... auch ein deutsches Trauerspiel
Klaus Jürgen Schmidt
Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Die Lage in der Westsahara hat sich deutlich verschärft. Am 13. November hat die Frente Polisario nach fast 30 Jahren den Waffenstillstand mit Marokko aufgekündigt. Was war der Grund dafür?
Sahrauische Zivilisten hatten bereits gut drei Wochen vorher friedlich am Grenzübergang Guerguerat einen Durchbruch in der Mauer zwischen den besetzen Gebieten und Mauretanien blockiert. An diesem Tag kamen dann erst marokkanische Soldaten in Zivil, dann sind Truppen vor den Augen der UN-Friedensmission Minurso in die von der Polisario kontrollierte Pufferzone einmarschiert und haben die Demonstranten angegriffen. Die Frente Polisario hatte Marokko vor diesem Schritt gewarnt.
WORUM GEHT ES?
Das rohstoffreiche Territorium, eine frühere spanische Kolonie, war 1975 von Marokko annektiert worden. Um das Gebiet lieferte sich das Land in der Folge 16 Jahre lang Kämpfe mit der Unabhängigkeitsbewegung Polisario. 1991 vermittelten die UN einen Waffenstillstand und schafften eine Friedensmission, die unter anderem ein Referendum über die Zukunft des Territoriums mit vorbereiten sollte. Zu einer Volksabstimmung ist es aber bisher nicht gekommen. Marokko hatte eine weitgehende Autonomie für die Westsahara vorgeschlagen. Polisario beharrte darauf, dass die örtliche Bevölkerung mit geschätzten 350 000 bis 500 000 Einwohnern ein Recht auf ein Referendum habe.
Mit der ehemaligen Protektoratsmacht Frankreich hat das Königreich Marokko einen mächtigen Verbündeten aus der EU an seiner Seite. Auch Spanien, bis 1976 ehemalige Kolonialmacht in der Westsahara, bevor Marokko dort mit 300 000 Zivilisten einmarschierte, hat bis heute starke wirtschaftliche Interessen in dieser Region. Vor allem beim Fischfang.
VORSPIEL:
(aus: „Wie ich lernte, die Welt im Radio zu erklären“, K.J.Schmidt, 2020, Kellner-Verlag, Bremen)
Bei einem meiner insgesamt drei Besuche in den Flüchtlingslagern der Sahrauis begleitete ich 1978 den Bremer SPD-Vorsitzenden Henning Scherf und dessen offizielle Delegation. Die Hansestadt hatte relativ früh begonnen, den Sahrauis auch materielle Hilfe zukommen zu lassen. Jetzt wollte Scherf sich mit seiner Delegation u.a. den Neubau eines Krankenhauses mitten in der Wüste ansehen.1978 war aber auch der 5. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes der POLISARIO gegen die marokkanischen Besatzer, und das war offenbar Anlass zu Bonner Besorgnis. Der Plan sah vor, unmittelbar nach unserer Ankunft in Algier weiter nach Tindūf zu reisen. Das zu Algerien gehörende Tindūf-Gebiet stellt den einzigen algerischen Landzugang zur Westsahara dar. Am Flughafen wartete der deutsche Botschafter. Er bat Henning Scherf vor unserer Weiterfahrt nach Tindūf mit ihm in die Botschaft zu kommen, dort läge für ihn eine Nachricht aus Bonn. Scherf willigte ein, sagte aber: „Der Schmidt kommt mit.“ In der Botschaft hörte ich dann mit, was bei einem Anruf aus Bonn „Ben Wisch“ für Henning Scherf hinterlassen hatte. Während des algerischen Befreiungskampfes hatte Hans-Jürgen Wischnewski gute Kontakte zur algerischen Seite unterhalten und war eine der zentralen Figuren der westdeutschen Unterstützer der algerischen Unabhängigkeit. Jetzt war er gerade stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD geworden und war offenbar besorgt, dass der Bremer SPD-Landesvorsitzende in seine Stapfen treten könnte. Scherf wurde durch Wischnewski vom SPD-Bundesvorstand vergattert, sich jeder Kritik an Marokko zu enthalten!
