iu384EZXN5Das versetzt zurück in die Schauerveranstaltungen kaplanmäßiger Kommunionstunden

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es dürfte Konsens sein, dass die katholische Kirche in dogmatischen Angelegenheiten noch immer mit Intoleranz beschlagen ist. Selbst der Papst zeigt sich gegenüber dem Kardinalsepiskopat als weitgehend machtlos. Die Unduldsamkeit wird nicht nur einfach so mitgeschleppt, sie ist und bleibt eine genuine.


Denn Religionen wie Kirchen sind männlich gesteuerte Herrschaftsinstrumente, die zu jeder Äußerung ihres hellsichtigen und begnadeten Gründers sich im Widerspruch befinden (‚Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer‘...). Ebenso klar dürfte sein, dass ihr Gründer von gänzlich anderem Sinn und Verstand war, als seine Adepten und Praktiker. Solange keine von Grund auf böse Gedanken und Taten gehegt und begangen wurden, waren Methoden der Bewältigung des Alltags in schwerer Zeit und selbst moralische Vergehen nicht unbedingt ein Grund zur Verdammnis durch den messianisch auftretenden Propheten und Verkünder. Insofern war der Gottessohn nicht kleinlich. Auch gegenwärtige Hodschas bekennen sich zu freizügigen Gedanken und betrachten das Kopftuch nicht mehr als eine unbedingt erhebliche und unumgängliche Sache.

Wie gewohnt doch die altbekannte Intoleranz

Die monotheistischen Religionen aber scheuen im Endeffekt jegliche Konkurrenz neben sich. Weil sie meinen, sie hätten den Absoluten im Rücken. Das gehört zu ihrem irdischen Webfehler, der über sie ein negatives Urteil fällt. Eine zur Welt und Lebenspraxis hin offene Priesterschaft kann in Einzelfällen sich der Engstirnigkeit verweigern. Dennoch sind und bleiben Religionen diskreditiert. Im Kern sind sie nicht auf Entwicklung angelegt, obwohl Entwicklung – und nicht allein der Gedanke über diese - in der Endlosigkeit der Zeiten, d.h. im Weltwesen, selbst beschlossen ist. Aus fast jeder Religion wäre noch etwas halbwegs Vernünftiges zu machen, aber sie sind unweigerlich aufgeladen mit Anmaßung. Das Kernproblem der Religionen ist ihr Alleinvertretungsanspruch und das Wahrheitsmonopol. Von der eigenen Großmutter ist die Redewendung: ‚Päpstlicher als der Papst‘, die am stärksten in Erinnerung gebliebene. Sie hat geprägt. Als Katholikin hielt sie dennoch zur alleinseligmachenden Kirche, schätzte aber gleichzeitig auch die Sonne sehr. Vielleicht hat sie in jüngeren Jahren – so um 1900 – auch den Sonnengruß praktiziert, als sie 18 war. War das damals schon en vogue? Aus gesundheitlichen Motiven betete sie die Sonne schier an und versuchte Tag für Tag, deren Strahlen förmlich einzuatmen. Aber sie war ansonsten nüchtern und keine Esoterikerin

Kann Yoga Sünde sein?

So titelte kürzlich die FR auf ihrer Panorama-Seite. Vor allem sind es die christlich-orthodoxen Gemeinden, die in den Yoga-Praktiken, die gar nicht anstelle der Religionen treten möchten, wie sie sich auch nicht als überzeugungsgeleitet verstehen, eine sündige Angelegenheit zu erkennen meinen. Sie sollen sich der Meldung nach explizit auf den Plan gerufen finden, strikt dagegen zu halten. Das funktioniert allenfalls unter einem Orban, Kaczynski und Lukaschenka noch. Wobei der angesprochene Artikel darin unterscheidet, dass Protestanten differenzieren und Katholiken kritisieren, sodass letztere also Unvereinbarkeit anmahnen. Ganz entsetzlich muss es diesen erscheinen, dass die Yoga-Übungen gar typische Tierhaltungen nachstellen; indes doch wir Menschen deren Reminiszenzen, Replikate oder, besser gesagt, Residuen in uns bergen und gewisse Weiterentwicklungen humanisiert anwenden, insofern eben doch an der Animalität teilhaben, da wir nicht gar so anders konstruiert sind wie die Verwandten und Vorläufer im Tierreich, die von uns aus gesehen, die mindere Karte gezogen haben.

