cor krefeld.deAus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 31

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - 75 Jahre Kriegsende – heute ist ein überaus wichtiger Tag für unser Land. Entsprechend wollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eigentlich heute in Berlin einen Staatsakt abhalten. Wegen Corona konnten stattdessen nur stark eingeschränkte Feierlichkeiten stattfinden, bei denen weder Publikum noch internationale Gäste zugegen waren.

Daher ließ Steinmeier nur in seiner Rede anklingen, wer eigentlich erwartet worden war: Vertreter der Alliierten, Zeitzeugen und Jugendliche. „Nun zwingt uns die Corona-Pandemie, allein zu gedenken“, sagte der Bundespräsident und appellierte: „Nutzen wir doch die Stille. Halten wir inne.“

Eigentlich hatten die meisten Bürger, Unternehmen und Vereine wohl gehofft, diese Stille-Phase langsam hinter sich zu haben – die wirtschaftliche Lage ist mies, aber endlich stehen Lockerungen an. Nur haben die ersten Städte und Landkreise die Neuinfektionsgrenze, ab der Beschränkungen wieder greifen sollen, bereits wieder gerissen.

Das Statistische Bundesamt nimmt währenddessen mit neuen Zahlen Corona-Skeptikern den Wind aus den Segeln, und China zeigt sich aufgeschlossen gegenüber einer Untersuchung zur Herkunft des Virus.

Was sonst noch in Europa und der Welt passiert ist, haben wir wieder für Sie zusammengefasst. 
 

Die Lage in Deutschland

Ein Argument von Corona-Skeptikern war in den vergangenen Wochen häufig zu hören: Dass es in Deutschland im Vergleich zu anderen Jahren keine Übersterblichkeit gebe, das Coronavirus also doch nur so schlimm wie eine gewöhnliche Grippe sei.

Dieser Behauptung widerspricht nun das Statistische Bundesamt. Die Sterbezahlen in Deutschland liegen der Behörde zufolge seit Ende März über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Die Entwicklung sei auffällig, weil die Sterbefallzahlen in dieser Jahreszeit üblicherweise wegen der ausklingenden Grippewelle von Woche zu Woche abnähmen. Dies deute daher auf einen Zusammenhang mit dem Coronavirus hin. In der Woche vom 6. bis 12. April beispielsweise habe die Sterbezahl mit knapp 2000 Fällen elf Prozent über dem vierjährigen Durchschnitt gelegen.

Die vor der Zustimmung zu den Lockerungsplänen von der Bundesregierung gestellte Bedingung, ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche müssten wieder Beschränkungen eingeführt werden, dürfte bald in den ersten Gegenden schon wieder für härtere Maßnahmen sorgen.

Dem besonders vom Coronavirus betroffenen Kreis Coesfeld blüht das in Nordrhein-Westfalen nun als erstem – die geplanten Lockerungen werden bis auf die Öffnungen von Schulen und Kindertagesstätten um eine Woche auf den 18. Mai verschoben. Nach Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) war der Grenzwert überschritten worden. Er lag am Freitag (Stand: 0 Uhr) bei 52,7. Das Virus hatte sich zuletzt vor allem in dem fleischverarbeitenden Betrieb Westfleisch in Coesfeld ausgebreitet, der daraufhin vorerst geschlossen wurde. Dort gab es allein am Donnerstag 129 gemeldete Infektionen.

Ähnlich wie Coesfeld geht es dem Landkreis Greiz in Thüringen. Greiz registrierte nach Daten des RKI (Stand: 0 Uhr) 80,5 Infektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Und auch der Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein liegt mit 87 bestätigten Neuinfektionen über der Grenze. Das geht aus Angaben des Kreises vom Freitag hervor. Der Grenzwert für den Kreis mit 131.000 Einwohnern liege bei 66 Neuinfektionen.

Auch für die Exportwirtschaft hat das Bundesamt unerfreuliche Zahlen parat. Deutschlands Exporteure haben den Beginn der Krise im März mit voller Wucht zu spüren bekommen. Die Ausfuhren brachen gegenüber dem Vormonat um 11,8 Prozent in einem bislang nicht gemessenen Ausmaß ein, wie die Behörde am Freitag mitteilte.

„Die Corona-Krise beginnt im Außenhandel beispiellose Spuren zu hinterlassen“, sagte Holger Bingmann, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. Für die kommenden Monate rechnen Außenhandelsverband und Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mit noch stärkeren Rückgängen.


Die Lage in Europa

Der deutsche Europa-Abgeordnete Daniel Caspary fordert ein Ende der scharfen Grenzkontrollen, die zu Beginn der Corona-Pandemie eingeführt worden waren. Anfangs sei es durchaus sinnvoll gewesen, ein Hochinfektionsgebiet wie das französische Elsass von Baden abzutrennen, wo es nur wenige Ansteckungen gegeben habe, sagt der CDU-Politiker aus dem grenznahen Karlsruhe dem Deutschlandfunk.

Inzwischen aber seien sowohl die Infektionszahlen als auch die Gegenmaßnahmen der europäischen Staaten vergleichbar. „Wir müssen wegkommen von diesen Grenzkontrollen, die am Anfang wirklich teilweise Sinn gemacht haben (...), aber die jetzt einfach überflüssig sind.“ Caspary ist Vorsitzender der deutschen CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament.