Ich war dabei, als Scherf später in den Flüchtlingslagern zum ersten Mal in seinem Leben mit dem Anblick von Kindern konfrontiert wurde, die Opfer marokkanischer Napalm-Angriffe geworden waren. Ich war dabei, als Henning Scherf auf eine provisorische Bühne gebeten wurde, die mitten in der Wüste umringt war von wenigstens tausend sahrauischen Flüchtlingen. Sie wollten den 5. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes der POLISARIO feiern, der prominente Gast aus Deutschland sollte dazu etwas sagen. Scherfs improvisierte Rede würde „Ben Wisch“ nicht gefallen, dachte ich, als ich sie auf Tonband aufzeichnete. Sie begeisterte jedoch die Menschen, die vor der Bühne dann aber begannen, gegen einen aufziehenden Sandsturm die Flucht zu ergreifen. Als Scherf zum Ende kam, waren die meisten schon aufgebrochen. Mit dem Sandsturm rollte ein Geländewagen heran. Er brachte ein deutsches Fernseh-Team, das leider den Höhepunkt der Veranstaltung verpasst hatte. Leiter des Teams: Christoph Maria Fröhder. 1975 war Fröhder als einziger westlicher Fernsehjournalist Zeuge des Einmarsches der Roten Khmer in Phnom Penh gewesen. Sein Filmmaterial hatte er später in einem falschen Gipskorsett aus Kambodscha herausgeschmuggelt. Mit soviel TV-Prominenz konfrontiert, erklärte sich Henning Scherf bereit, trotz Sandsturms und zusammen mit ein paar verbliebenen POLISARIO-Funktionären auf der Bühne für die Kamera noch einmal seine Ansprache zu improvisieren. Dafür liess ich mein Tonband zurücklaufen, Scherf merkte sich die wichtigsten Aussagen – und improvisierte erneut. Fröhders TV-Bericht von einer Wüsten-Rede ohne Zuhörer lief später im Fernseh-Magazin „Monitor“. ...
UND ZU HAUSE?
Vor dem Hintergrund postkolonialer Debatten hatten sich progressive SPDler der Hansestadt schon länger solidarisch mit der Sache der Saharauis gezeigt. Dr. Henning Scherf (seit 1995 Bürgermeister) empfing am 10.12.2002 den Generalsekretär der Frente Polisario, Mohamed Abdel-Aziz, zu einem Meinungsaustausch. Dabei ging es auch um Projekte im Bildungs- und Ernährungsbereich, die das Bremer Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit in der Westsahara fördert, wie zum Beispiel das sahrauische Mutter-Kind-Programm für durch Eiweiß angereicherte Zusatznahrung.
Im Anschluss stattete Abdel-Aziz der Bremischen Bürgerschaft einen Besuch ab.
Der damalige Leiter des Bremer Landesamtes für Entwicklungszusammenarbeit, Gunther Hilliges, mit Besuchern aus der Westsahara. Er organisierte zugleich für Terre des Hommes nicht nur in den Flüchtlingslagern der Sahrauis wichtige Kinderhilfe, sondern auch für Kinder als Kriegsopfer des Indochina-Krieges.
2013 bekam die zuvor mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnete Aminatou Haidar den Bremer Solidaritätspreis verliehen. Haidar hatte im November 2009 nach ihrer Auszeichnung in den U.S.A. nicht in ihre Heimat zurückkehren dürfen. Marokko schob sie auf die spanische Insel Lanzarote ab. Nach einem einmonatigen Hungerstreik durfte die 43-Jährige in ihre Heimat zurückkehren.
Ein spanisches Militärflugzeug brachte sie nach El Aaiún, der Hauptstadt der spanischen Ex-Kolonie.
In einem fraktionsübergreifenden Beschluss sprach sich die Bürgerschaft 2016 für die Durchführung des UN-Referendums zum Selbstbestimmungsrecht der Saharauis aus. Aber dann im Sommer 2019:
„Wir haben das neue Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko mit Entsetzen zur Kenntnis genommen“, sagte Antje Grotheer (SPD), Vizepräsidentin der Bürgerschaft und Schirmherrin des Kuratoriums des Vereins Freiheit für die Westsahara. Im Juli 2019 hatte das EU-Parlament ein neues Abkommen beschlossen, das auch die Gebiete der besetzten Westsahara mit einschließt. Die Frente Polisario bestritt, ihr Einverständnis für den Handel mit den Ressourcen ihres Landes gegeben zu haben.
