ta sonnenseitn 1Serie: Bergwanderung im Lungau – Österreich,  Teil 1/3

Thomas Adamczak

Lessach im Lungau/ Österreich (Weltexpresso) »Wir wünschen dir weniger Sorgen und mehr wirkliches Leben!« »Wir wünschen dir die Lebenskraft einer Blume, die sich von Kälte, Eis und Schnee nicht unterkriegen lässt und zu ihrer Zeit blüht.« »Wir wünschen dir Zeit, um freundlich zu sein, es ist der Weg zum Glück.«

Na, welcher der drei Wünsche sagt Ihnen am ehesten zu? Oder wollen Sie noch mehr Wünsche zur Auswahl? Einen habe ich noch notiert: »Wir wünschen dir, dass das Lächeln, dass du aussendest, zu dir zurückkehrt.«

Schilder mit diesen Inschriften begegnen mir am Ende des ersten Tages einer einwöchigen Fernwanderung am Ortsrand von Lessach im Lungau, dem südlichsten Gau des Landes Salzburg.

Lessach ist ein Dorf voller guter Wünsche. Die Wirtin im Gästehaus Macheiner versichert mir, insgesamt fänden sich im Ort mehr als dreißig solcher Tafeln mit guten Wünschen. Die paar, die ich mir notiert habe, genügen mir vorerst als Einstimmung in die Sonnseit’n Tour. Das Gästehaus Macheiner, wo ich am Ende der ersten Tagestour mein Quartier habe, ist eine Frühstücks-Pension. Zu der von mir gebuchten Fernwanderung gehört neben einem vor allem im Gebirge praktischen Gepäcktransfer ein dreigängiges abendliches Menü, weshalb mich die Wirtin in ein gemütliches Gasthaus im Nachbarort fährt und von dort nach einem ausgiebigen Abendbrot auch wieder abholt. Nicht schlecht, solch ein Service!

Die erste Etappe vom Prebersee nach Lessach ist zum Einlaufen hervorragend geeignet, zumal dem Wanderer je nach Fitness eine Alternative angeboten wird: eine kürzere und eine längere Variante.

Zunächst wird man per Taxi vom Schlickwirt in Oberweißburg/St. Michael zum Prebersee gebracht, in einer knappen Dreiviertelstunde. Dabei fährt man quasi die Strecke ab, die in der folgenden Woche bergauf, bergab, durch Täler und wieder hinauf auf Bergkämme durchwandert wird.

Erste flüchtige Eindrücke bei der Autofahrt kann man, wenn man möchte, mit den völlig andersgearteten Eindrücken während der Fernwanderung kontrastieren.

Vom Prebersee geht es knapp 400 m hoch zur Grazer Hütte, bei der ich, was ich später bedauere, keine erste Rast einlegen. Der Drang, laufen zu wollen, möglichst gut voranzukommen, ist am ersten Tag bei mir stark.

Von der Grazer Hütte aus geht es etwa 4 km auf gleicher Höhe, 1900 m hoch. Herrliche Rundsicht. Ich verpasse die Abzweigung, die nach Lessach führt, gehe weiter Richtung Roteck, der 2742 m hoch ist. Auf einem Sattel unterhalb dieses Berges bemerke ich meinen Irrtum. Der kleine Umweg hat sich aber wegen der außergewöhnlichen Weitsicht gelohnt. Beim Weg zurück stoße ich auf eine Gruppe junger Männer, die barfuß unterwegs ist.

Der Bergpfad mündet weit unten in eine asphaltierte Straße, die hinunter nach Lessach führt. Ich halte ein Auto an, das vom Bauernhof am Ende der Straße genau in dem Moment losfährt, als ich eintreffe. Der Bauer, den ich nach dem Weg frage, bestätigt meine Annahme und bietet mir an, mich das Stück hinunter nach Lessach mitzunehmen. Sofort kommen wir ins Gespräch, eine Erfahrung, die ich in der Woche immer wieder mache. Die Leute im Lungau sind ausgesprochen freundlich und reden gern mit dem Wanderer, dem Gast im Lungau, also auch mit mir.

Fünf Kinder hat er zusammen mit seiner Frau, jedes der Kinder mittlerweile drei Kinder, also fünfzehn Enkel. Einer der Enkel steigt unterwegs, er kommt gerade aus der Schule, hinzu. Ein Kunst-Leben führe er, sagt der Großvater, der mich nach Lessach mitnimmt. Auf meinen fragenden Blick hatte gewartet. Seine Söhne sagen ihm morgens in schöner Regelmäßigkeit: »Heut‘ kun(n)st du das machen und dann, wenn es passt, kun(n)st du noch jenes machen!« »Kunst« sei das Wort, das er am meisten höre, also führe er, wenn schon nicht das Leben eines Künstlers, so doch ein »Kun(n)st-Leben«.

Foto: © Euro-Hike

Info:
http://www.sanktmichael.at/
http://www.lessach.at/