Selbst über Terror(isten) kann man lachen

 

Notker Blechner

 

Montreux (Weltexpresso) - Nicht nur beim Jazz, sondern auch im Bereich der Comedy zählt Montreux zu den Top-Adressen. Die Stadt am Genfer See lockt alljährlich im Dezember herausragende Humoristen aus mehreren Ländern an. Die Besucher kamen erneut scharenweise zum Montreux Comedy Festival - und ließen sich von der Terrorangst nicht einschüchtern.

 

Die Terroranschläge von Paris haben den französischen Comedians den Spaß nicht verdorben. Im Gegenteil. "Stellen Sie sich vor, die 'Charlie-Hebdo'-Attentäter verwendeten für ihre letzte Fahrt ihres Lebens einen kleinen Citroen- ein Auto, das schon unsere Eltern fuhren. Sieht so die Fahrt ins Paradies aus?, fragt sich Vérino. "Und dann vergessen sie noch ihren Pass im Auto, so doof kann man doch gar nicht sein."

 

Neue Erkenntnisse vom Germanwings-Unglücksflug

 

Auch der Amok-Flug des Germanwings-Piloten Andreas Lubitz mit 150 Toten hat die Humoristen beeindruckt. Der Schweizer Comedian Thomas Wiesel kann es immer noch nicht fassen, dass der ausgesperrte Pilot eine Axt verwendet haben soll, um die Tür zum Cockpit zu öffnen. "Die haben eine Axt im Flugzeug, und wir Passagiere dürfen nicht mal unsere Zahnpasta mit reinnehmen", ereifert sich Wiesel. Das nächste Mal wüssten nun auch die Terroristen, dass es eine Axt im Flieger gebe.

 

Mitunter sind die Comedians selbst Opfer der erhöhten Sicherheitsmaßnahmen nach den Terroranschlägen. Rachid Badouri, ein nach Québec ausgewanderter Marokkaner, erzählt auf dem Festival in Montreux, dass er nach Frankreich nur einreisen durfte, wenn er einen Witz erzählen konnte. Sonst hätten ihm die Polizisten nicht geglaubt, dass er Humorist sei…

 

130.000 Euro für "Künstlerscheiße"

 

Die moderne Kunst aufs Korn nahm der Belgier AlexVizorek. Er zeigte, wie die Künstler sich immer weiter überboten und am Ende nur noch weiß auf weißer Leinwand malten. Schließlich bewies Pierre Marzoni, dass man noch weiter gehen kann als nirgendwo. Er füllte je 30 Gramm seiner eigenen Fäkalien in 90 Dosen und verschloss diese geruchsfest. Das Projekt "Künstlerscheiße" (merda d'artista) erntete weltweit große Aufmerksamkeit. Für eine der Dosen wurden 2008 bei einer Auktion von Sotheby's über 130.000 Euro gezahlt. "Da ist Kaviar nichts dagegen."

 

Die Tücken des digitalen Alltags

 

Neben dem Terror und der Kunst widmeten sich die Comedians in Montreux auch den Tücken des digitalen Alltags. So haderte der französische "Humor-Botschafter" Vérino mit einem Baguette-Automaten. Weil er im besoffenen Zustand das Wort Baguette nicht korrekt aussprechen konnte, verstand ihn die interaktive Maschine nicht – und warf ihm kein Baguette aus.

 

Ähnlich schlimm erging es Garnier mit Sentou bei der telefonischen Anmeldung zum Kampfsport. Ständig verhaspelte er sich auf der Hotline – und wurde schließlich als Behinderter registriert.

 

Das Duo Garnier und Sentou, bekannt aus französischen TV-Comedy-Shows, boten im Théâtre de Vevey eine umjubelte Vorstellung. Mit teils lustigen, teils kitschigen Sketchen beschrieben sie den schwierigen Weg zu ihrer innigen Freundschaft - vom Spielplatz bis zum Gericht.

 

Shows an verschiedenen Orten und in mehreren Sprachen

 

Das Montreux Comedy Festival verlagert sich immer mehr an andere Orte am Genfer See. So traten zum Beispiel die bekannten Les Chevaliers du Fiel in Genf auf. Das Herz des Festivals bleibt aber Montreux mit seiner Musik- und Kongresshalle.

 

Längst ist das Festival nicht mehr nur für Freunde des französischsprachigen Humors. Die Festival-Macher organisierten auch abendliche Shows in englisch, russisch und italienisch. Nur der deutsche Auftritt von Achim Knorr fiel leider aus. Vielleicht gibt's einen neuen Versuch im nächsten Jahr.

 

Hinter den Kulissen zeigten sich die Comedians nicht ganz so lustig. Ein Pariser Humorist gab zu, dass nach den Terroranschlägen ein Drittel weniger Zuschauer zu den Shows kommen. Diese aber ließen sich durch nichts erschüttern.

 

 

Internet:

Montreux Comedy Festival

http://www.montreuxcomedy.com/