UND DANN?
Schiffe mit völkerrechtlich umstrittener Fracht aus den besetzten Gebieten der Westsahara kamen auch in Bremen regelmäßig an. Seit Juli 2018 hatte das internationale Recherchenetzwerk Western Sahara Ressource Watch im Bremer Holzhafen drei Schiffslieferungen mit Fischmehl aus El Aaiun, der dortigen Hauptstadt, identifiziert, deren Herkunft als marokkanisch und nicht als aus der Westsahara kommend gekennzeichnet war. „Bei diesen Importen handelt es sich um Fischmehl, das zu fast 80 Prozent aus Fischen aus den Gewässern vor der besetzten Westsahara und ohne Zustimmung des saharauischen Volkes, des Souveräns dieses Hoheitsgebietes ohne Selbstregierung, gewonnen wurde. Dies stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar“, heißt es in einem Factsheet, das der Bremer Verein Freiheit für die Westsahara zusammengestellt hat.
„Die Rechtslage ist in der Tat kompliziert. Es stehen sich Vertragsrecht, geregelt über verschiedene Assoziierungsabkommen zwischen Marokko und der EU, sowie das Völkerrecht gegenüber. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Dezember 2016. Dort heißt es, dass die entsprechenden Abkommen, zu dem auch eines über Fischereiprodukte gehört, nicht für das Gebiet der Westsahara anzuwenden sind. Zumindest nicht bis die politischen Vertreter der Saharauis ihr Einverständnis zum Handel mit den natürlichen Ressourcen ihres Landes, zu denen auch große Phosphatvorkommen gehören, gegeben haben. Trotzdem blieb der Bremer Zoll mit Verweis auf das Steuergeheimnis damals untätig.“ (Bremer „Weser-Kurier“, 3.12.2019)
NACHSPIEL:
Aber in Deutschland waren ja nicht bloß Bremer in Sachen Westsahara aktiv. Ein 76-jähriger Politiker kam ins Spiel: Im August 2017 betraute UN-Generalsekretär Guterres den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler (2004 bis 2010) mit der heiklen Aufgabe, den jahrzehntelangen Westsahara-Konflikt zu lösen. Köhler gelang es zwar, Vertreter von Marokko, Polisario und den Nachbarländern Algerien und Mauretanien im Dezember 2018 erstmals seit sechs Jahren an einen Verhandlungstisch zu bringen. Doch gab es keine nennenswerten Fortschritte, wenngleich die Konfliktparteien betonten, sich weiterhin den von den UN vermittelten Gesprächen verpflichtet zu fühlen. Im März gab es denn auch ein zweites Westsahara-Treffen, das in der Kernfrage der „Selbstbestimmung“ ebenfalls ergebnislos blieb. Köhler erklärte damals, dass „viele Standpunkte noch immer fundamental voneinander abweichen“ würden. Niemand sollte daher „ein schnelles Resultat“ erwarten. Zu jenem Zeitpunkt stellte Köhler zudem eine neue Verhandlungsrunde unter seiner Vermittlung in Aussicht.
Am 23. Mai 2019 berichtete die „Süddeutsche Zeitung“:
„Altbundespräsident Horst Köhler hat sein Amt als UN-Sondergesandter für den Westsahara-Konflikt niedergelegt. Er habe gesundheitliche Gründe angegeben, teilte ein UN-Sprecher mit. Details nannte er nicht. UN-Generalsekretär António Guterres habe Köhler im Gespräch sein tiefes Bedauern über dessen Rücktritt ausgedrückt. Er habe sich beim bisherigen Sondergesandten zudem für dessen "standhafte und intensive Bemühungen" bedankt, die die Grundlage für neue politische Dynamik in der Westsahara-Frage gebildet hätten. Guterres wünsche Köhler das Beste.“
WORUM GEHT ES?
