Redaktion tachles
Tel Aviv (Weltexpresso) - Der LiveTicker von tachles berichtet laufend über Entwicklungen rund um das Coronavirus .
Behörden-Sprecher hat antisemitische Propaganda verbreitet
FREITAG, 24. April 2020
21.20 Uhr
Wie bereits vermeldet, hat CNN am Donnerstag rassistische Hass-Propaganda auf dem Twitter-Konto des langjährigen Trump-Getreuen Michael Caputo publik gemacht. Der Republikaner aus New York wurde unlängst zum Sprecher des Gesundheitsministeriums berufen und hatte daraufhin sein Twitter-Konto gelöscht. Unter den Einträgen sind neben Attacken auf Chinesen auch antisemitische Verschwörungstheorien zu finden. So reagierte Caputo am 17. März auf eine Trump-kritische Botschaft des Ökonomen, Rothschild sei ein «Ergebnis von Inzucht und ein elitärer Schließmuskel, dessen Familie nach Kontrolle giert. Das ist ein Grund, weshalb er ständig über Präsident Trump liegt.» Rothschild ist allerdings nicht mit der berühmten Bankiers-Dynastie verwandet, die seit Jahrhunderten im Zentrum antisemitischer Verschwörungstheorien steht. So ist es nicht verwunderlich, dass Caputo auch den aktuellen Favoriten von Hass-Propagandisten denunziert hat. Am 15. März hat er getweetet, George Soros «BRAUCHT eine Pandemie für seine politische Agenda». Am 27. März folgte ein Foto von Soros mit der Unterschrift: «Der wahre Virus hinter allem» mitsamt einem Totenknopf und gekreuzten Knochen (forward).
Caputo streitet die Tweets nicht ab und erklärte CNN, deren Publikation sei ihm völlig gleichgültig (cnn). Das Weiße Haus hat dazu anhin keine Position bezogen. AM
21.15 Uhr
Positive Nachrichten aus New York
In den USA wurden bis Freitagnachmittag rund 900.000 Fälle von Covid-19 registriert. Offiziell forderte die Pandemie nun über 50.000 Menschenleben. New York bleibt dabei ein Zentrum. Doch wie Gouverneur Andrew Cuomo am Mittag erklärte, sanken die Todeszahlen seit Donnerstag erneut deutlich auf 422, den niedrigsten Stand seit Anfang April. Im gesamten Gliedstaat hat der Virus bei über 270.000 Fällen rund 21.000 Menschenleben gefordert, davon drei Viertel in New York City (link). Cuomo war zudem über den anhaltenden Rückgang von Covid-Patienten in Spitälern um 3000 seit dem letzten Freitag erleichtert. Allerdings verzeichnet der Gliedstaat weiterhin 6000 neue Fälle täglich, was nicht zuletzt auf die Expansion von Virus-Tests zurückgeht (nytimes). AM
16.15 Uhr
Tally Weijl vor dem Aus
Die Schweizer Modekette Tally Weijl musste aufgrund der Corona-Krise europaweit ihre Filialen schliessen. Nun benötigt das Unternehmen mit Sitz in Basel einen Kredit in der Höhe von 25.7 Millionen Franken, um den Lockdown zu überstehen. Das Unternehmen hofft, die Unterstützung der Banken für die beim Bund beantragten Covid-19-Kredite zu erhalten. Trotz der weitgehenden Kreditgarantien der Gründer und Hauptaktionäre Tally Elfassi-Weijl und Beat Grüring hat das Unternehmen noch keinen Kreditgeber gefunden. Von Italien erhält das Unternehmen 700000 Euro Unterstützung, die französische Regierung sprach 2 Millionen Euro. Die Modekette versucht ihre Abhängigkeit vom stationären Handel mit einem 2018 gestarteten Transformation zu verringern und möchte sich stärker auf den Online-Handel konzentrieren. Für einen Teil der Kosten von 60 Millionen Franken war das Unternehmen 2019 auf der Suche nach Investoren. Tally Weijl beschäftigt weltweit rund 2700 Mitarbeiter, davon 620 in der Schweiz. SD
14.00 Uhr
Lockerungsbeschlüsse der Regierung
