ta sonnenseitn 2Serie: Bergwanderung im Lungau, Teil 2/3

Thomas Adamczak

Lungau/Österreich (Weltespresso) Die zweite Tagestour führt am Fuße des Gumma (2316 m) über die Wildbachhütte zum Lacknerhof in Göriach. Der ein- bis zweistündige Umweg von der Wildbachhütte zum Gumma wird in den Wanderunterlagen als mögliche Erweiterung vorgestellt.

Im Nachhinein bin ich froh, dass ich diese Chance, auf die Schnelle dem Gipfelkreuz einen Besuch abzustatten, genutzt habe. Während der Rast auf dem Gipfel zogen sich Wolken bedrohlich zusammen. Ihre Schwärze kündete von Ungemach. Also Abstieg, nachdem ich eine Weile die Aussicht am Gipfelkreuz genossen hatte. Ein Ehepaar kommt mir entgegen, also Richtung Gipfel. Ich spreche beide an. Engländer sind es, die kein Wort Deutsch sprechen.

»What about the weather?«, frage ich. Der Engländer, überlegen lächelnd: »Nobody knows!« Seiner Frau, das steht für mich fest, ist nicht zum Lächeln zumute.

Solch ein Abstieg geht schnell vonstatten, wenn ein Gewitter aufzieht. Ich registriere die sonderlichen Pyramidenkegel zum Schutz vor Lawinen, mache ein, zwei Fotos. Doch, das musste sein! Dann aber schnell runter zu der Hütte, wo ich mich, während es donnert und blitzt und der Regen munter prasselt, unterstellen kann. Beim Aufstieg war die Hütte noch geöffnet, weil der Hüttenwirt mit Außenarbeiten beschäftigt war. Am kommenden Wochenende soll Saisoneröffnung sein. Ich bekomme ein uriges, dickbauchiges Glas mit Holundersaft. Als ich zahlen will, winkt der Wirt ab. Nur eine Kleinigkeit, ich weiß schon, aber solche Kleinigkeiten sind was Besonderes und in ihrer Bedeutung gar nicht so klein, wie es zunächst scheint.

Auf dem Weg zur Wildbachhütte stößt der Wanderer auf einen »Erlebnisweg«, der insbesondere Familien mit Kindern als Aufstieg zur Hütte empfohlen wird. Da ich die alternative Route nicht gleich finde, gehe ich Teile des Erlebnisweges und staune nicht schlecht. Was einem auf so einer Wanderung nicht alles geboten wird!

Außer der faszinierenden Vielfalt der Natur, in der es immer was zu entdecken gibt und den beeindruckenden Aussichten in die Bergwelt des Lungau auch noch ein wahrhaft liebevoll gestalteter »Erlebnisweg«, der für Jung und Alt eine Menge an Informationen bietet.

Vor einer Tafel mit Abbildungen der Vögel des Waldes bleibe ich länger stehen. Die Tierwelt eignet sich bekanntermaßen für menschliche Projektionen. Den Tieren werden Eigenschaften zugeschrieben, die wir an unseren Mitmenschen und an uns selbst festzustellen meinen. Der Buchfink, wird auf der Tafel in kindgemäßer Sprache erläutert, stehe für Ordnung, der Eichelhäher gelte als Wächter und Warner. Der Buntspecht hilft heimzufinden, wobei wohl vor allem der Weg zu sich selbst gemeint ist. Die Rabenkrähe überbringt Botschaften, die Amsel ist ein Beispiel für Selbstbewusstsein, der Zaunkönig demonstriert innere Größe, die Blaumeise, wer widerspräche da, imponiert durch Unverdrossenheit. Der Kuckuck ist beharrlich, der Mäusebussard behält den Überblick. Nur der Gimpel kommt nicht gut weg: er steht für Eitelkeit.

Eine Kinderstimme kündigt nach Betätigung eines Schalters den jeweiligen Vogel an, dessen Stimme daraufhin ertönt. Man hört die Vögel, sieht die Abbildung, kann den unkompliziert formulierten Begleittext lesen. Schön!

Einige Meter weiter eine Tafel zum Thema Riechen. Nacheinander werden nämlich auf diesem Erlebnisweg die Sinnesorgane behandelt. Zum Thema Geruchssinn erfährt man, dass ein Hund - na, schätzen Sie mal! - einen eine Million Mal besseren Geruchssinn hat als der Mensch. Und das Schwein? Hat sage und schreibe tausendmal so viele Riechzellen wie der Mensch. Der Aal, erfährt der verwunderte Wanderer, riecht angeblich einen Würfelzucker, der auf der gegenüberliegenden Seite eines Sees in das Wasser gehalten wird.

Dieser Typ, vielleicht bezeichnen Sie mich ja so oder so ähnlich, schreibt ja gar nichts über die Besonderheiten von Natur und Landschaft, die er vorfindet.

Gemach, gemach: Auf dem Weg vom Prebersees nach Lessach begegnen einem knorrige Lärchen, geht man durch einen alpin geprägten Urwald.

Der Rhythmus einer solchen Wandertour wird wesentlich geprägt durch den Wechsel von Aufstiegen und Abstiegen. In den Tourenbeschreibungen der einzelnen Tagesetappen erfährt man den Umfang des Gesamtanstiegs bzw. des Gesamtabstiegs sowie die durchschnittliche Gehzeit. Auf diesen Wechsel des Rhythmus sollte man sich rechtzeitig einstellen. Bloß nicht zu schnell angehen, empfehlen erfahrene Bergwanderer. Das räche sich später. Die Empfehlung lautet, zumindest die erste halbe Stunde des Tages so verlangsamt zu gehen, dass man selber den Eindruck hat, man gehe eigentlich zu langsam. Aber dann stimmt es gerade, und es fällt einem später wesentlich leichter, dieses Tempo einen langen Anstieg beizubehalten, ohne stehen bleiben zu müssen, weil das Atmen schwer fällt. Gleiches gilt für den Abstieg. Bloß nicht zu schnell werden, das danken einem die Gelenke nicht.

In den Unterlagen des Veranstalters werden dem Wanderer weitere hilfreiche Tipps gegeben. Zitiert wird vorab der römische Kaiser und Philosoph Marcus Aurelius (2. Jh. N. Christus) : »Bedenke, dass Du Deine innere Freiheit bewahrst, ob Du nun selbst Deine Meinung änderst oder dem nachgibst, der sie berichtigt. Auch dann vollzieht sich Deine Tätigkeit nach Deinem Willen und Urteil, ja sogar nach Deiner Absicht.«

Foto: ©

Info: http://www.lessach.at/Wildbachhuette