Das rohstoffreiche Territorium, eine frühere spanische Kolonie, war 1975 von Marokko annektiert worden. Um das Gebiet lieferte sich das Land in der Folge 16 Jahre lang Kämpfe mit der Unabhängigkeitsbewegung Polisario. 1991 vermittelten die UN einen Waffenstillstand und schafften eine Friedensmission, die unter anderem ein Referendum über die Zukunft des Territoriums mit vorbereiten sollte. Zu einer Volksabstimmung ist es aber bisher nicht gekommen. Marokko hatte eine weitgehende Autonomie für die Westsahara vorgeschlagen. Polisario beharrte darauf, dass die örtliche Bevölkerung mit geschätzten 350 000 bis 500 000 Einwohnern ein Recht auf ein Referendum habe.
Mit der ehemaligen Protektoratsmacht Frankreich hat das Königreich Marokko einen mächtigen Verbündeten aus der EU an seiner Seite. Auch Spanien, bis 1976 ehemalige Kolonialmacht in der Westsahara, bevor Marokko dort mit 300 000 Zivilisten einmarschierte, hat bis heute starke wirtschaftliche Interessen in dieser Region. Vor allem beim Fischfang.
VORSPIEL:
(aus: „Wie ich lernte, die Welt im Radio zu erklären“, K.J.Schmidt, 2020, Kellner-Verlag, Bremen)
Bei einem meiner insgesamt drei Besuche in den Flüchtlingslagern der Sahrauis begleitete ich 1978 den Bremer SPD-Vorsitzenden Henning Scherf und dessen offizielle Delegation. Die Hansestadt hatte relativ früh begonnen, den Sahrauis auch materielle Hilfe zukommen zu lassen. Jetzt wollte Scherf sich mit seiner Delegation u.a. den Neubau eines Krankenhauses mitten in der Wüste ansehen.1978 war aber auch der 5. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes der POLISARIO gegen die marokkanischen Besatzer, und das war offenbar Anlass zu Bonner Besorgnis. Der Plan sah vor, unmittelbar nach unserer Ankunft in Algier weiter nach Tindūf zu reisen. Das zu Algerien gehörende Tindūf-Gebiet stellt den einzigen algerischen Landzugang zur Westsahara dar. Am Flughafen wartete der deutsche Botschafter. Er bat Henning Scherf vor unserer Weiterfahrt nach Tindūf mit ihm in die Botschaft zu kommen, dort läge für ihn eine Nachricht aus Bonn. Scherf willigte ein, sagte aber: „Der Schmidt kommt mit.“ In der Botschaft hörte ich dann mit, was bei einem Anruf aus Bonn „Ben Wisch“ für Henning Scherf hinterlassen hatte. Während des algerischen Befreiungskampfes hatte Hans-Jürgen Wischnewski gute Kontakte zur algerischen Seite unterhalten und war eine der zentralen Figuren der westdeutschen Unterstützer der algerischen Unabhängigkeit. Jetzt war er gerade stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD geworden und war offenbar besorgt, dass der Bremer SPD-Landesvorsitzende in seine Stapfen treten könnte. Scherf wurde durch Wischnewski vom SPD-Bundesvorstand vergattert, sich jeder Kritik an Marokko zu enthalten!
