Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Am Mittwochmorgen präsentierte sich kurz vor Redaktionsschluss die innenpolitische Lage in Israel etwa wie folgt: Israels Wahlbevölkerung wird sich auf neue Knessetwahlen am 2. März vorbereiten müssen. Mit diesem dritten Urnengang in weniger als einem Jahr werden die Bürger und Bürgerinnen Israels einen wenig rühmlichen Rekord in der parlamentarischen Geschichte des Landes zu schlagen haben. Die letzten Umfragen vom Dienstagabend deuteten ein nicht unbedingt erwartetes Erstarken von Mitte-Links im Vergleich zur noch herrschen Likud-Partei mit ihrer Rechtskoalition an.
Abzuwarten bleibt, ob sich hier ein echter Trend mit Inhalt abzuzeichnen beginnt oder ob es sich nur um ein heftiges, aber kurzlebiges Aufflackern des Unmuts, um nicht zu sagen der Sättigung des Volkes handelt angesichts des ihm von seiner Prominenz seit Monaten vorgegaukelten Polit-Schabernacks.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Während Premier Netanyahu und Blauweiss-Chef Benny Gantz sich gegenseitig die Schuld für die tatsächlich unhaltbare Situation in die Schuhe schoben und gleichzeitig den Gegner in einem lächerlich anmutenden «letzten Appell» noch aufforderten, alles zu tun, um in den letzten Stunden doch noch eine Regierung der nationalen Einheit auf die Beine zu stellen, hatte die Volksmeinung bereits die Nutzlosigkeit dieses Unterfangens akzeptiert. In der israelischen Innenpolitik sollte man zwar nichts und niemanden hochleben lassen oder ins Pfefferland verdammen, bevor wirklich alles aktenkundig besiegelt und unterschrieben ist. Allerdings würde es einer komödienreifen Parodie gleichkommen, sollte sich die Knesset am späten Mittwochabend in den nötigen drei Abstimmungen nicht selber auflösen und den Weg zu den Neuwahlen vom 2. März 2020 freischaufeln.
Schlüsselrolle für Lieberman
Laut einer TV-Umfrage würde, sollte jetzt gewählt werden, Blauweiss 37 Knessetsitze erringen, während Likud auf 33 zurückfallen würde. Die arabische Gemeinsame Liste bliebe genauso auf ihren 13 Mandaten stehen wie Israel Beiteinu von Avigdor Lieberman auf ihren acht Sitzen. Ex-Verteidigungsminister Lieberman gilt übrigens in der Allgemeinheit immer noch entweder als der verhinderte Königsmacher oder der besessene, zynische Spielverderber, der mit seinem Abseitsstehen die Bildung einer Regierungskoalition ohne dritten Wahlgang verunmöglichte.
Bei den Koalitionsverhandlungen, die es nach dem
2. März notgedrungen geben wird, dürfte Lieberman daher entweder eine Schlüsselrolle spielen oder er wird auf ein vielleicht nur vorübergehendes Nimmerwiedersehen in die politische Wüste geschickt werden. Gemäss der genannten Umfrage wird das Mitte-Links-Lager 60 Mandate umfassen, die Rechte deren 52. Dazwischen, sozusagen im politischen Niemandsland, wären Liebermans unveränderte acht Sitze. Eines war bereits in der Nacht auf Mittwoch sicher: Das abgegriffene Bonmot von Israel, in dem es «keinen langweiligen Moment» gebe, «never a dull moment», wie es in der englischen Originalfassung heisst, darf wieder einmal aus der politischen Mottenkiste hervorgeholt werden.
Nicht zuletzt die Ökonomen des Landes werden schon bald der Bevölkerung und den Parteichefs die Rechnung vor die Nase halten. Dann wird man wissen, ob das ganze Spektakel sich auch wirtschaftlich gelohnt haben wird. Wohl kaum. Das aber haben die Israeli sich dann selber zuzuschreiben, ihrem Unvermögen, den unter der Last der höchstwahrscheinlich auf ihn wartenden Korruptionsprozesse allmählich die Übersicht, aber auch die wichtigen und nötigen Freunde verlierenden Premier Netanyahu dorthin zu verfrachten, wo er nach Ansicht eines immer grösseren Teils des Volkes bei all seinen unleugbaren nationalen Verdiensten schon längstens hingehört: ins politische Nirwana.
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Nicht zuletzt die Ökonomen des Landes werden schon bald der Bevölkerung und den Parteichefs die Rechnung vor die Nase halten. Dann wird man wissen, ob das ganze Spektakel sich auch wirtschaftlich gelohnt haben wird. Wohl kaum. Das aber haben die Israeli sich dann selber zuzuschreiben, ihrem Unvermögen, den unter der Last der höchstwahrscheinlich auf ihn wartenden Korruptionsprozesse allmählich die Übersicht, aber auch die wichtigen und nötigen Freunde verlierenden Premier Netanyahu dorthin zu verfrachten, wo er nach Ansicht eines immer grösseren Teils des Volkes bei all seinen unleugbaren nationalen Verdiensten schon längstens hingehört: ins politische Nirwana.
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