Barocke Feuerwerkspracht in Hannovers Herrenhäuser Gärten
Das ist nun schon Tradition von heute, daß im Großen Garten, einem der seit 1638 angelegten vier Herrenhäuser Gärten und einer der bedeutendsten europäischer Barockgärten, der 21. internationale Feuerwerkswettbewerb stattfindet, dessen Finale 2011 mit den Mannschaften aus Österreich und aus Mexiko im September auch den Sieger küren wird, der im Jahr 2010 FyrverkeriFabrik aus Schweden hieß. Kaum einer weiß, daß die Feuerwerkskunst tatsächlich im Barock erfunden wurde, kam sie doch dem Eroberungswillen, selbst den Himmel leuchtend zu beherrschen genau so entgegen wie dem Repräsentationswunsch der Mächtigen, mit Besonderem spektakulär zu prunken. Wir heute können ganz demokratisch das alle Sinne befeuernde Licht-Musik-Magiewunder am Himmel bestaunen. Dazu muß man nur eine Eintrittskarte kaufen und nach Hannover fahren.
Wir haben den dritten Teil des diesjährigen Wettbewerbs, die Himmelserleuchtung der Spanier durch die Pirotecnia Europlà am 27. August erlebt, die sich mit dem gebotenen Farben-Lichter- und Musikrausch eine gute Chance auf den Sieg ausrechnen. Allein da sind die Österreicher vor. Denn die sehr junge und dynamische Mannschaft Pyrovision will am 10. September zeigen, daß sie nicht nur für einen dritten Platz gut ist, was ihnen 2006 gelang, sondern das wiederholen, was den Österreichern 2009 bei den Feuerwerksnächten im französischen Chantilly gelang: Erster zu werden. Aber das wollen auch die Mexikaner am 24. September erreichen, die über den Teich mit den Pirotecnicas Reyes kommen, was nichts anderes heißt als königliche Pyrotechniker, also ganz schön anspruchsvoll.
Den Startschuß für das Jahr 2011 hatte Vorjahressieger, die schwedische Göteborg FyrverkeriFabrik am 14. Mai in die Luft gejagt, wobei den Zuschauern und Zuhörern vor allem der Übereinklang von Musik mit den am Himmel explodierenden Feuerwerkskörpern, die Kaskaden von Sternen auf die Erde fallen lassen, wichtig wird, das, was man Choreographie nennt. Auch die Franzosen hatten mit dem Team Interméde am 15. Juni die Herrenhäuser Gärten phantastisch illuminiert und alle Mannschaften hatten dieselben Vorgaben, die wir nun bei den Spaniern genau beobachten.
Erst, wenn es ganz dunkel ist, um 22 Uhr geht es los. Die Spanier, das sind Francisco Martínez Gomis und Salvador Armengol aus Valencia, die mit ihrer Firma Pirotecnica Europlá schon in der ganzen Welt den Himmel bespielten. Hier wird zu Beginn des Feuerwerks erst einmal das Pflichtprogramm für alle geboten: dieses Jahr ist es für etwa 4 Minuten die 1791 uraufgeführte Ouvertüre der „Zauberflöte“, die die Vergleichbarkeit der Darbietung garantieren soll. Zu Mozarts leichtfüßiger Musik lassen die Spanier jedem jubilierenden Ton ein Farbbild am Himmel folgen.
Wir sind auf der Fahrt zu den Gärten schon mental von Gottfried Wilhelm Leipniz in die Welt des 17. und 18. Jahrhunderts geleitet worden. Das ist eine gute Idee des Stadtmarketings, historische Figuren lebendig aus ihrer Zeit erzählen zu lassen. Der Philosoph und Mathematiker Leibniz lebte in Hannover – ja die namensgleichen Kekse haben mit ihm zu tun – und hat die Prunksucht seiner Zeit spöttisch kommentiert. Aber sicher wäre er bei der folgenden spanischen Kür der Pyrotechniker auch ins Schwärmen geraten. Es sind ja Luft und Farbengebilde, die im ersten Moment so klar in ihrer Form und Farbe leuchtend am Himmel stehen, ganz wirklich also, und im nächsten Moment verschwunden sind, wie ein Spuk. Da kommen einem schon übersinnliche, ja philosophische Gedanken beim Eintauchen in die Sphären von Himmel und Vergänglichkeit.
Gebannt schauen alle – die Schau ist ausverkauft, für September sind noch Karten zu haben – in den Himmel, wo mit dem Anschwellen der Musik gelbe Sterne explodieren und mit ihrem rauschenden Rhythmus sich die Feuerräder am Boden drehen und die Leuchtraketen den Himmel in ein Farbenmeer hüllen. Kein Wunder, daß sich einige im Takt wiegen, denn lange Zeit sind es Walzer, die am Himmel mit Feuerschwänzen und bewegten Blumengirlanden ihre Entsprechung finden. Und da – gerade als es am schönsten ist – und der Himmel taghell, aber in Rot und Grün, in Gelb und Rosa vor sich hinleuchtet, ist es aus, das Feuerwerk. So ist das Leben und wir haben nur noch die Erinnerung an die Schönheit des erleuchteten Himmels bei Musik.
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