Widerspricht die Parteinahme für Israel den Grundsätzen des DGB?, Teil 1

 

Matthias Küntzel

 

Hamburg (Weltexpresso) - „Du musst den Kopf aus deinem Arsch ziehen“, erklärt Finkler seinem Freund Julian Treslove in Howard Jacobsens Roman „Die Finkler-Frage“. Diesen Rat würde man gern auch den ostfriesischen DGB-Funktionären geben, die Gitta Connemann wegen ihrer „israelfreundlichen Haltung“ als Referentin einer DGB- Kundgebung ausluden.

 

Frau Connemann ist Vizepräsidentin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und CDU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Unterems. Der DGB hatte sie als Hauptrednerin einer Veranstaltung zum Antikriegstag am 7. September 2014 in Esterwegen engagiert – dem Ort des früheren Konzentrationslagers, wo seit 2011 eine Gedenkstätte steht. Einziger Grund der Ausladung ist die nachfolgende Passage aus einem Interview, das die Abgeordnete nach einer Israelreise Anfang August der „Ems-Zeitung“ gab.

 

Während Ihres Besuchs wurde eine UN-Schule im Gazastreifen angegriffen. Mindestens 40 Menschen kamen ums Leben, darunter waren auch Kinder. Hat Israel ein Recht dazu?

 

Jeder Tote ist zu viel. Aber seit 2006 wird Israel beschossen und hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Die Hamas-Terroristen nutzen Schulen und Altersheime als Raketenlager, missbrauchen Frauen und Kinder als menschliche Schilde. Israel unternimmt alles, um diese Zivilisten zu schützen. Israel fordert die Menschen vor jedem Angriff per Telefon, SMS, Flugblättern und Warnschüsse auf, die Häuser zu verlassen, die als Lager missbraucht wurden.

 

Also keine Kritik an Israel?

 

Doch. Es gibt Gründe für Kritik an Israel. Aber legitime Kritik endet dort, wo das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird.[1]

 

Zwar erklärt der DGB in Ostfriesland auf seiner Homepage, er sei „pluralistisch und unabhängig“ – die Antworten dieser Politikerin gingen ihm aber doch zu weit. „Ihre einseitige Stellungnahme zum Krieg in Israel widerspricht unseren DGB-Grundsätzen“, behaupteten Dorothee Jürgensen, die DGB-Geschäftsführerin für Oldenburg-Ostfriesland und Anton Henzen, Chef des Kreisverbandes Nördliches Emsland in der Begründung ihrer Absage.

 

Tatsächlich? Ich bin seit 30 Jahren DGB-Mitglied. Mir ist ein „Grundsatz“, demzufolge Redner, die Israel im Kriegsfall verteidigen, ein Auftrittsverbot bei DGB-Kundgebungen erhalten, unbekannt.

 

Im Gespräch mit der Ems-Zeitung lieferte Frau Jürgensen für die Ausladung der Hauptrednerin noch ein Zusatzargument: Man habe befürchtet, „dass es angesichts solcher Äußerungen Connemanns in Esterwegen ,zum Eklat‘ gekommen wäre.“[2]

Nun ist Esterwegen (5.000 Einwohner) nicht Kreuzberg – von schwarzen Blöcken oder Islamisten-Ansammlungen hat man bislang in der Samtgemeinde Nordhümmling im Emsland, wo Esterwegen liegt, wenig gehört. Es handelt sich wohl mehr um den Versuch, davon abzulenken, dass es die Boshaftigkeit oder Unwissenheit der DGB-Verantwortlichen ist, die den Eklat produziert. Vielleicht wollten sie auf diese Weise mit „ den Palästinensern“ solidarisch sein.

 

Und in der Tat wäre ein DGB-Engagement, das „sich stark (macht) für eine solidarische Gesellschaft“ – so die Selbstbeschreibung auf der Homepage des DGB-Kreisverbandes Nördliches Emsland – und die Palästinenser hierbei einbezieht, wünschenswert. Wirkliche Solidarität mit der Mehrzahl der Palästinenser ist allerdings nur mit und niemals gegen Israel zu haben, wie unser erster Exkurs beweist. Fortsetzung folgt.

 

Anmerkungen:

 

[1] Stefan Prinz, Connemann: ,Ich werde als Judenhure beschimpft‘, in: Ems-Zeitung, 2. August 2014.

[2] Stefan Prinz, Connemann ausgeladen: DGB befürchtet Eklat, in: Ems-Zeitung, 6. August 2014.

 

INFO:

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors aus „Texte von Matthias Küntzel“