Bildschirmfoto 2019 01 31 um 23.45.02Korruptionsklage könnte den Ausschlag geben – Kluft Bibi-Gantz fast ganz verschwunden

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die von Benny Gantz in seiner Programmrede vom Dienstag angetönte Möglichkeit, einer Koalition unter Netanyahu nicht beizutreten, sollte dieser effektiv unter Anklage gestellt werden, könnte bedeuten, dass dieser nach den Knessetwahlen vom 9. April im Falle einer Anklageerhebung wegen Korruption effektiv keine Koalition würde bilden können.

Eine Schlüsselfunktion könnte da die Abgeordnete Orli Levi-Abecassis mit ihrer Partei «Gesher» (Brücke) ausüben. Bis jetzt hat sie sich standhaft geweigert, darauf zu antworten, ob sie mit Netanyahu auch dann mitmachen würde, sollte der Premier angeklagt werden. Allerdings sagte die Abgeordnete in einer Rede an der Uni Haifa, sie denke, dass ein Premierminister, der darum kämpft, seine Unschuld vor dem Gericht zu beweisen, seinen Verpflichtungen der Öffentlichkeit gegenüber nicht nachkommen könne.

Laut jüngsten Umfragen würde die Partei von Levi-Abecassis aber nur etwa vier Knessetsitze erringen, oder den Sprung in die Knesset gar nicht schaffen. Gemäss «Haaretz» haben Parteien mit total weiteren 57 Mandaten in dem 120-köpfigen israelischen Parlament definitiv erklärt, nicht an einer von Netanyahu gebildeten Regierung teilhaben zu wollen, sollte der Premier angeklagt werden: Gantz (15 Sitze), Zukunftspartei (11), Arbeitspartei (9), Taal, Vereinigte arabische Liste und Meretz mit je sechs Mandaten und Kulanu (4). Eine TV-Umfrage am Tag nach der Programmrede von Gantz erbrachte jedoch dramatisch erscheinende Resultate.

So würde Gantz 21 bis 24 Sitze ergattern, sollten die Wahlen jetzt stattfinden. Der Likud käme auf 30-31 Mandate. Eine Allianz Gantz-Lapid (Zukunftspartei) würde jedoch mit dem ex-Generalstabschef an der Spitze sensationelle 35 Sitze gewinnen. Dann hat sich laut dieser Umfrage die bisherige Kluft zwischen Netanyahu und Gantz bei der TV-Frage nach dem besten Regierungschef fast total geschlossen: 35 Prozent wären für Gantz und 36 Prozent für Netanyahu. Vor voreiligen Schlüssen sei aber gewarnt: Umfragen haben ihre eigenen Gesetze, und das definitive Verdikt spricht der Wähler am 9. April. Aber spannend könnte es allemal werden.

Foto:
Benny Gantz bei seiner Rede vom Dienstag
© tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 31. Januar 2019