P1080523 2Die dritte Siam-Reise (6): In Kambodscha

Hannah Wölfel und Hanswerner Kruse

Kambodscha (Weltexpresso) - Nach der spannenden Rundreise durch den Norden Thailands mit lokalen Bussen und einem Longtailboot sind wir mittlerweile in Kambodscha. Unsere Kunsterfahrungen in den zwei, von Thai-Künstlern gestalteten Tempeln bei Chiang Rai, sind so eindrucksvoll, dass wir darüber später berichten wollen.

hwk 6 2Natürlich sind wir zunächst in Siem Reap, um die Tempelanlage Ankor Wat zu erleben, die mittlerweile die meistbesuchteste Tourismusattraktion der Welt ist. 1908, nach ihrer „Wiederentdeckung“ und Übergabe an die Kambodschaner, kamen gerade mal 200 Besucher, heute sind es jährlich mehrere Millionen. Doch weil der kambodschanische König seinen hwk 6 4dänischen Staatsbesuch dort herumführt, müssen wir - auf Anraten unseres Tuc-Tuc-Fahrers - die geplante Besichtigung verschieben und fahren ins Cambodian Cultural Village. In der riesigen parkähnlichen Anlage gibt es zahlreiche asiatische Bauten mit Nebengebäuden und Werkstätten, welche die unterschiedlichen chinesischen, vietnamesischen und andere Einflüsse auf die Lebensweise des Khmer-Volkes deutlich machen. Ein großes schwimmendes Dorf ist ebenso aufgebaut wie ein Khmer Village. Wir sind berührt, wie viel Fremdes und Anderes die Kambodschaner bis zur rassistischen Tyrannei der Roten Khmer assimiliert haben.

„A person without the knowledge of their past, origin & culture is like a tree with no roots“, verkündet ein Plakat den Anspruch der gesamten Ausstellung.

hwk 6Als erstes gehen wir ins Wachsfigurenkabinett, in dem uns eine anmutige Apsara-Tänzerin aus Wachs begrüßt. Weitere Szenen mit lebensgroßen Figuren aus der Geschichte Kambodschas bis zur Gegenwart sowie dem Alltag der Khmer werden dargestellt. Dazu gibt es einen so professionellen Audioguide, wie wir ihn noch nie irgendwo erlebt haben: Ein toller Empfang! In der kolossalen Anlage ist wenig los, die Touristen sind alle in Ankor Wat, denn die Tempelstadt ist heute gar nicht geschlossen: Unser schlitzohriger Tuc-Tuc-Fahrer hat mächtig gemogelt, weil er einen anderen Job angenommen hatte.

In der entspannten Atmosphäre dieser abwechslungsreichen Kulturlandschaft fühlen wir uns sauwohl. Zwischendurch überredet Hannah einen Kellner, uns im geschlossenen Restaurant Frühlingsrollen und Kokossuppe zu servieren. Das sündhaft teure Essen - Kambodscha ist fast überall sehr, sehr teuer - vernaschen wir in einem gigantischen menschenleeren Saal, in dem sich wohl am Wochenende die einheimischen Touristen tummeln. Danach erleben wir im „Minitheater“ und auf einer der vielen Freilichtbühnen hinreißende klassische Tanzdarbietungen, im „Millionärshaus“ dagegen eine schlampig inszenierte, traditionelle Hochzeitszeremonie.

hwk 6 1Abends gehen wir tatsächlich noch zum Nacht-, später zum Kunstmarkt mit dem ewig gleichen Souvenir- und Kitschmüll. Wir machen die Tuc-Tuc-Fahrer wahnsinnig, dass wir von unserem Guesthouse aus dorthin und wieder zurücklaufen. Ebenso wie die Thais kapieren auch die Khmer nicht, dass so „reiche Leute wie wir“ jemals einen eigenen Schritt zu viel machen. Am Rande dieser riesigen Ramschmärkte auf beiden Seiten des Flusses, gibt es einen kleinen Bazar für Produkte „Made in Cambodia.“ Wir kaufen dort in dem förderungswürdigen Projekt eine recycelte Tasche. Nach der Terrorherrschaft der Khmer Rouge mussten viele kunsthandwerkliche Techniken wie Lackmalerei, Weben oder Silberschmieden mühselig wieder rekonstruiert werden.

Am nächsten Tag endlich Ankor Wat, bei extremer Hitze laufen wir durch zwei Tempel, schaffen es aber nicht, die gefährlichen Treppen hochzusteigen: Es ist einfach zu heiß! Ansonsten überall das Gleiche, viele Besucher inszenieren sich oder ihre Mitreisenden in den Ruinen und keifen herum, wenn man durchs Bild läuft. Hochzeitspaare werden mit einer Unzahl von Makeup-, Foto- und anderen Künstlern vor den verfallenden Trümmern arrangiert.

siam 6Wir sind insgesamt von Ankor Wat enttäuscht, doch dann kommen wir in den - durch seinen Verfall und die durch Mauern wachsende Bäume - sehr bizarr wirkenden Ta Prohm. Dessen morbider Charme begeistert uns genauso, wie offenbar den Regisseur Simon West, der hier mit Angelina Jolie und Daniel Craig den Film „Lara Croft: Tomb Raider“ (2001) drehte. Am Abend schauen wir diesen Riesenbreitwandfilm auf unserem kleinen iBook - und sind begeistert, wenn wir Baumwurzeln, Skulpturen oder Trümmer des Tempels wiedererkennen. Angelina Jolie hat übrigens im letzten Jahr den Oscar nominierten Streifen, „First they killed my father“, nach der wahren Geschichte eines Khmer-Mädchens für Netflix verfilmt. Doch der unsägliche Monopolist lässt nicht zu, diesen Film auf Deutsch in Kambodscha zu gucken. So viel zum Kinokiller Netflix!

Zwischendurch fahren wir in die Royal International Clinic, so Preise hat sie auch, in der sich Hannah ihr verstopftes Ohr heilen lässt. Das Wetter ist mittlerweile so „schlecht“ geworden, bedeckt mit viel Wind bei 34 °C, dass wir leider die Ballonfahrt über Ankor Wat canceln müssen.

Fotos:
zu den im Text beschriebenen Situationen
© Hanswerner Kruse