehr differenzierte Dynamik, vergleichbar himmlische Pianotöne mit Samtpfötchen zaubert nicht jeder aus den Tasten hervor.

 

Auch Barenboim zeigte sich hier als Pianist in Hochform, spielte seine virtuosen Girlanden im hohen Diskant zärtlich und filigran.

 

In der zweiten Konzerthälfte gab es dann noch die erste Sinfonie von Edward Elgar. Sie wird von einem hymnischen, prickelnden Thema durchzogen, das mit dem unterlegten Text „Land of Hope and Gory“ nicht nur bei den Londoner Proms das Publikum regelmäßig zu Begeisterungstürmen hinreißt. Die Berliner Staatskapelle samt seinen exzellenten Bläsersolisten und Daniel Barenboim, der wohl zu den wenigen Dirigenten zählt, die dieses Werk auswendig beherrschen, verdienten sich den starken Beifall mit einer starken emotionalen Wiedergabe.

 

Foto: © Holger Kettner