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WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Das sonnige Pfingst-Wochenende lockte viele Bürger ins Freie. Für besonderes Aufsehen sorgte dabei eine aus dem Ruder gelaufene Schlauchboot-Demo in Berlin. Um auf die finanziellen Probleme der Berliner Clubszene aufmerksam zu machen, trafen sich zwischen 1500 und 3000 Menschen auf der Spree in Kreuzberg - und feierten dabei eine große Techno-Party. Die Gesundheitssenatorin der Stadt zeigte sich "entsetzt". Doch wie gefährlich war diese befremdlich wirkende Szenerie im Freien tatsächlich?

Die Reproduktionszahl des Coronavirus in Deutschland, kurz R-Wert, ist nach aktuellsten Angaben des Robert Koch-Instituts auf 1,20 angestiegen. Das hängt unter anderem mit einem Corona-Ausbruch in Göttingen zusammen. Dort hatte eine Shisha-Bar unerlaubterweise geöffnet - in Kombination mit mehreren Familienfeiern haben sich mindestens 68 Menschen in diesem Cluster mit Sars-CoV-2 angesteckt. Der Ausbruch hat auch direkte Folgen für diverse Schulen in der Stadt.

Was sonst über Pfingsten in Europa und der Welt passiert ist, haben wir für Sie zusammengefasst.  

 

Die Lage in Deutschland

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hat die Schlauchboot-Demonstration der städtischen Clubszene scharf kritisiert. "Party und Pandemie passt überhaupt nicht“, teilte die SPD-Politikerin mit. Die Polizei stellte diverse Verstöße gegen die Abstandsregeln fest. In sozialen Netzwerken war entsetzt die Rede davon, dass die Teilnehmer mit ihrem Verhalten einen neuen Corona-Ausbruch und erneuten Lockdown riskieren würden. Bei aller Geschmacklosigkeit der Demo ist aber auch festzustellen: Die Ansteckungsgefahr im Freien ist laut aktueller Studienlage bei sonnig-warmem Wetter gering. Auch ähnlich kritisierte Demonstrationen wie jene vom 1. Mai oder die bundesweiten Proteste gegen die Corona-Maßnahmen haben bislang für kein besonderes Ansteckungsgeschehen gesorgt.

Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery ist dennoch besorgt: „Die Bootsparty birgt das Potenzial, zum nächsten Superspreader-Event zu werden. Wenn sich eine Vielzahl von Menschen näher kommt, in freudigster und womöglich alkoholisierter Stimmung, mit Gesängen und Ähnlichem, dann ist das für das Virus ein gefundenes Fressen“, so Montgomery in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Man könne nur hoffen, "dass es gut gegangen ist und der Wind die Aerosole verweht hat“.

Weniger glimpflich verlief das Geschehen in der Shisha-Bar und bei Feiern in Göttingen. Familienverbände aus weiten Teilen Niedersachsens und aus Nordrhein-Westfalen hatten sich vor einer Woche getroffen. Über 300 Menschen müssen sich nach aktuellem Stand in strenge Quarantäne begeben, darunter Dutzende Kinder und Jugendliche. Viele der Betroffenen leben in einem Hochhauskomplex, dem Iduna-Zentrum. Der Krisenstab der Landesregierung hat Quarantäne-Brechern in Göttingen mit einer Einweisung gedroht. Wer sich nicht an eine Quarantäne-Auflage halte, begehe eine Straftat und könne vom Gericht in eine geschlossene Einrichtung überstellt werden, sagte die stellvertretende Leiterin des Krisenstabs, Claudia Schröder. Weil Dutzende mögliche Betroffene in Göttingen über das Pfingst-Wochenende zunächst nicht freiwillig zu einem Test erschienen seien, sei das Gesundheitsamt mit Unterstützung der Polizei bei den Menschen vorstellig geworden. „Das läuft jetzt auch“, meinte Schröder zum Erfolg des „robusten Zugehens“ auf die Betroffenen.

Insgesamt verharrt die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) zuletzt 213 Corona-Infektionen binnen eines Tages gemeldet.


