Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) – Unbeachtet von der Öffentlichkeit erschien im November 2019 eine Briefmarke zu Ehren des hessischen Generalstaatsanwalts und Initiators des ersten großen Auschwitz-Prozesses, Fritz Bauer. Es ist die bisher letzte im Rahmen einer von der Deutschen Post aufgelegten und vom Bundesfinanzministerium initiierten Serie mit dem Titel „Aufrechte Demokraten“. Was lange währt, wird manchmal gut.
Nach offizieller Darstellung soll die Serie ein Beitrag zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sein, mit der Persönlichkeiten gewürdigt werden, die sich mit Mut und Engagement für Freiheit und Demokratie eingesetzt haben. Lediglich sechs Personen wurde diese Ehre bislang zu teil. Aufgelegt wurde die Reihe 2002 anlässlich des 102. Geburtstages von Josef Felder. Als nächster folgte 2003 aus Anlass des 125. Geburtstages Andreas Hermes, 2006 ehrte die Post zum 125. Geburtstag Eugen Bolz. 2007 waren Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Helmuth James Graf von Moltke an der Reihe, deren 100. Geburtstag sich damals jährte. Nach einer Pause von zwölf Jahren wurde schließlich an Fritz Bauer erinnert. Anlass war sein 51. Todestag.
Wie man sieht, erfolgten die Ehrungen aus unterschiedlichen Anlässen, aber immer aus demselben Grund. Geehrt werden deutsche Widerstandskämpfer. Den Sozialdemokraten Josef Felder sperrten die Nazis wegen seiner politischen Gegnerschaft für drei Jahre in das Konzentrationslager Dachau. Er wurde 1985 zum Ehrenvorsitzenden der bayerischen SPD gewählt. Der Zentrumspolitiker und ehemalige Reichsfinanzminister Andreas Hermes wurde wegen seiner Kontakte zum Widerstand 1945 zum Tode verurteilt, überlebte die Nazizeit aber und gehörte zu den Mitbegründern der ostdeutschen CDU. Eugen Bolz war ebenfalls Mitglied der katholischen Zentrumspartei und beteiligte sich am Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die Lebenswege der drei anderen Persönlichkeiten dürfen als bekannt vorausgesetzt werden.
Mit der Ehrung des Sozialdemokraten Fritz Bauer hat es eine besondere Bewandtnis. Noch 2017 lehnte es das Bundesfinanzministerium ab, den von den Nazis in die Emigration getriebenen Juristen, der nach seiner Rückkehr Auschwitz vor Gericht brachte, anlässlich des bevorstehenden 50. Todestages mit einer Briefmarke zu ehren. Vorgeschlagen hatte das der dienstälteste Generalstaatsanwalt eines Bundeslandes, Erardo Rautenberg. Im Jahr darauf teilte sein sozialdemokratischer Parteifreund, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, dem obersten Ankläger des Landes Brandenburg persönlich mit, dass 2019 eine Fritz-Bauer-Briefmarke herausgegeben werde, was dann tatsächlich auch geschah. Durch seinen plötzlichen Tod am 17. Juli 2018 konnte Rautenberg, dessen politisches und berufliches Vorbild Fritz Bauer war, dies nicht mehr miterleben.
Die Briefmarke zeigt den hessischen Generalstaatsanwalt auf einem der bekannten Fotos von Stefan Moses. Gestaltet hat sie der Grafiker Detlef Behr. Gemessen am gesamten Briefmarkenangebot haben sich die Deutsche Post und das Bundesfinanzministerium gegenüber den Widerstandskämpfern und den Opfern des nationalsozialistischen Unrechtsstaates geradezu stiefmütterlich verhalten. Obwohl sie das moralische und politische Fundament für den demokratischen Neuaufbau waren ,dauerte es fünfzehn Jahre, ehe 1964 zum 20. Jahrestag des Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 das erste Postwertzeichen zu ihren Ehren erschien. Der Block umfasste acht Persönlichkeiten: Sophie Scholl, Ludwig Beck, Dietrich Bonhoeffer, Alfred Delp, Karl-Friedrich Goerdeler, Wilhelm Leuschner, Helmut James Graf von Moltke und Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
Zu Recht wird bemängelt, dass die Würdigung des antifaschistischen Widerstandes in den folgenden Jahrzehnten lückenhaft blieb. Dem kommunistischen Widerstand und seinen Opfern – viele Frauen inbegriffen – wurde in der bundesdeutschen Philatelie bis heute kein Gedenken zuteil. Die aus Ostpreußen stammende glühende NS-Dichterin Agnes Miegel dagegen wurde anlässlich ihres 100. Geburtstages mehr als 30-millionenfach geehrt.
Die Auflagenhöhe der Gedenkmarke für Fritz Bauer im Wert von 2,70 Euro ist unbekannt. Unterlegt ist sie mit folgendem Satz: „Nichts gehört der Vergangenheit an, alles ist noch Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ Der Satz entstammt einem Vortrag des hessischen Generalstaatsanwalts aus dem Jahr 1964, dessen Manuskript er mir auf meine Bitte hin zur Veröffentlichung in der antifaschistischen Wochenzeitung DIE TAT vom 7. März 1964 zur Verfügung gestellt hat. Sie ist die einzige Quelle. (Siehe Faksimiles). Vielleicht gibt es demnächst auch eine Briefmarkenserie mit dem Titel „Aufrechte Demokratinnen“.
Zu Recht wird bemängelt, dass die Würdigung des antifaschistischen Widerstandes in den folgenden Jahrzehnten lückenhaft blieb. Dem kommunistischen Widerstand und seinen Opfern – viele Frauen inbegriffen – wurde in der bundesdeutschen Philatelie bis heute kein Gedenken zuteil. Die aus Ostpreußen stammende glühende NS-Dichterin Agnes Miegel dagegen wurde anlässlich ihres 100. Geburtstages mehr als 30-millionenfach geehrt.
Die Auflagenhöhe der Gedenkmarke für Fritz Bauer im Wert von 2,70 Euro ist unbekannt. Unterlegt ist sie mit folgendem Satz: „Nichts gehört der Vergangenheit an, alles ist noch Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ Der Satz entstammt einem Vortrag des hessischen Generalstaatsanwalts aus dem Jahr 1964, dessen Manuskript er mir auf meine Bitte hin zur Veröffentlichung in der antifaschistischen Wochenzeitung DIE TAT vom 7. März 1964 zur Verfügung gestellt hat. Sie ist die einzige Quelle. (Siehe Faksimiles). Vielleicht gibt es demnächst auch eine Briefmarkenserie mit dem Titel „Aufrechte Demokratinnen“.
Fotos:
Briefmarke:
©Stefan Moses
Ausschnitte aus der antifaschistischen Wochenzeitung DIE TAT vom 7. März 1964
durch den Verfasser
Briefmarke:
©Stefan Moses
Ausschnitte aus der antifaschistischen Wochenzeitung DIE TAT vom 7. März 1964
durch den Verfasser