Die menschliche Problematik liegt vermutlich auch darin begründet, dass die Entwicklungsstufen der letzten 7 Millionen Jahre vergessen wurden, wir eine Amnesie durchgemacht haben. wodurch wir sehr künstlich geworden sind, was uns nicht nur guttut. Durch Meditieren über ein verborgenes und nicht aufgeschlossenes Inneres könnten wir uns in die Lage versetzen, das Abgetane und Verdrängte zurückzurufen, um ein Mittleres wiedereinzunehmen. Identität mit dem All-Einen aber wird sich nicht mehr einstellen. Yoga ist mehr Methode und Übung als etwas wie Weltanschauung oder Religion. Er geht auf hinduistische Traditionen zurück. Die Götterwelt ist nicht ganz so von der Hand zu weisen, wir dürfen sie als Konzeptsammlung, wenn nicht als Dichtung verstehen. Das gilt auch für die heidnischen Götter des Nordens. Nur darf nichts davon aufgeladen werden. Den Yoga drängt es nicht zu Letzterklärungen, auf die die monotheistischen Religionen aus sind. Yoga ist nicht Sport, ist keine Gymnastik und auch nicht Turnen. Allerdings hat der Westen in der romantischen Epoche von der östlichen Weisheit und Praxis einiges verstanden. Schopenhauer sprach von den hochgebildeten asiatischen Weisen älterer und neuerer Zeit. Er vermochte ihre Schriften zu studieren.

Für die dogmatischen Religionen ist nicht zu akzeptieren, dass tausende von Yoga-Übungen, d.h. Stellungen und Positionen, besonders die auch, welche nach Tieren benannt sind, eine Charakteren-Galerie und damit sinnliche Orientierung bilden. Als am befremdlichsten für religiöse Fundamentalisten dürfte in dieser Hinsicht der Hund ankommen. Andere, nicht-humanoide Stellungen sind: die Katze, die Sphinx, die Kobra, der Fisch, die Krähe, die Taube und die Heuschrecke u.a.m. Des Weiteren dürften der Kopf- und Schulterstand aus den Turnstunden der frühen Jahre noch in Erinnerung sein, wie auch der daran anknüpfende Pflug und das von der Bauchlage anhebende Rad und allgemeiner auch der Baum, der die sitzenden und liegenden Positionen konterkariert. Er kann den Sonnengruß einleiten. Der Sonnengruß wird dynamisch mit der Kriegerin- und Kriegerstellung kombiniert (wobei auch an Selbstverteidigung gedacht ist). Eine Asana der Entspannungsphase lautet: die Totenstellung (Shavasana). Zwitschern dabei draußen die Amseln, bekommt das eine realistische Note. Am Karfreitag gedenken Christen der Kreuzigung von Jesus in Erwartung seiner Auferstehung. Eines dürfte als klar gelten: wir sind wohl Menschen, haben aber auch an der Tierheit, der Fleischlichkeit und der Gesamtnatur teil. Von deren Lagen und Verfassung hängt unsere Gesundheit ab.

Yoga ist Wissenschaft - aber keine abgeschlossene

Die Meditation ist im Yoga das Höchste und insofern schwer auszuüben. Sie irgendwann anzustreben, dazu wird angeraten. Die Befragung des Meditationslehrers Christoph Köllner durch die FR zur Meditation einige Tage später ergibt, dass der Atem die herausragende Rolle spielt, dass er eigentlich im Zentrum steht. Der Atem verbindet Geist und Körper. Meditation ist weniger Konzentration, als das Absehen von dieser. Drei Mantras bringen das zum Ausdruck, wenn sie besagen: Ich möchte (mal) nichts, ich mache nichts, Ich bin (mal) niemand. Darin verbirgt sich der Rat: die Rollen des Tages sollten abgelegt werden.

Vom zurzeit größten Problem der Welt

Vom Islam, insbesondere der Variante Islamismus, ist zu sagen, dass er zu einem der größten Probleme der Welt geworden ist. Der ganze Nahe Osten ist von der Religion in den Abgrund gestürzt worden. Grotesk ist: die an denselben Gott glauben, bekämpfen sich umso mehr bis aufs Blut. Wobei Gott für menschliche Maßstäbe doch unerkennbar ist und zudem auch abschließend nicht beweisbar. Das haben die versuchten Gottesbeweise erbracht, die auf simplen Ableitungen beruhen, also Subreption (Erschleichung). Vielleicht braucht es gar keinen Gottesbeweis. Denn dieser könnte den menschlichen Missbrauch der Religion noch verstärken. Daher allein wäre schon Vorsicht geboten, um nicht zu sehr von sich und den Seinen eingenommen zu werden. Der kosmologische, teleologische, ontologische und moralische Gottesbeweis, alle haben sich als verfehlt, als Fehlschlüsse erwiesen, die nicht hinreichen.

Zwar hat der Islam die europäische Aufklärung in der Epoche der andalusischen Hochkultur – sie war über 700 Jahre eine religionsübergreifende Gelehrtenrepublik und Oase höchster Kunst - mit in Gang gesetzt, hat aber dann philosophiehistorisch einen Rückfall hingelegt, von dem er sich nicht erholt hat. Hat das mit dem islamischen Männerunwesen zu tun, ist es als Backlash auf die Reconquista durch Isabella von Kastilien und Fernando von Aragon zu begreifen, die die sog. Mauren von der Spanischen Halbinsel vertrieb und damit die höchste damalige Bildung auslöschte - oder ist der philosophische Niedergang des Islam die Reaktionsbildung noch auf die verhängnisvollen christlichen Kreuzzüge, auf die Eroberung Jerusalems durch die Templer-Horden, die unter christlichem Vorzeichen wüteten? Der Islam hat sich zur wiedererstarrten Schriftreligion mit einem unduldsamen Gelehrtentum der Greise und Warlords zurückmutiert. Das hatte politische Folgen. Die islamischen Staaten sind hochgradig zerrüttet, es gibt keine funktionierende islamische Demokratie und fast alle Staaten sind permanent im Scheitern begriffen.

