Im Schloßpark MAUERBACH bei Wien, Teil 4
Klaus Hagert
Mauerbach bei Wien (Weltexpresso) – Gleich am Dienstagnachmittag konnte Außenminister Sebastian Kurz, der für den amtierenden österreichischen OSZE-Vorsitz nach Mauerbach eingeladen hatte und den Vorsitz führt, von einem Durchbruch sprechen.
Besetzung der vakanten Posten
Es sind nämlich alle vier längere Zeit vakanten Top-Posten in einem Personalpaket zusammengeschnürrt worden, das vom Tagunsleiter Kurz vorgeschlagen wurde und auf das sich alle anwesenden Vertreter der 57 Mitgliedsstaaten „heute politisch verständigen“ konnten. Allerdings fügte Kurz gleich hinzu: „Sie kennen die OSZE: Es ist erst beschlossen, wenn es beschlossen ist.“ Der formelle Beschluß soll nämlich erst heute folgen. Dabei soll neuer OSZE-Generalsekretär der Schweizer Thomas Geminger werden. Der bisherige Generalsekretär Lamberto Zannier, der im Juni aus dem Amt schied, wird neuer Minderheitenkommissar. Die isländische Ex-Außenministerin Ingibjörg Sólrún Gísladóttir soll Chefin des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte werden, der französische Ex-Minister Harlem Désir neuer Beauftragter für Medienfreiheit.
Zur überraschenden politischen Einigung führte der ukrainische OSZE-Botschafter Ihor Prokoptschuk aus, der Durchbruch sei vom russischen Außenminister Sergej Lawrow ermöglicht worden, der seine Opposition aufgab. "Ein Signal von einem Mann hat alles klargemacht", sagte Prokoptschuk. "Wenn es einen Konsens geben wird, werden wir ihn nicht blockieren", habe der russische Außenminister gesagt. Prokoptschuk bezeichnete die Einigung als "sehr bedeutenden Erfolg" des österreichischen OSZE-Vorsitzes. "Es war das erste Mal, dass alle vier Posten gleichzeitig besetzt werden mussten."
Eine Friedensstimmung lag insofern in der Luft, als in der Eröffnungsrede Kurz wörtlich von „Vertrauenskrise“ sprach, auch „Mißtrauen“ in den Mund nahm und betonte, daß durch die Vakanzen „die OSZE in ihrer Arbeitsfähigkeit sehr eingeschränkt“ sei. Problem der OSZE ist gleichzeitig ihre Bedeutung: die 57 Mitgliedsstaaten sind zur Einstimmigkeit verdammt.
Anwesende und Abwesende
Das Treffen markiert die Halbzeit des österreichischen OSZE-Vorsitzes 2017. Die Außenminister kommen traditionell nur einmal jährlich zum Abschluss der jeweiligen Präsidentschaft zusammen. Wie im letzten Jahr in Potsdam soll der Tagungsort im Wienerwald nun für eine informelle Gesprächsatmosphäre sorgen. Den vielen Bildern, die von den Teilnehmern gemacht wurden, sieht man die entspannte Situation im so schönen Park des Hotels Schloßpark auch an.
Aber es sind zwar Vertreter aller 57 Staaten anwesend, aber nur die Hälfte der Außenminister. Insgesamt waren 29 Außenminister nach Mauerbach gekommen, wurde vom Sprecher des Außenministeriums mitgeteilt – auch der italienische Außenminister Angelino Alfano, dessen Land kommendes Jahr den OSZE-Vorsitz übernimmt. Der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák erklärte auf Twitter: "Wir brauchen eine starke und handlungsfähige OSZE", also "mehr Dialog, weniger Konfrontation, mehr Vertrauen, weniger Negativismus". Die Slowakei wird 2019 den Vorsitz übernehmen.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte ihre Teilnahme in Mauerbach kurzfristig abgesagt. Mogherini, die ihren Aufenthalt, wie bekannt wurde, eigentlich zu einem Gespräch mit dem russischen Außenminister Lawrow nutzen wollte, sei "kurzfristig erkrankt", hieß es. Der Schweizer Außenminister Didier Burkhalter warnte Europa vor einer Lähmung und Spaltung wegen schwelender Konflikte wie in der Ostukraine. Die Schweiz appelliere deswegen an alle Staaten, den Willen zum Kompromiss hochzuhalten.
