Von der Klostertour bis zur Weinkellertour: Neues aus Niederösterreich

 

Hermann Tugut

 

Neustadt/Weinstraße (Weltexpresso) – Stimmt, von Neustadt aus liegt das vor den Toren Wiens gelegene Klosterneuburg nicht um die Ecke, wie weit erst von Hamburg oder Berlin! Und da ist es mit einem Tagesausflug nicht getan, da gehört eine richtige Reise dazu. Aber wir tun jetzt einmal so, als ob Sie schon in der Nähe wären und sich diesen einen Tag in Klosterneuburg gönnen.

Hintergrund ist nämlich das Stiftsticket, das für 15 Euro 50 einen Tag lang die sakrale Hochkultur sowie Schatzkammer und das österreichische Imperium zusammenbindet mit dem ältesten Weingut Österreichs und dann auch noch eine Gartentour im Freien draufgibt, wo Sie erfahren, wie Sie einen grünen Daumen bekommen. Also sechs Touren auf einen Streich, sprich Ticket. Vorweg muß man allerdings schon ein paar Worte zu dieser ehrwürdigen, gemütlichen und sinnenfrohen kleinen Stadt sagen. KLOSTERNEUBURG ist heute ein Art Gesamtkunstwerk, das sich um das aufragende Stift schart, wobei heute schon nicht mehr alle wissen, was ein Stift überhaupt ist, schließlich kommt diese Einrichtung und Bezeichnung vom Mittelalter auf uns.

 

Grundsätzlich ist dies eine geistliche Einrichtung, die von einem Stifter – aha! - für den Ablaß seiner Sünden oder eine bevorzugte Behandlung im Jenseits rechtzeitig auf Erden der Kirche oder eine ihrer Gruppierungen gestiftet wurde, meist Klöster mit repräsentativen Kirchen. Stift Melk ist vielleicht das am weithin sichtbarste. In Klosterneuburg wurde das - von Markgraf Leopold III. erst einmal als Kirche zu seiner Burg - 1114 gegründete Stift neunzehn Jahre später den Augustiner Chorherren übertragen, die bis heute Stiftsherren sind und ihren Auftrag, ein religiöses, soziales und kulturelles Zentrum zu bilden, ernst nehmen. Die Geschichte des Baus ist so spannend, daß wir das erzählen wollen, wenn wir die sechs Touren selbst machen, von denen wir jetzt nur die Ankündigungen weitergeben.

 

MUSEUMSTOUR mit Besichtigung der Sammlung Sammer

 

Neu hinzu kommt diese Tour, die erstmals für Tourbesucher die Privatsammlung des 2010 verstorbenen Prälaten Alfred Sammer öffnet, die als Motto „Idee, Form und Figur“ hat und Gemälde und Skulpturen von zeitgenössischen oder noch nicht lange verstorbenen österreichischen Künstler zeigt: Oskar Kokoschka, Fritz Wotruba, Max Weiler, Hermann Nitsch etc. Man sieht aber auch die über Jahrhunderte gesammelten Kunstschätze des Stifts und die prunkvollen Kaiserzimmer. Tafelbilder von Rueland Frueauf dem Jüngeren sind ob ihrer Originalität zu Beginn der Tafelmalerei immer etwas ganz Besonderes, hier zudem, weil sie die Gründungslegende des Stifts abbilden.

 

TOUR durch die SCHATZKAMMER als Hüterin der 'heiligen Krone' Österreichs

 

Erst im Jahr 2011 eröffnet, wurde die Schatzkammer schnell zum Besuchermagnet. Da geht es einmal um die Kostbarkeit der Dinge, aber auch um ihre historische Bedeutung, wenn „das Schreibzeug des Heiligen Leopold“ vor uns liegt oder wir den Österreichischen Erzherzogshut, den man nur aus der Geschichte kennt, nun mit eigenen Augen sehen und erkennen, daß der Hut eine Krone ist. Er wurde 1616 als 'heilige Krone', ebenbürtig der ungarischen Stephanskrone und der böhmischen Wenzelskrone zum Grab des Heiligen Leopold gestiftet.

 

SAKRALE TOUR vom gotischen Kreuzgang zur Stiftskirche

Hier kommen wir mitten ins Mittelalter zum Verduner Altar, den dem Byzanzer Kunstkönnen anverwandelten 51 Email-Tafeln, die 1181 Goldschmied Nikolaus aus Verdun als Kanzelverkleidung geschaffen hat und die 1330 zu einem Flügelaltar umgebaut wurden und in Wort und Bild in keiner ernsthaften Kunstgeschichte fehlen. Denn dieser Verduner Altar zählt zu den Gründungsmythen der Kunstgeschichte selber, da seine Entwicklung zu erforschen seit dem 19. Jahrhundert auch diese Wissenschaft mitkonstituierte.

 

IMPERIALE TOUR zeigt den österreichischen Escorial

 

Wer je nahe Madrids den spanischen Königssitz El Escorial besuchte, erahnt, was Kaiser Karl VI. trieb, in Klosterneuburg seine Klosterresidenz zu errichten. Der Plan sah eine riesige Anlage mit neun Kuppeln und vier Höfen vor. Doch: der Kaiser starb während der Bauarbeiten 1740 und das war es dann. Übrig geblieben ist die barocke Sala terrena, die ein Gartensaal werden sollte, bis heute im Rohzustand und damit Baustelle mit acht riesigen Atlanten. Im Marmorsaal kann man den barocken Prunk erleben, wozu immer Deckenfreskos gehören.

 

WEINKELLERTOUR im ältesten Weingut Österreichs

 

Auch hier schlägt der (oder das) Barock zu. Denn der mehrgeschossige Keller zeigt dessen Stilelemente, vor allem aber die Art und Weise, wie Wein hergestellt und gelagert wird. Daß nach der Theorie die Praxis kommt, ist mit der anschließenden Vinothek schon vorgesehen.

 

GARTENTOUR zeigt Pflanzenkultur im Wandel der Zeiten

 

Diese Tour ist nur außerhalb der kalten Jahreszeit sinnvoll, dann aber sehr. Bis zum 6. Oktober werden Sie durch den Kräuter-, Teich-, Kreuz- und Konventgarten geführt bis hin zur klassizistischen Orangerie. Orchideen, Bambus, Kakteen künden davon, daß nicht mehr nur das Mittelalter, sondern die Mitbringsel aus der Neuen Welt längst Einzug gehalten haben in Klosterneuburg.

 

P.S. Es gibt übrigens auch Einzeltickets, aber wenn Sie dann mit der Weinkellertour anfangen, spricht viel dafür, daß für Sie der Tag damit gelaufen ist. Doch, doch, durchaus eine Variante, vor allem für einen von der Weinstraße.

 

Alle Details auf der Webseite

www.stift-klosterneuburg.at