Bildschirmfoto 2020 04 09 um 23.03.42New York City will Virus-Tests produzieren +++ New York City vermeldet über 10’000 Todesopfer

Redaktion tachles

New York (Weltexpresso) - Der LiveTicker+++ berichtet laufend über Entwicklungen rund um das Coronavirus aus der jüdischen Schweiz und darüber hinaus.  

MITTWOCH, 15. April 2020

9.50 Uhr
New York City vermeldet über 10.000 Todesopfer

Am Dienstagnachmittag hat die Stadt New York schockierende, neue Angaben über die Opfer von Covid-19 gemacht: Demnach hat die Pandemie allein im Stadtgebiet über 10.000 Menschenleben gefordert, im Gliedstaat beinahe 15.000. Dies stellt einen Anstieg um 3700 Opfer seit Montag dar. Dahinter steht die Entscheidung der Kommune, nun auch Verstorbene als Opfer von Covid-19 zu zählen, die nicht auf den Virus getestet worden sind. Gleichwohl wiesen diese Patienten Symptome einer Virus-Erkrankung auf und können dank ihrer Krankengeschichte in die Kategorie der Covid-19-Fälle gerechnet werden. New York City weist damit weltweit den höchsten Anteil von Virus-Opfern an der Gesamtbevölkerung auf, liegt also beispielsweise vor Hot Spots in Italien (nytimes).

Die neuen Zahlen sind in mehrfacher Hinsicht von grosser Bedeutung. Zunächst werden Kalkulationen etwa in der «Washington Post» (topnews berichtete) bestätigt, dass die wahren Zahlen in den USA deutlich oder sogar um ein Vielfaches über den nun offiziell auf knapp 30.000 gestiegenen Opfern liegen (link). Dies rührt primär aus einem anhaltenden Mangel an Tests. Brennpunkt der Problematik bleiben auf Profit abgestellte, privatwirtschaftliche Alters- und Pflegeheime, wo das Personal aus Kostengründen bereits unter normalen Umständen vielerorts überlastet ist. Dank enger Wohnverhältnisse breitet sich der Virus in diesen Anstalten besonders schnell aus. Ein aktueller Bericht von «ProPublica» erhärtet diese Vermutung: Demnach hat in den USA die Zahl der Sterbefälle ausserhalb von Spitälern –vorwiegend in Privatwohnungen – seit Beginn der Pandemie deutlich zugenommen (propublica).

Letztlich aber werfen die neuen Zahlen einen Schatten auf die nun voll entbrannte Auseinandersetzung über eine Rückkehr Amerikas zur Normalität. Dabei möchte Donald Trump das Ruder übernehmen, obwohl er im März Gouverneuren und Kommunen gerne die Federführung bei der Virus-Bekämpfung überlassen und die Bundesregierung auf eine Rolle als «Backup» beschränken wollte. Ohne eine massive Ausdehnung von Tests auf den Virus und solche auf Anti-Körper nach einer Infektion ist eine Normalisierung offenkundig nicht zu verantworten. AM

DIENSTAG, 14. April 2020

18.50 Uhr
New York City will Virus-Tests produzieren

Zur Mittagszeit zeichnet sich in New York State bei insgesamt knapp 200.000 Erkrankungen und über 10.000 Toten ein Abflachen der Kurve von Infektionen mit Covid-19 ab. Gleichzeitig werden die politischen Fronten härter. Weniger angewiesen auf Hilfen der Bundesregierung, schlägt Gouverneur Andrew Cuomo härtere Töne gegen den Präsidenten an. Wie hier berichtet, hat Cuomo gestern an der Gründung einer Gruppe von sechs Gliedstaaten im Nordosten partizipiert, die gemeinsam eine Aufhebung der Notstandsmassnahmen koordinieren soll. Nun will auch der republikanische Gouverneur von Massachusetts diesem Pakt demokratisch geführter Gliedstaaten beitreten. Trump will dagegen den Gliedstaaten vorschreiben, wie diese zur Normalität zurückkehren. Cuomo sagte Dienstagmorgen dazu, er könne Trumps Behauptung, als Präsident über «totale Vollmachten» zu verfügen, nicht nachvollziehen: «Wir haben eine Verfassung. Und die gründet auf Gewalten-Teilung». Cuomo sagte zudem, er werde Anweisungen Trumps keine Folge leisten, wenn er selbst diese für verfehlt und riskant hält. Der Präsident sei gut beraten, sich nicht wie ein Diktator aufzuführen. Bürgermeister Bill de Blasio hat derweil bekannt gegeben, dass New York City fortan in eigener Regie monatlich 400.000 Tests auf Covid-19 herstellen lässt. Ein Teil wird ab kommender Woche von einem Unternehmen in Indiana geliefert. Ab Mai sollen Firmen und Labore in der City wöchentlich 50.000 Test-Geräte produzieren. Auch diese Nachricht dokumentiert das Fehlen einer nationalen Strategie bei der Bekämpfung von Covid-19 einschliesslich einer Rückkehr zu normalen Lebensverhältnissen in den USA (nytimes). AM