Am Freitagmorgen einigte die israelische Regierung im Verlaufe einer Telefonkonferenz auf diverse Lockerungsbeschlüsse, die vor allem den Klein- und Mittelbetrieben entgegenkommen sollen. So sollen Coiffeur- und Schönheitssalons wieder arbeiten dürfen, während Restaurants und Cafés, sowie die Betriebe in Einkaufszentren ohne direkte Verbindung zu den Strassen noch auf das «grüne Licht» warten müssen, ausgenommen für Pickup- und Take-away-Betriebe. Mit zur flexibleren Haltung der Regierung hat auch die Angst davor beigetragen, dass bei anhaltendem Arbeitsverbot diverse Betriebe «schwarz» arbeiten und sich dadurch der staatlichen Aufsicht natürlich entziehen würden. Zu den Geschäften, die Gnade vor der Obrigkeit gefunden haben, zählen laut Medienberichten auch Blumenläden, Schmuckgeschäfte und Geldwechsler. Die Regierung Netanyahu fällte ihre Beschlüsse vor dem Hintergrund des weiterhin aktiven Coronavirus. So stieg am Freitag bis Mittag die Zahl der Todesopfer auf 193, und 14882 Krankheitsfälle wurden registriert. Am Freitag befanden sich 139 Patienten in schlechtem Zustand. 107 von ihnen mussten intubiert werden. Total 5685 Patienten konnten die Krankenhäuser als geheilt verlassen. – Zu Beginn der Regierungssitzung wurden weitere 8 Milliarden Schekel als Finanzhilfe für Kleinbetriebe und Selbständigerwerbende bewilligt. Für Geschäfte mit einem Maximalumsatz von 20 Millionen Schekel, die in den Monaten März und April «wesentlichen Schaden» wegen des Coronavirus erlitten haben, wurde eine Soforthilfe von total 5,2 Milliarden Schekel bereitgestellt. – Die Arbeitslosenrate in Israel liegt heute bei über 27 Prozent; rund 1,1 Millionen Erwerbstätige sind derzeit ohne Arbeit. Die Wiederaufnahme der Arbeit in den offenen Märkten, wie Carmel in Tel Aviv und Machane Jehuda in Jerusalem, ist gegenwärtig noch Gegenstand von Untersuchungen. JU
10.45 Uhr
Gouverneur von Ohio verurteilt antisemitische Zeichen und Kommentare
In einer Reihe von Tweets hat Mike DeWine Mittwochnacht Äusserungen eines republikanischen Senators im Parlament von Ohio, sowie ein antisemitisches Plakat an einer Demonstration für die Aufhebung von Ausgangssperren hart verurteilt (twitter). Gouverneur DeWine ist ebenfalls Republikaner, orientiert sich bei Covid-19 jedoch im Gegensatz zu Donald Trump und konservativen Agitatoren an Wissenschaft und Vernunft.
Staatssenator Andrew Brenner hatte auf Facebook einen Kommentar seiner Frau unterstützt, die der Gesundheitsministerin Amy Acton, mit Hitler-Deutschland vergleichbare Massnahmen vorgeworfen hatte. Acton ist jüdisch und hatte Unterstützung für Ausweise signalisiert, die an Bürger vergeben werden könnten, die auf Covid-19 immun getestet worden sind. Brenners Frau postete dazu, dies gleiche einem Sonderstatus wie für Menschen mit blauen Augen und Blondhaar unter dem Nazi-Regime. Der Senator reagierte: «So etwas werden wir in Ohio nicht zulassen.» Brenner hat sich anschliessend bei Acton entschuldigt, sagte aber, seine Worte seien von Medien verdreht worden.
Vergangene Woche waren an Demonstrationen für eine rasche Aufhebung der Ausgangssperren in Ohio gedruckte Plakate mit der Aufschrift «The Real Plague» (die wahre Seuche) und einer Ratte mit Davidstern zu sehen (link). DeWine hat dies ebenfalls als abstossend und übel verurteilt (wahsingtonpost)
10.35 Uhr
Rabbi Yeshayahu Haber gestorben
Am Donnerstagabend ist im Jerusalemer Krankenhaus Hadassah En Karem Rabbi Yehoshua Haber gestorben, der ultra-orthodoxe Gründer der NGO «Matnat Chaim» (Geschenk des Lebens). Haber verstarb im Alter von nur 55 Jahren, nachdem er vor einer Woche positiv mit Covid-19 diagnostiziert worden war. Mit dem Hinschied des Rabbis erhöhte sich die Zahl der Todesfälle in Israel auf 193. In den letzten zehn Jahren war Haber zu einem allseits beliebten Verfechter der Nierenspenden von lebenden Personen geworden: Menschen, die eine ihrer Nieren einem unbekannten Empfänger überlassen, der an Nierenkrankheiten und –versagen gelitten hat. Durch seine Organisation konnte rund 800 Familien geholfen werden. Zwischen der Organisation Habers und dem Hadassah-Krankenhaus hatte sich im Laufe der Jahre eine sehr enge Beziehung entwickelt. Viele lebensrettende Transplantationen konnten in dem