Ich war dabei, als Scherf später in den Flüchtlingslagern zum ersten Mal in seinem Leben mit dem Anblick von Kindern konfrontiert wurde, die Opfer marokkanischer Napalm-Angriffe geworden waren. Ich war dabei, als Henning Scherf auf eine provisorische Bühne gebeten wurde, die mitten in der Wüste umringt war von wenigstens tausend sahrauischen Flüchtlingen. Sie wollten den 5. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes der POLISARIO feiern, der prominente Gast aus Deutschland sollte dazu etwas sagen. Scherfs improvisierte Rede würde „Ben Wisch“ nicht gefallen, dachte ich, als ich sie auf Tonband aufzeichnete. Sie begeisterte jedoch die Menschen, die vor der Bühne dann aber begannen, gegen einen aufziehenden Sandsturm die Flucht zu ergreifen. Als Scherf zum Ende kam, waren die meisten schon aufgebrochen. Mit dem Sandsturm rollte ein Geländewagen heran. Er brachte ein deutsches Fernseh-Team, das leider den Höhepunkt der Veranstaltung verpasst hatte. Leiter des Teams: Christoph Maria Fröhder. 1975 war Fröhder als einziger westlicher Fernsehjournalist Zeuge des Einmarsches der Roten Khmer in Phnom Penh gewesen. Sein Filmmaterial hatte er später in einem falschen Gipskorsett aus Kambodscha herausgeschmuggelt. Mit soviel TV-Prominenz konfrontiert, erklärte sich Henning Scherf bereit, trotz Sandsturms und zusammen mit ein paar verbliebenen POLISARIO-Funktionären auf der Bühne für die Kamera noch einmal seine Ansprache zu improvisieren. Dafür liess ich mein Tonband zurücklaufen, Scherf merkte sich die wichtigsten Aussagen – und improvisierte erneut. Fröhders TV-Bericht von einer Wüsten-Rede ohne Zuhörer lief später im Fernseh-Magazin „Monitor“. ...
UND ZU HAUSE?
Vor dem Hintergrund postkolonialer Debatten hatten sich progressive SPDler der Hansestadt schon länger solidarisch mit der Sache der Saharauis gezeigt. Dr. Henning Scherf (seit 1995 Bürgermeister) empfing am 10.12.2002 den Generalsekretär der Frente Polisario, Mohamed Abdel-Aziz, zu einem Meinungsaustausch. Dabei ging es auch um Projekte im Bildungs- und Ernährungsbereich, die das Bremer Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit in der Westsahara fördert, wie zum Beispiel das sahrauische Mutter-Kind-Programm für durch Eiweiß angereicherte Zusatznahrung.
Im Anschluss stattete Abdel-Aziz der Bremischen Bürgerschaft einen Besuch ab.
Der damalige Leiter des Bremer Landesamtes für Entwicklungszusammenarbeit, Gunther Hilliges, mit Besuchern aus der Westsahara. Er organisierte zugleich für Terre des Hommes nicht nur in den Flüchtlingslagern der Sahrauis wichtige Kinderhilfe, sondern auch für Kinder als Kriegsopfer des Indochina-Krieges.
2013 bekam die zuvor mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnete Aminatou Haidar den Bremer Solidaritätspreis verliehen. Haidar hatte im November 2009 nach ihrer Auszeichnung in den U.S.A. nicht in ihre Heimat zurückkehren dürfen. Marokko schob sie auf die spanische Insel Lanzarote ab. Nach einem einmonatigen Hungerstreik durfte die 43-Jährige in ihre Heimat zurückkehren.
Ein spanisches Militärflugzeug brachte sie nach El Aaiún, der Hauptstadt der spanischen Ex-Kolonie.
In einem fraktionsübergreifenden Beschluss sprach sich die Bürgerschaft 2016 für die Durchführung des UN-Referendums zum Selbstbestimmungsrecht der Saharauis aus. Aber dann im Sommer 2019:
„Wir haben das neue Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko mit Entsetzen zur Kenntnis genommen“, sagte Antje Grotheer (SPD), Vizepräsidentin der Bürgerschaft und Schirmherrin des Kuratoriums des Vereins Freiheit für die Westsahara. Im Juli 2019 hatte das EU-Parlament ein neues Abkommen beschlossen, das auch die Gebiete der besetzten Westsahara mit einschließt. Die Frente Polisario bestritt, ihr Einverständnis für den Handel mit den Ressourcen ihres Landes gegeben zu haben.
UND DANN?
Schiffe mit völkerrechtlich umstrittener Fracht aus den besetzten Gebieten der Westsahara kamen auch in Bremen regelmäßig an. Seit Juli 2018 hatte das internationale Recherchenetzwerk Western Sahara Ressource Watch im Bremer Holzhafen drei Schiffslieferungen mit Fischmehl aus El Aaiun, der dortigen Hauptstadt, identifiziert, deren Herkunft als marokkanisch und nicht als aus der Westsahara kommend gekennzeichnet war. „Bei diesen Importen handelt es sich um Fischmehl, das zu fast 80 Prozent aus Fischen aus den Gewässern vor der besetzten Westsahara und ohne Zustimmung des saharauischen Volkes, des Souveräns dieses Hoheitsgebietes ohne Selbstregierung, gewonnen wurde. Dies stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar“, heißt es in einem Factsheet, das der Bremer Verein Freiheit für die Westsahara zusammengestellt hat.