Warum allerdings Deutschland, Frankreich und die USA diesem informellen Treffen fernblieben, entzieht sich unserer Kenntnis und es wurden in Mauerbach auch keine Vermutungen geäußert, die durchdrangen. Allerdings wurde unter der Hand bekannt und bedauert, daß Deutschland nicht einmal einen Staatssekretär nach Mauerbach schickte, sondern Sigmar Gabriel den Berliner OSZE-Beauftragten Gernot Erler geschickt hatte.
Und dann gab es doch den Versuch einer politischen Begründunge für die Abwesenheit von Gabriel. Er können nicht mit Kurz, hieß es, was er mit seinem Parteifreund, dem österreichischen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) besprochen habe und dieser ihm abgeraten habe, zu kommen. Das klingt völlig unwahrscheinlich. Gabriel war gerade in Katar und es gäbe im Moment für ihn wichtigere Termine. Und die USA und Frankreich? Allerdings hatte Gabriel auch nie zugesagt, im Gegensatz zum ukrainischen Außenminister Pawlo Klimkin. Der sagte seine Teilnahme kurzfristig ab, was gut an den Verpflichtungen Klimkins in Kiew liegen könnte, das in den vergangenen Tagen von US-Außenminister Rex Tillerson, UN-Generalsekretär Antonio Guterres und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg besucht wurde.
Schwerpunkt auch der Unkraine-Konflikt
So wurde ohne diese über die "Konflikte im OSZE-Raum" gesprochen, aber auch über Migration, Terrorismus, Radikalisierung, Rechtsstaat und Demokratie in Europa. Kurz hob in seiner Rede vor allem den thematischen Schwerpunkt des österreichischen OSZE-Vorsitzes, den Kampf gegen Radikalisierung und Terrorismus, hervor. "Es gibt Strömungen, die Angst und Unruhe schaffen wollen und damit das Zusammenleben in unseren Ländern zerstören wollen", betonte Kurz. Weil vor dieser Bedrohung "keines unserer Länder sicher" sei, müssten auch "alle teilnehmenden Staaten an einem Strang ziehen". Dabei gehe es um islamistische Radikalisierung, um terroristische Organisationen "wie etwa die PKK", aber auch um Rechtsextremismus. "Unser Ziel muss sein, die Radikalisierungsnetzwerke im OSZE-Raum auszuschalten", forderte Kurz.
Daß die OSZE die letzte Zeit durch die Nichtbesetzung der Spitzenfunktionen nicht handlungsfähig gewesen sei, habe sich auch auf die Ostunkraine ausgeweitet. Denn der Schatten des dortigen Kriegs lag über der Tagung, wo die OSZE-Beobachter von der Zunahme von Kämpfen in den letzten Monaten sprachen. Der Ukraine-Konflikt war also auch wesentliches Thema in Mauerbach.Der Konflikt in der Ostukraine, wo die OSZE derzeit mit einer rund 1000 Personen starken Beobachtermission im Einsatz ist, hat sich zuletzt wieder zugespitzt. Aber in dieser Frage konnte man – bei aller atmosphärischen Wirkung von Mauerbach - keine wirklichen Fortschritte erwarten. Mit Ausnahme von Lawrow war kein Außenminister der Staaten des bedeutenden Normandie- Formats (Russland, Ukraine, Frankreich und Deutschland) nach Mauerbach gekommen.
Darüberhinaus betonte Kurz deutlich und immer wieder das Thema RADIKALISIERUNG jeglicher Coleur. Darin wurde Kurz vor allem vom ungarischen Außenminister Peter Szijjarto, der zuvor von Kurz äußerst freundschaftlich begrüßt worden war, bestärkt, der zudem den bisherigen österreichischen Vorsitz deutlich lobte: "Diese Präsidentschaft ist in jüngster Zeit die beste", erklärte er und hob vor allem die Bemühungen um die Entschärfung des Ukraine- Konflikts hervor.
Kurz: Kein Frieden in Europa ohne Rußland
Froh zeigte sich Außenminister Kurz über seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow, der ebenfalls angereist war. In Europa könne es keinen Frieden ohne Rußland geben, sagte Kurz. Die EU müsse in ihre Nachbarschaftspolitik wegkommen von "Entweder- Oder- Entscheidungen" und Staaten wie der Ukraine, Moldau oder Georgien die Möglichkeit geben, "näher an die EU heranzurücken und gleichzeitig ordentliche Kontakte mit Russland zu haben".
Insgesamt dient dieses Treffen gewissermaßen als Vorbereitung auf den regulären OSZE-Ministerrat, der am 7. und 8. Dezember in Wien stattfinden wird.
Fortsetzung folgt.
Foto: Kurz mit dem russischen Außenminister © nachrichten.att
Info:
Mauerbach
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