hl Prinzessin KatharinaRübezahls widerspenstige Braut im Adlerge­birge

Harald Lutz

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Rübezahl kennt in Deutschland jedes Kind. Weniger bekannt ist die tschechische Sage über seine widerspenstige Braut Katharina (Kacenka) aus dem Adlergebirge.

 Wer kennt sie nicht, die Geschichten über den zwiespältigen Riesen und Berggeist Rübezahl aus dem Riesengebirge? An einem Tag ist er gut gelaunt und großzügig, am nächsten treibt er mit einsamen Wanderern, die sich in seinem Reich umhertreiben, die übelsten Scherze. Weni­ger bekannt im deutschen Kulturkreis dagegen ist die tschechische Volkssage über Rübezahls widerspenstige Braut Katharina (Kacenka) aus dem weiter südöstlich gelegenen Adlergebirge. Beide Mittelgebirgsregionen sind Teile des Sudeten-Gebirgszuges im Norden Tschechiens.

Die Legende von Rübezahl und der Herrscherin des Adlergebirges, Prinzes­sin Katharina

Wenn Rübezahl – der auf Tschechisch Krakonosch gerufen wird – unter den Menschen weilt, hat er stets große Freude daran, unehrliche Zeitgenossen zu bestrafen. Allerdings belastete ihn einst im heimischen Riesengebirge seine Einsamkeit. Immer öfter zogen sich daher dunkle Wolken am Himmel zusammen. Er entschied, sich zu verheiraten, und begann, in der weiten Welt eine Braut für sich zu suchen – gewiss keine ganz so einfache Angelegenheit für einen Riesen und Berggeist. Rübezahl bemühte sich redlich und suchte überall, aber er konnte zu­nächst weit und breit keine schöne Frau für sich finden. Schließlich erblickte er im Adlerge­birge die reizende Prinzessin Katharina. Er war überrascht und wollte zunächst seinen Augen nicht trauen. Es wäre schön, diese Frau als seine Braut ins Riesengebirge heimzuführen, stellte er sich vor.

Die Schönheit eines Sommermorgens, gepaart mit Blitz und Donner sowie der Rauheit des Winters

 

Gleich am nächsten Morgen ist Rübezahl daher mit einem großen Blumenstrauß im Gepäck auf Freiersfüßen ins Adlergebirge geflogen. Sein festes Ziel: mit Prinzessin Katharina näher anzubandeln. Plötzlich stand er tatsächlich vor ihr. Die Umworbene hatte zunächst gar kein Gespür für den fremden Herrn im grünen Anzug. Erst als Katharina in seine Augen sah, ent­deckte sie sowohl die Schönheit eines Sommermorgens, Blitze und Donner wilder Stürme, als auch die Rauheit des Winters in ihnen. Jetzt dämmerte es ihr, dass es sich bei dem geheimnis­vollen Fremden um Rübezahl handeln müsse. „Krakonosch, der Herrscher des Riesengebir­ges“, rief sie erstaunt. „Ja, Sie haben Recht, Prinzessin Kacenka", lautete der tschechischen Sage nach Rübezahls Antwort.

 

Katharina wollte Rübezahl nur als Freund – die windige und kalte Rache des Berggeistes

Schließlich fasste sich der Berggeist ein Herz und fragte seine Angebetete, ob sie seine Frau werden wolle. Katharina war völlig überrascht und bat ihn um etwas Bedenkzeit: „Du kannst hier bleiben, um mich und mein Königreich näher kennen zu lernen“, so die zunächst auswei­chende Antwort Katharinas. Der Legende nach hat Rübezahl eine lange Zeit im Adlergebirge verbracht und auf eine Entscheidung der Märchenprinzessin gewartet. Schließlich eröffnete ihm Katharina, dass es nicht gut sei, über zwei Bergwelten gleichzeitig zu herrschen. Rübe­zahl war sehr erbost darüber, weil Katharina ihn offenbar nur als platonischen Freund und nicht als Ehemann und Liebhaber wollte. Mit großem Getöse traf er alleine wieder im Riesengebirge ein. Seitdem bläst überwiegend im Spätherbst und Winter, wohl aus gekränkter Eitel­keit des Berggeistes oder Rache, ein kalter Nordwestwind ins Reich Katharinas hinüber. Wenn Frostwind weht und Bäume fallen, sagen die Menschen im Adlergebirge daher noch heute: „Rübezahl kehrt in sein Bergreich zurück.“.

Das Tor in das tschechische Adlergebirge

Im Nordosten Böhmens erstreckt sich entlang der Grenze zu Polen die malerische Landschaft des Adlergebirges (tschechisch: Orlické hory) und seines Vorlandes. Als Ausgangspunkt für Spaziergänge und Wanderungen zu Abhängen, Tälern und Wäldern gilt seit jeher die Stadt Rychnov nad Kneznou (Reichenau) im Zentrum des Adlergebirgsvorlandes. Die altehrwür­dige Tuchmacherstadt gilt als das natürliche Tourismus- und Verwaltungszentrum der Region. Auch die Städte Nove Mesto n. M., Rokytnice und Zamberk werben um die Gunst der Urlau­ber. Darüber hinaus haben sich 29 kleinere Gebirgs- und Vorgebirgsgemeinden zum freiwilli­gen Gemeindebund Adlergebirge zusammengeschlossen. Nach alten Volkssagen wird das Adlergebirge von Prinzessin Katharina beherrscht, die ihre Macht im Märchenreich allerdings den kalten Winter über an die Märchenfigur Rampusak abgibt. Mit der Blüte der Märzenbe­cher im Frühjahr übernimmt die Prinzessin die Regentschaft der Mittelgebirgsregion wieder fest in ihre zarten Hände.

Nützliche Links:

http://www.radio.cz/de/artikel/52997

http://www.orlickehory.eu/index.php?lang=de

http://rychnov-nad-kneznou.tschechische-gebirge.de/

Foto: Czech Tourismn

INFO:
Harald Lutz lebt und arbeitet als Fachjournalist und Technikredakteur in Frankfurt am Main.