In Dänemark dürfen Museen, Freizeitparks und Kinos ab dem 8. Juni wieder öffnen. Dies teilte die Regierung nach einer Einigung mit dem Parlament über den weiteren Umgang mit der Pandemie mit. Zudem werde die Zahl der Menschen, die sich in der Öffentlichkeit treffen dürfen, von zehn auf 30 bis 50 erhöht. Die neuen Lockerungen würden allerdings nur dann in Kraft treten, wenn sich die Zahl der Infizierten und Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern nicht stärker als erwartet erhöhe. Nachtclubs, Discos und Fitnessstudios sollen voraussichtlich noch bis August geschlossen bleiben.

In Spanien stieg die Zahl der Toten in Verbindung mit einer Coronavirus-Infektion um 229, wie das Gesundheitsministerium in Madrid mitteilte. Am Vortag waren 213 Tote gemeldet worden – noch vor einigen Wochen hatte es allerdings rund 900 Tote am Tag gegeben.


Die Lage in der Welt

China ist nach den Worten seines Botschafters in Berlin, Wu Ken, offen für eine internationale Untersuchung der Herkunft des Coronavirus. „Wir unterstützen den Forschungsaustausch unter Wissenschaftlern“, sagte Wu dem „Spiegel“.

Chinesische und US-Wissenschaftler arbeiteten bereits gemeinsam an Projekten zur Rückverfolgung des Virus. „Aber wir lehnen es ab, wenn China ohne Beweis auf die Anklagebank gesetzt, schon im Voraus seine Schuld unterstellt und dann durch sogenannte internationale Untersuchungen nach Beweisen gesucht wird.“ Wu wehrte sich gegen Vorwürfe, China habe den Ausbruch der Epidemie zunächst vertuscht, gestand aber Kommunikationsmängel ein. Zuletzt hatten Kommentare aus der amerikanischen Regierung für Ärger gesorgt, eine chinesische Regierungssprecherin hatte US-Außenminister Mike Pompeo gar offen der Lüge bezichtigt.

Es gibt aber auch gute Nachrichten zum chinesisch-amerikanischen Verhältnis. Unterhändler der USA und Chinas haben bei einem Telefonat die Schaffung günstiger Bedingungen für die Umsetzung ihrer Handelsvereinbarung zugesagt. Dies berichtete die staatliche chinesische Agentur Xinhua am Freitag. Das Telefonat folgte auf eine Drohung von US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Tagen, sich aus der Vereinbarung zurückzuziehen, falls China nicht wie zugesagt im Gegenzug für die Aussetzung geplanter Zollerhöhungen mehr US-Güter kauft.

In den Staaten selbst hat die Zahl der Toten in Verbindung mit dem Coronavirus nach den Zahlen der Johns Hopkins Universität nun die Marke von 75.000 überschritten. In dem Land gibt es inzwischen mehr als 1,25 Millionen bestätigte Infektionen – mehr, als in den danach am schwersten betroffenen Ländern Spanien, Italien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland zusammen. Ein Vorhersage-Modell der Universität von Washington, das vom Weißen Haus oft herangezogen wird, hatte seine Prognose zur Totenzahl in den USA am Montag auf mehr als 134.000 bis zum 4. August verdoppelt.

Australien will unterdessen die Abstandsregelungen in einem dreistufigen Verfahren bis Juli aufheben. Da es täglich inzwischen weniger als 20 Neuinfektionen gebe, hätten sich die Bundesstaaten auf einen Fahrplan geeinigt, sagt Ministerpräsident Scott Morrison. Er überließ den Bundesstaaten, ab wann sie mit der Umsetzung der einzelnen Phasen, die etwa vier Wochen liefen, beginnen. Queensland und Südaustralien wollen ab Montag starten, bevölkerungsreichere Staaten wollen noch ein paar Tage warten.


Die Lage an den Börsen

Am deutschen Aktienmarkt sind die Anleger am Freitag zuversichtlich geblieben. Der sehr schwache US-Arbeitsmarktbericht für April beeinflusste die Kurse kaum, zumal die Daten des privaten Arbeitsmarktdienstleisters ADP bereits zuvor Schlimmes hatten ahnen lassen. Der Dax schloss 1,35 Prozent höher bei 10.904,48 Punkten, womit sich für den deutschen Leitindex im Wochenverlauf ein Plus von 0,39 Prozent ergibt.

Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es am Freitag um 0,94 Prozent auf 23.965,21 Punkte nach oben. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt in den Vereinigten Staaten ist wegen der Coronavirus-Pandemie so verheerend wie seit Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. Dennoch fokussierten sich die Anleger vor allem weiter auf die Bekräftigung der beiden weltgrößten Volkswirtschaften USA und China, trotz der Spannungen über den Auslöser der Pandemie an den Teilvereinbarungen im Handelskrieg festhalten wollen. Zudem nimmt „das weltweite große Wiedereröffnen Gestalt an“, wie Analyst Stephen Innes vom Broker Axicorp schrieb.

Und was Hoffnung macht ...

Haben wir das Schlimmste bereits hinter uns? Der Hygiene- und Infektionsexperte Professor Klaus-Dieter Zastrow ist davon überzeugt – er glaubt nicht daran, dass es die vielerorts befürchtete zweite Infektionswelle geben wird: "Wenn 70 Prozent der Bevölkerung sich an diese Regeln halten, dann kann nichts mehr passieren." Im WELT-Interview erklärt er ausführlich, warum es aus seiner Sicht keine zweite Welle geben wird.

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