18.45 Uhr
Trump-Regierung lockert Russ-Emissionen

Die US-Umweltbehörde EPA hat am Dienstag eine seit Monaten geplante Verschärfung der Auflagen bei der Emission von Russ abgesagt. Als Begründung gab die Behörde an, die 2012 eingeführten, derzeitigen Limits seien ausreichend. Öl-Konzerne und Industrie-Unternehmen begrüssen die Stornierung neuer Regelungen. Bei Gesundheits-Experten löst die Massnahme jedoch harte Kritik aus: Laut einer neuen Studie der Harvard University erhöht eine starke Verschmutzung der Luft mit feinen Russ-Partikeln das Sterberisiko bei einer Erkrankung mit Covid-19 um 15 Prozent. Dabei habe die Russ-Verschmutzung in den USA bereits vor der Virus-Pandemie jährlich rund 45.000 Menschenleben gefordert (nytimes). AM


18.40 Uhr
Amerikas Post vor dem Aus?

Die Virus-Pandemie zeigt in den USA komplexe Folgen. Nun scheint davon eine der ältesten, nationalen Institutionen existentiell bedroht: Der «United States Postal Service» (USPS). Eingezwängt zwischen der Verpflichtung zur Bedienung noch der obskursten Adresse im Hinterland, der Konkurrenz kommerzieller Dienstleister wie Fedex und UPS, sowie der epochalen Verlegung der Kommunikation in digitale Sphären, driftet die amerikanische Post immer tiefer in eine Krise. Seit der Jahrtausendwende ist der Brief- und Päckchen-Verkehr um die Hälfte auf 57 Milliarden Sendungen kollabiert.

Konservative blockierten staatliche Sanierungsmassnahmen und drängen stattdessen auf die vollständige Privatisierung des Brief- und Paketverkehrs. Nun bringt Covid-19 den USPS an den Abgrund: Die Post-Chefin Megan Brennan erwartet aufgrund deutlich zurückgehenden Volumens bis Ende 2021 Verluste von 22 Milliarden Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Aufkommen an Postsendungen bereits um ein Drittel eingebrochen und der USPS erwartet weitere Rückgänge. Dies nach Verlusten von knapp 80 Milliarden Dollar seit der grossen Rezession 2008. Dazu kommen ungedeckte Pensions-Verpflichtungen für die 600.000 gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter von derzeit 140 Milliarden Dollar. Diese erfüllen weiter ihre Pflicht, obwohl ihr Job riskant ist: Dutzende Angestellte sind erkrankt und lange war die Verwaltung unfähig, Briefträger oder Sortierer mit Gesichtsmasken und Handschuhen auszurüsten (nytimes).

Post-Chefin fordert nun 13 Milliarden Dollar als staatliche Soforthilfe und einen Schuldenerlass von 11 Milliarden Dollar. Doch obwohl Republikaner im Senat das Begehren im Rahmen einer nächsten Runde von Notmassnahmen unterstützen, lehnt das Weisse Haus dies ab. Donald Trump ist der USPS ein Dorn im Auge. Der Präsident wirft der Post Paketlieferungen für Amazon unter Selbstkosten vor. Damit begünstige die staatliche Institution den Amazon-Gründer Jeff Bezos, den Trump als Feind betrachtet. Schliesslich ist Bezos auch Eigentümer der von Trump als «Fake News» diffamierten «Washington Post». Der nationale Notstand hat an dieser Haltung des Präsidenten offenkundig nichts geändert. Im Gegenteil: Trump scheint Covid-19 nutzen zu wollen, um reale oder auch imaginäre Gegner zu schädigen (washingtonpost). AM

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Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 15. April 2020