Bildschirmfoto 2020 04 18 um 21.54.18Präsident Rivlin setzt 4. August als nächsten Wahltermin

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Versuche von Premier Netanyahu, Likud, und seinem Gegner/Partner Benny Gantz von Blauweiß, sind nach dem nächtlichen Leerlauf in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag – resultatlose Marathonsitzungen der Verhandlungspartner -  augenscheinlich endgültig gescheitert. Dieser Meinung ist zumindest Staatspräsident Reuven Rivlin. Jedenfalls erteilte er unter klarer Auslassung Netanyahus der Knesset den Auftrag zur Regierungsbildung.

Laut Gesetz muss in der jetzigen Lage ein Knessetabgeordneter mindestens 61 der 120 Stimmen der Abgeordneten auf sich vereinen können, die sich schriftlich verpflichten, eine gewisse Person bei der Regierungsbildung zu unterstützen. Das muss innert drei Wochen geschehen, will heissen bis zum 7. Mai. Geschieht dies nicht, würde die 23. Knesset sich an diesem Tag auflösen, und Israel wird zum vierten Male innert einem Jahr gebeten werden, eine Knesset zu wählen. Präsident Rivlin hat für diesen Fall mit dem 4. August auch schon einen Termin bestimmt. Damit wäre eine Wahlkampagne von drei Monaten gegeben. Auch wenn offiziell in der Nacht auf den Freitag in dieser Richtung zunächst nichts eindeutiges bekannt geworden ist, scheint zunächst seitens von Blauweiß und Likud noch nichts fixiert zu sein, im Gegenteil: Kenner des Chaos wollten wissen, dass man effektiv einem Durchbruch auch nach achtstündigen resultatlosen Verhandlungen vom Donnerstag noch nie so nahe gewesen sei.

Laut einer gemeinsamen Verlautbarung wollen Likud und Blauweiß die Verhandlungen am Freitag fortsetzen. Blauweiß setzte den Likud gleichzeitig aber gewaltig unter Druck, ließ die Partei doch durchblicken, dass man die Gesetzgebung vorantreiben wolle, die Netanyahu im Hinblick auf seine hängigen Gerichtsfälle verhindern würde, als Premierminister zu dienen. Als «letzten Termin» nannte Blauweiß ultimativ den Montag.

Benny Gantz, der sichtlich die Geduld zu verlieren schien, ist ja amtierender Knessetsprecher, und als solcher kann er das Parlament, was für die Verabschiedung des Gesetzes nötig ist, anfangs Woche aktivieren. Blauweiß protestierte dagegen, dass der Likud offenbar eine Gesetzgebung anstrebt, welche gleichbedeutend wäre mit einer Immunität vor gerichtlicher Verfolgung für Netanyahu. Das wäre dann wichtig, wenn Netanyahus Rotationsperiode nach anderthalb Jahren endet und der Likud-Chef, was eigentlich abgemacht ist, Vize-Premier würde. Als solcher wäre er dann ein regulärer Minister, der laut geltendem israelischen Gesetz verpflichtet wäre, zurückzutreten, wenn er unter Anklage steht (was für Netanyahu ja der Fall wäre). An der offensichtlichen Forderung des Likuds, dies gesetzlich zu verhindern, scheiden sich verständlicherweise die Geister, was ebenso logisch die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit bis in die frühen Morgenstunden des Freitags noch verhindert hat.

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Völliges politisches Chaos
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