SPD hält an der Enteignung des Normalbürgers fest
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Politisch Mächtige sind dafür bekannt, öffentlich Wasser und heimlich Wein zu trinken.
Der neue Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigt hingegen keine Scheu, seine Absichten zu verbergen. Er ernannte den Deutschland-Chef der US-Großbank Goldman Sachs, Jörg Kukies, zum Staatssekretär. Dieser soll die Arbeitsgebiete Europapolitik und Finanzmarktregulierung leiten und Lösungen finden für Probleme, die von den nach wie vor brodelnden Finanzmärkten hervorgerufen werden. Welcher Art diese Lösungen sein sollen, kann man sich leicht ausmalen.
Der Normalbürger (Frau und Mann), der etwas Geld für größere Anschaffungen oder Notzeiten zurücklegen kann, erhält zurzeit dafür von seiner Bank entweder keine Zinsen oder einen Minimalzins, der die Inflationsrate nicht aufwiegt. Diese schleichende Enteignung verdankt er der Europäischen Zentralbank, die seit 2009 eine Niedrigzinspolitik verfolgt. Damit reagiert diese auf die Bankenkrise des Jahres 2008. Allerdings nicht im Sinn des Durchschnittsverbrauchers. Sondern allein zu Gunsten jener Glücksspieler, die durch ihre Spekulationen ganze Volkswirtschaften entweder an den Rand einer Katastrophe brachten oder einige bereits vollständig dem Elend überantworteten. Neben Griechenland sind das vor allem Italien und Spanien. Nach üblichen Bonitätskriterien dürften letztgenannte pleite sein; Griechenland ist bereits länger insolvent. Doch nennenswerte Teile ihrer Verbindlichkeiten schulden diese Länder internationalen Großbanken wie der US-Bank Goldman Sachs.
Die Entwicklung auf den Finanzmärkten ist nach wie vor als kritisch bis sehr kritisch zu beurteilen. Auch neun Jahre nach dem Crash von 2008 sind die Ursachen längst nicht beseitigt und es kommt der Verdacht auf, dass dies auch nicht beabsichtigt ist. Im Gegenteil: Der vielbeschworene freie Markt, gar die soziale Marktwirtschaft, ist längst außer Kraft gesetzt. Das Spekulationsgewerbe wird künstlich am Leben erhalten. Vor allem durch Gelddrucken und radikale Zinssenkungen. Die typischen Nebenwirkungen für solche die Ausbeutung erhaltende Maßnahmen lassen sich überall nachweisen: Geldentwertung und die Gefahren einer neuen Blasenbildung sind real vorhanden.
Das Geld des normalen Sparers wird in eine völlig deregulierte internationale Wirtschaft gepumpt und es trägt u.a. dazu bei, dass Investoren Luxuswohnungen aus dem immer teureren Boden der Großstädte stampfen, die sich der Sparer, der dazu sein Geld kostenlos zur Verfügung stellte, nie wird leisten können.
Nominell ist die EZB unabhängig und nur der Geldwertstabilität verpflichtet. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Ohne ein Plazet aus Berlin, gegebenenfalls auch aus Paris, dürfte der EZB-Präsident keinen Cent für den Ankauf von Staatsanleihen ausgeben. Und auch das Rezept aus drastischer Zinssenkung, Gelddruck und Flutung der Märkte mit billigem Geld geschieht nicht ohne Billigung der politisch Verantwortlichen. In der Bundesrepublik waren bzw. sind das die Schwarz-Gelbe Koalition (2009 - 2013), die Große Koalition (2013 - 2017) und nunmehr die Neuauflage von Schwarz-Rot. Sie tragen eine erhebliche Mitverantwortung für den Vermögensverlust ihrer Bürger, vor allem der Normalverdiener und Einkommensschwachen.
Es wäre dringend geboten, die Flut des billigen Geldes durch eine moderate, aber spürbare Zinserhöhung einzudämmen. Die Regierungen in Berlin und Paris sowie die EZB würden sich dann jedoch auf einen Kampf mit den mächtigsten Finanzspekulanten einlassen, hinter denen die einflussreichsten Geldhäuser der Welt stehen. Finanzminister Olaf Scholz möchte das anscheinend vermeiden. Er (damals noch Erster Bürgermeister Hamburgs) hat bereits bei der Abwicklung der HSH Nordbank kein Rückgrat gezeigt, als die profitablen Reste dieses Unternehmens an den US-Hedgefond Cerberus geradezu verramscht wurden.
Deswegen ist die Ernennung von Jörg Kukies ein Signal an die Finanzmärkte und es bedeutet nichts anderes, als dass man sich sein politisches Handeln weiterhin von nichtparlamentarischen Kräften aus der Finanzwelt diktieren lassen will. Goldman Sachs verfügt nun über einen Gesinnungsgenossen im Bundesfinanzministerium. Die EZB befindet sich bekanntlich bereits in den Händen eines ehemaligen Goldman Sachs-Manns, nämlich in denen von Maria Draghi. Auch der derzeitige US-Finanzminister Mnuchin stammt aus diesem Geldstall, genauso wie die AfD-Sprecherin Alice Weidel.
Foto:
Die Ständige Vertretung von Goldman Sachs am Sitz von Bundesregierung und EZB
© Medien-RedaktionsGemeinschaft