Israelischer Wahlkampf: Mit der Partei die «Neuen Rechten» versuchen sie erneut ihr Glück
Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Bildungsminister Naftali Bennett und Justizministerin Ayelet Shaked, die beiden führenden Mitglieder der rechts-nationalen Partei «Das Jüdische Haus» , drohten erst noch kürzlich mit ihrem Austritt aus Netanyahus Koalitionsregierung. Als sie dann «im Interesse der Nation» den Schritt rückgängig machten unter der Bedingung, dass Netanyahu Israel wieder das «Siegen lehren» würde, dachte man, damit sei der Höhepunkt des innenpolitischen Dramas erreicht, und man könne sich wieder dem Alltag widmen.
Am Samstagabend jedoch bewies das Duo, dass dem keinesfalls so ist. Nachdem der Regierungschef vor einer knappen Woche genau diejenigen vorgezogenen Knessetwahlen ausrief, vor denen er noch beim ersten Aufmucken der beiden Rechts-Revoluzzer mit melodramatischen Hinweisen auf die mannigfaltigen Krisen gewarnt hatte, in der Israel stecken würde, zeigten Bennet-Shaked kurz nach Ausgang des Sabbats, was ihrer Meinung nach Sache ist: Sie hoben die «Neue Rechte» aus der Wiege, eine religiös-säkulare nationale Rechtspartei, die sie beide gemeinsam führen wollen.
Aus dem fernen Brasilien, wohin Netanyahu mit Gattin Sara zu der anfangs Woche stattfindenden Inauguration des neuen Staatspräsidenten Bolsonaro geflogen war, warnte er vergeblich vor den «verheerenden Folgen» einer Zersplitterung des israelischen Rechtslagers. Sein Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger, am 9. April ausschliesslich für den Likud zu wählen, wird wohl als billiger Versuch in die Annalen der israelischen Innenpolitik eingehen, Kapital zu schlagen aus der Profilneurose von Konkurrenten wie Bennett und Shaked.
Wer nach überzeugenden Argumenten in der Pressekonferenz von Bennett und Shaked sucht, gelangt rasch zum Schluss, dass im Vordergrund ein nur dürftig übertünchtes Eingestehen des eigenen Misserfolgs steht. «Das Jüdische Haus» sei nicht länger in der Lage, die Politik zu beeinflussen, klagte der Bildungsminister. Die Kritik von innen her dürfte denn wohl auch der Hauptgrund dafür sein, dass Bennett und Shaked im Vorfeld ihres Auftritts vom Samstagabend keinen der Parteikollegen ins Vertrauen über ihr Vorgehen gezogen haben.
«Das Jüdische Haus» wurde 2013 gegründet, ist also noch relativ jung. Ob sie den am Samstagabend eingeleiteten Aderlass unbeschadet überstehen oder in die parlamentarische Bedeutungslosigkeit absinken wird, bleibt ebenso abzuwarten, wie die Erfolgschance der «Neuen Rechten» am 9. April.
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 30. Dezember 2018
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