„Die Rechtslage ist in der Tat kompliziert. Es stehen sich Vertragsrecht, geregelt über verschiedene Assoziierungsabkommen zwischen Marokko und der EU, sowie das Völkerrecht gegenüber. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Dezember 2016. Dort heißt es, dass die entsprechenden Abkommen, zu dem auch eines über Fischereiprodukte gehört, nicht für das Gebiet der Westsahara anzuwenden sind. Zumindest nicht bis die politischen Vertreter der Saharauis ihr Einverständnis zum Handel mit den natürlichen Ressourcen ihres Landes, zu denen auch große Phosphatvorkommen gehören, gegeben haben. Trotzdem blieb der Bremer Zoll mit Verweis auf das Steuergeheimnis damals untätig.“ (Bremer „Weser-Kurier“, 3.12.2019)
NACHSPIEL:
Aber in Deutschland waren ja nicht bloß Bremer in Sachen Westsahara aktiv. Ein 76-jähriger Politiker kam ins Spiel: Im August 2017 betraute UN-Generalsekretär Guterres den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler (2004 bis 2010) mit der heiklen Aufgabe, den jahrzehntelangen Westsahara-Konflikt zu lösen. Köhler gelang es zwar, Vertreter von Marokko, Polisario und den Nachbarländern Algerien und Mauretanien im Dezember 2018 erstmals seit sechs Jahren an einen Verhandlungstisch zu bringen. Doch gab es keine nennenswerten Fortschritte, wenngleich die Konfliktparteien betonten, sich weiterhin den von den UN vermittelten Gesprächen verpflichtet zu fühlen. Im März gab es denn auch ein zweites Westsahara-Treffen, das in der Kernfrage der „Selbstbestimmung“ ebenfalls ergebnislos blieb. Köhler erklärte damals, dass „viele Standpunkte noch immer fundamental voneinander abweichen“ würden. Niemand sollte daher „ein schnelles Resultat“ erwarten. Zu jenem Zeitpunkt stellte Köhler zudem eine neue Verhandlungsrunde unter seiner Vermittlung in Aussicht.
Am 23. Mai 2019 berichtete die „Süddeutsche Zeitung“:
„Altbundespräsident Horst Köhler hat sein Amt als UN-Sondergesandter für den Westsahara-Konflikt niedergelegt. Er habe gesundheitliche Gründe angegeben, teilte ein UN-Sprecher mit. Details nannte er nicht. UN-Generalsekretär António Guterres habe Köhler im Gespräch sein tiefes Bedauern über dessen Rücktritt ausgedrückt. Er habe sich beim bisherigen Sondergesandten zudem für dessen "standhafte und intensive Bemühungen" bedankt, die die Grundlage für neue politische Dynamik in der Westsahara-Frage gebildet hätten. Guterres wünsche Köhler das Beste.“
FALSCHSPIEL – 12. Dezember 2020:
>>>>> Trump heizt Kolonialkonflikt um Westsahara an
>>>>> Anerkennung von Anspruch Marokkos im Gegenzug zu Aufnahme diplomatischer Beziehungen Rabats zu Israel
FOTOS:
© zitierte Websites
Info:
https://www.nzz.ch/international/westsahara-es-droht-ein-neuer-krieg-ld.1554418
https://www.weser-kurier.de/deutschland-welt/deutschland-welt-politik_artikel,-die-letzte-kolonie-afrikas-_arid,1880118.html
https://www.zeit.de/politik/ausland/2009-12/sahara-haidar-konflikt
https://poemariosaharalibre.blogspot.com/2010/12/conferencia-sobre-el-sahara-en-el.html
https://www.heise.de/tp/features/Trump-heizt-Kolonialkonflikt-um-Westsahara-an-4987831.html