Redaktion tachles
Tel Aviv (Weltexpresso) - Kennen Sie Effi Eitam? Eitam ist: Siedler, Politiker, rechtsnational, Rassist. Über Araber schwadroniert er gerne, nennt sie «Antisemiten» oder «Blitzableiter» für «Israelhasser, Antisemiten und BDS-Anhänger». Israelische Araber nennt er ein «Krebsgeschwür im Körper der Nation». Was Effi Eitam nicht ist: Wissenschaftler, Historiker, Holocaust-Fachmann oder gar: offen und liberal.
Macht nichts, denkt sich die politische Führung in Israel. Und will ihn zum neuen Leiter der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem machen. Die wichtigste nationale Gedenk- und Forschungsstätte zum Massenmord am jüdischen Volk soll einen Chef bekommen, der nichts zum Thema Holocaust veröffentlicht hat. Und der wohl auch nicht in der Lage sein wird, mit anderen Völkern, Kulturen, Institutionen und Forschungsstätten liberal und offen umzugehen. Das befürchten Organisationen von Holocaust-Überlebenden in Israel, die sich vehement gegen die Berufung Eitams aussprechen.
Wer ihn auf den Posten haben will? Premierminister Binyamin Netanyahu und Minister Zeev Elkin, dessen Portfolio auch für Yad Vashem zuständig ist. Colette Avital, ehemalige Diplomatin und heute Vorsitzende des Zentrums der Organisationen der Holocaust-Überlebenden in Israel, schrieb an Netanyahu und Elkin einen Protestbrief, auf den sie bis heute keine Antwort erhalten hat. Auch Shraga Milstein, die Vorsitzende der israelischen Vereinigung der Überlebenden von Bergen-Belsen, sieht neben dem problematischen Charakter und der politischen Haltung Eitams enorme fachliche Defizite bei dem Kandidaten: «Dieser Job verlangt, dass man mit dem Holocaust als Thema vertraut ist, dass man vor allem auch nachweisen kann, dass man eine wissenschaftliche Institution in der Grössenordnung von Yad Vashem leiten kann.» Die Organisationen haben inzwischen die Medien und die Öffentlichkeit eingeschaltet. Sollte Eitam doch berufen werden, ist klar, dass die israelische Rechte nun auch endgültig den Holocaust politisieren will. Das aber wird der Erinnerung und der Verantwortung gegenüber den Ermordeten nicht dienlich sein. Und der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen auch nicht.
Foto:
Eine Aufnahme aus dem Inneren von Yad Vashem
© tachles
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 29. Oktober 2020
Eine Aufnahme aus dem Inneren von Yad Vashem
© tachles
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 29. Oktober 2020