20240509 093415Auf den Spuren ihres desertierten Großvaters von Dresden nach Schlüchtern (5) 

Barbara Werner / Hanswerner Kruse

Naila (Weltexpresso) - Mehr als die Hälfte der gewählten Strecke hat die weltliche Pilgerin Barbara Werner bis jetzt zurückgelegt, sie ist seit 14 Tagen unterwegs. Sie schreibt täglich kurze Infos als Tagebuch.

 

Am 10. Mai schrieb sie: „Ich hatte heute zwei interessante Begegnungen. Als erstes traf ich eine ältere Dame, mit der ich ins Gespräch kam. Sie hatte den Krieg als Kind erlebt. Und das andere Treffen war an der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Ein Motorradfahrer hielt an und ich fragte ihn, ob er mich mit dem Schild fotografieren könnte. Wir redeten miteinander und er erzählte mir, dass er diese jetzt verschwundene Grenze mit dem Motorrad abfahre. Leider jetzt alleine, da sein Motorradfreund letztes Jahr plötzlich verstorben sei. Sein Fazit: nicht warten, wenn man etwas vorhat, machen! Das kann ich nur bestätigen.

Als Zwischenbilanz schrieb Werner:

„Meine anfänglichen Bedenken, ob ich diese Tour überhaupt schaffe, wie wird es in Tschechien sein, finde ich immer ein Quartier, spielt das Wetter mit, sind alle weg. Ich habe immer freundliche Menschen getroffen, die mir den weiteren Weg zeigten, die für mich telefonierten, um eine Übernachtung zu finden, die ganz persönliche Gespräche mit mir führten. Das war sehr beeindruckend.

Ich bin auch meinem Großvater ein Stück nähergekommen. Dresden selber zu sehen, wo er am Ende des Krieges war, einen Zeitzeugen zu finden, der ihn kannte, das war sehr berührend. Seinen Fluchtweg abzufahren, natürlich nicht ganz genau, doch zumindest die Orte anzufahren, die er aufschrieb, dadurch habe ich großen Respekt bekommen vor seiner Leistung. Er muss den unbedingten Willen gehabt haben, wieder zu seiner Familie zu kommen, und hat es letztendlich auch geschafft.

Ob ich es auch schaffe? Ich habe es vor, morgen fahre ich weiter... 

20240510 140455Am 11. Mai hatte Werner beinahe einen Unfall in Naila, sie schrieb „es haben nur ein paar Zentimeter gefehlt und meine Tour wäre zu Ende gewesen.“ Ihr Großvater notierte damals über den Ort: „Wir, zwei Mann, fanden eine gute Unterkunft, nach einem Bad schliefen wir in richtigen Betten und haben gut gefrühstückt.
„Was habe ich dagegen für einen Luxus, jeden Tag duschen können und immer ein richtiges Bett“, meinte die Pilgerin und schreibt am


12. Mai:
„Trotz des kleinen Unfalls konnte ich gut schlafen und startete mit neuer Energie. Bald darauf stand ich schon vor der Brücke über den Main in Hochstadt. Allmählich kam bei mir das Gefühl auf, bald zu Hause zu sein. Denn die nächsten Orte kenne ich und eine Vorfreude macht sich breit, ich habe es bald geschafft.

Doch noch liegt eine Woche vor mir!“


Fortsetzung folgt

Foto:
© Barbara Werner

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