JORDANIEN in Aufruhr
Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Aus Protest gegen von der Regierung veranlassten wirtschaftlichen Reformmassnahmen gingen am Wochenende zehntausende Jordanier auf die Strasse. Die Wut des Volkes richtet sich gegen drastische Sparmassnahmen.
Sogar Rufe für die Absetzung von Premierminister Hani al-Malichi wurden laut. Hauptstrassen wurden blockiert, Autopneus gingen in Flammen auf, und Sicherheitskräfte hatten alle Hände voll zu tun, um die grössten Demonstrationen im Schach zu halten, die das Land seit vielen Jahre gesehen hat.
Mit einiger Sorge verfolgt Israel die Bemühungen des benachbarten Königreichs, die Zügel nicht aus den Händen gleiten zu lassen. Im Zentrum standen die Forderungen nach einer Annullierung von Steuererhöhungen und Nahrungsmittelpreisen. Diese Massnahmen würden, so die Unzufriedenen, Armut und Not in Jordanien nur noch fördern. Besonders wütend scheinen die Massen darüber zu sein, dass die Regierung Budgetdefizite mit drastischen Massnahmen reduzieren will, die ihrer Meinung nach nur zu Lasten der arbeitenden Klasse gehen würden.
Bereits am Freitagabend hatte König Abdullah II angeordnet, die möglicherweise kontraproduktiven Benzinpreiserhöhungen zu verschieben. Auch sonst versucht der haschemitische Königshof im Dialog mit den Protestierenden, beruhigend zu wirken. Sollten diese Bemühungen erfolglos bleiben, was nicht auszuschliessen ist, wären als nächste Schritte die Bildung einer neuen Regierung oder sogar Parlamentswahlen denkbar. Sucht man nach Gründen für Jordaniens Wirtschaftsprobleme, steht an erster Stelle die verfehlte Politik diverser Regierungen, aber auch die Aufnahme von über einer Million Flüchtlingen aus dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Syrien. Laut jüngsten Berichten aus Amman soll der Monarch seinem Premierminister bereits die Demission nahegelegt haben.
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 4. Juni 2018