medizinischen Zentrum mit Hilfe der Organisation durchgeführt werden. «Ich selber habe ein Nierentransplantat erhalten, und Rabbi Haber hat mein Leben gerettet. Heute Abend fühle ich mich wie ein Waisenkind», sagte Rabbi Moshe Klein, Rabbiner des Hadassah Medical Centers auf dem Scopusberg. «Die Ärzte kämpften bis zuletzt um sein Leben. Er machte nie einen Unterschied zwischen einem Menschen und dem anderen». – Auch Regierungschef Netanyahu, Gesundheitsminister Yaakov Litzman (man munkelt über seinen bevorstehenden Rücktritt) und Arie Deri, Chef der sefardisch-religiösen Shas-Partei, veröffentlichten Beileidsbotschaften. JU
10.30 Uhr
Amerikaner verlieren das Vertrauen in Trump
Laut einer neuen Umfrage der Nachrichtenagentur AP haben nur 23 Prozent der Amerikaner ein hohes Maß an Vertrauen in die Aussagen ihres Präsidenten zu Covid-19. Weitere 21 Prozent trauen Trump immerhin ein Stück weit über den Weg. Doch selbst ein Fünftel der Republikaner schenkt ihm keinen Glauben. Und so schizophren dies auch klingen mag: Trump findet trotzdem bei 82 Prozent der Konservativen weiterhin Beifall für sein Agieren in der Pandemie (apnews). Zum Thema Glaubwürdigkeit passt eine Enthüllung von CNN. Der Sender hat rassistische Hass-Propaganda auf dem Twitter-Konto des langjährigen Trump-Getreuen Michael Caputo ausgegraben. Der Republikaner aus New York wurde unlängst zum Sprecher des Gesundheitsministeriums berufen und hatte daraufhin sein Twitter-Konto gelöscht. Wie CNN herausfand, hatte Caputo noch im März übelste Propaganda über China verbreitet: Millionen Chinesen würden « tollwütigen Fledermäusen das Blut als Appetithappen aussaugen und die Ärsche von Ameisenbären essen». Daneben warf Caputo den Demokraten vor, die Virus-Gefahr hochzuspielen und so Donald Trump durch einen Börsencrash um seine Wiederwahl zu bringen. Darauf angesprochen, stritt Caputo die Tweets nicht ab und erklärte, deren Publikation sei ihm völlig gleichgültig (cnn). AM
10.25 Uhr
Trump-Unterstützer sahnen bei Virus-Stützen ab
Der US-Kongress hat gestern Donnerstag ein zweites Stabilisierungs-Paket für die US-Wirtschaft über 484 Milliarden Dollar geschnürt. Wichtigster Teil sind 320 Milliarden Dollar an Krediten für Selbstständige und Kleinunternehmen, die bei einer Verwendung als Lohnzahlungen und für sonstige Betriebskosten nicht zurückgezahlt werden müssen. Ein erster Notfonds von knapp 350 Milliarden Dollar von Anfang April wurde binnen Tagen ausgeschöpft. Dabei wird immer offensichtlicher, dass die mit der Verteilung der Mittel betrauten Banken wichtige Kunden bevorzugt haben. Dabei handelt es sich um Großkunden wie Kohlegruben oder Restaurant-Ketten, die kaum als Kleinunternehmen definiert werden können.
Wie «Bloomberg News» vermeldet, kamen auch Spender für Donald Trump in den Genuß der Geschenke aus Washington. So erhielt der in Dallas lebende Hotelunternehmer Monty Bennett insgesamt 59 Millionen Dollar für seine Unternehmen, die Nobelherbergen wie das Ritz-Carlton auf der Karibikinsel St. Thomas betreiben. Bennett hat Trump allein in den letzten sechs Monaten 150.000 Dollar gespendet und 2016 prominente Republikaner wie den Senator Lindsey Graham unterstützt. Daneben hat Gordon Sondland einen Millionenkredit für seine Kette «Provenance Hotels» erhalten. Sondland war 2016 ein wichtiger Trump-Spender und wurde dafür mit dem Posten des EU-Botschafters belohnt. Als solcher wurde er 2018-19 in die Ukraine-Affäre verwickelt und fiel bei dem Präsidenten in Ungnade. Dem Bericht zufolge haben die Unternehmen jedoch völlig legal gehandelt, da Lobbyisten bei Republikanern wie dem Senator Marco Rubio erfolgreich für Sonderklauseln für die Branche geworben haben (bloomberg). AM
Foto:
© tachles
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 24. April 2020
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 24. April 2020