US-BürgerInnen haben die Evolutionstheorie studiert - halten aber am Kreationismus fest

Geben wir uns keinen Illusionen hin. Die Priesterschaft der Religionen, die mit dem menschenverbrauchenden Zivilisationsdienst der Staaten und ihrer Herrscher verbunden sind, werden die Versuche der Disziplinierung der Menschen und den Hoheitsanspruch über die Lämmer niemals aufgeben. Die Macht über die Seelen gehört zu ihrem Geschäft, diesen Giftspinnen des Lebens, mit Nietzsche gesagt. Autoritäre Staaten wie Ägypten wollen die Kontrolle über jeglichen Alltag durchsetzen. Hingegen schaut der Herrscher weg und wendet die Aufmerksamkeit ab, wenn die Debatte über sexuelle Übergriffe wieder aufflammt. Die Jesiden werden als luziferisch gebrandmarkt, weil sie einen eigenwilligen Weltentwurf haben. Dürfen sie den denn nicht haben? – Glaubt denn jemand ernsthaft, dass das Religionsversagen nichts mit dem Kern der Religionen zu tun hat?

Die Orthodoxen werden mit ihrem anmaßenden und unfundierten Gottesbegriff immer wieder versuchen, den religiösen Knüppel auszupacken, um der Herde fundamentalistisch vorzuschreiben. wie sie leben soll, selbst im ‚Land of the Free‘. Dort nämlich wird, durch Trump bestärkt, das weite Land von Texas und Virginia von christlich-evangelikalen Fanatikern in Besitz genommen. Sie verurteilen den modernen Lebensstil, den Atheismus und üben offen als Waffenfetischisten für den Waffengang, von dessen Kommen sie völlig durchdrungen sind. Jugendliche werden von Kindesbeinen an instruiert und dauerkontrolliert. Der Vertreter Gottes und der Sheriff fahren gemeinsam auf nächtliche Kontrolle. Die Kreationisten sind sicher, dass Gott die Welt, das gesamte Leben, vom Dinosaurier bis zum Menschen, in sechs Tagen vor rund 6000 Jahren erschaffen hat. Die Dinos sind im Bibelmuseum in Klein dargestellt und die Arche-Noah im Original nachgebaut.

Alte Idiosynkrasien – neu aufgewärmt

In den Tagen vor dem 20.02.1985 fand ein ‚Protest gegen „gottlose Bücher“ in Athen statt‘. Die FAZ griff den Vorgang auf. Im Untertitel wird konkretisiert: ‚Orthodoxe Geistliche gegen Darwins Evolutionstheorie / Schulstreit‘. - Das wiederholt sich in unseren Tagen. Der zu Beginn angesprochene Panorama-Artikel der FR zur Sache des Yoga mutet wie eine Neuauflage an. Danach haben die orthodoxen Kirchen Griechenlands und des griechischen Teils Zyperns ihre Gläubigen davor gewarnt, Yoga zu praktizieren (wobei es Musliminnen und Muslimen ebenso verboten ist Yoga zu praktizieren). Stein des Anstoßes ist der Sonnengruß, der tierisch ernst und wörtlich genommen wird. Eine vom Weltbegriff der Christenheit abgespaltene Orthodoxie schafft es immer wieder, alles ihr Verdächtige mit dem Häresie-Stempel zu versehen. Kirchenmänner fürchten um die Macht und sehen ihre Oberaufsicht zwischen all dem überladenen Glanz ihrer Schaubehälter schwinden. Zitiert wird ein Lehrbeauftragter für Orthodoxes Christentum an der Universität Friburg: „Die Synoden betrachten Yoga als spirituell gefährlich, weil man damit nicht erreicht, was man in der christlichen Orthodoxie erreichen will“. - Indessen bestreitet der Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland, dass Yoga ein quasi-religiöses Bekenntnis darstelle.

Yoga liefert keine Letztbegründungen. Sein Suchen und Sondieren ist nicht abschlusshaft. Yoga ist eine sehr kontrollierte, aber jederzeit offene Wissenschaft. Er weist einen hohen Differenzierungsgrad auf. Es gibt keine schlagenden Glaubenssätze, die jeden Zweifel ausräumen. Yoga ist mehr eine Suchbewegung um die umkreisten Gegenstände geistigen Lebens, es können stets abgewandelte, weiterreichende Perspektiven eingenommen werden. Zwar gibt es so etwas wie Gurus, diesen aber muss nicht in Selbstverleugnung gefolgt, gedient oder gar geopfert werden. Sie sind eher als Anreger einzustufen. Im Alltagsbetrieb spielen sie keine Rolle.

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