Die Lage in Europa

In Europa hat sich der Schwerpunkt der Coronavirus-Pandemie der Weltgesundheitsorganisation zufolge mittlerweile in den Osten verlagert. Gegenwärtig gebe es in Westeuropa einen stetigen Rückgang der Infektionszahlen, während in Russland und Osteuropa immer noch ein Anstieg verzeichnet werde, sagt die WHO-Sprecherin Margaret Harris. Russland zählt inzwischen 423.741 nachgewiesene Infektionen, die drittmeisten der Welt. Täglich kommen fast 10.000 weitere dazu - der absolute Großteil davon weiterhin in und um die Hauptstadt Moskau. Stärker betroffen sind auch Sankt Petersburg und die Millionenstadt Nischni Nowgorod. Die zweitmeisten Neuinfektionen in Europa verzeichnet unterdessen Großbritannien, gefolgt von Weißrussland und der Ukraine.

Umso besser ist dafür die Lage in den ehemaligen Corona-Hochburgen des Kontinents. Italien meldete am Montag knapp 178 neu registrierte Infektionsfälle innerhalb von 24 Stunden. Das ist der niedrigste Wert seit dem 26. Februar. Zeitgleich startet das Land seine angekündigte Warn-App "Immuni". Die App stehe nun zum Download bereit, ab dem 8. Juni werden die Funktionen aktiviert, allerdings zunächst nur in vier von 20 Regionen. Sie soll Bürgern einen Hinweis senden, wenn sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben.

In Spanien ist erstmals ein Tag vergangen, ohne dass ein neuer Corona-Toter gemeldet wurde. In den 24 Stunden von Sonntag bis Montag habe es außerdem nur 71 bestätigte Neuinfektionen gegeben, sagte der Chef der Behörde für Gesundheitliche Notfälle, Fernando Simón, bei einer Pressekonferenz. Die Zahlen seien „sehr, sehr ermutigend“.


Die Lage in der Welt

Während in den USA landesweit eskalierende Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus die Schlagzeilen beherrschen, ist das Land weiterhin das weltweite Epizentrum der Coronavirus-Pandemie. Täglich kommt es zu etwa 20.000 Neuinfektionen - die meisten davon derzeit in den Großräumen Los Angeles, Chicago, New York und Houston. Verstorben sind an den Folgen von Covid-19 in den USA bislang über 107.000 Menschen.

Besonders stark ist weiterhin auch Brasilien betroffen. Hier sanken die Neuinfektionszahlen über Pfingsten immerhin: Am Wochenende waren es aber weiterhin jeweils etwa 15.000 pro Tag. Die USA beliefern Brasilien trotz medizinischer Warnungen mit der umstrittenen Anti-Malaria-Arznei Hydroxychloroquin zur Behandlung von Covid-19-Patienten. Die USA hätten Brasilien zwei Millionen Dosen des Mittels gesendet, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Erst vor ein paar Tagen hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO angekündigt, eine große klinische Studie mit dem Mittel an Covid-19-Patienten wegen Sicherheitsbedenken zu stoppen. Die US-Arzneimittelaufsicht FDA hat bereits vor schweren Nebenwirkungen beim Einsatz von Hydroxychloroquin bei Covid-19-Patienten gewarnt. US-Präsident Donald Trump hatte dagegen das Anti-Malaria-Mittel früher angepriesen. Auch Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro schwärmt für das Medikament - sein Gesundheitsminister trat zurück, nachdem Bolsonaro forderte, den Einsatz des Medikaments landesweit von Seiten der Regierung zu empfehlen.


Die Lage an den Börsen

Der Dax hat am Dienstag einen starken Start in die Woche hingelegt. Anleger setzten unverändert auf eine Konjunkturerholung. Von einer solchen könnte die exportlastige deutsche Wirtschaft überdurchschnittlich profitieren. Der deutsche Leitindex zog um 3,75 Prozent auf 12.021,28 Punkte an und ließ erstmals seit Anfang März die Marke von 12.000 Zählern wieder hinter sich.

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