Eine neue Ära beginnt. Joe Biden tritt seine Präsidentschaft mit starker Zustimmung und einem erfahrenen Team an. Zahlreiche Mitglieder sind jüdischer Herkunft
Andreas Mink
Washington (Weltexpresso) - Donald Trump hat das Weiße Haus gestern Mittwoch mit den schlechtesten Umfragewerten seiner Präsidentschaft verlassen – im Schnitt geben im 58 Prozent der Amerikaner miese Noten. Bei dem renommierten Gallup-Institut weißt er gar mit 34 Zustimmung gegen 62 Prozent Ablehnung die miserabelsten Werte eines Präsidenten seit dem Start dieser Umfragen 1938 auf. Das Pew Institute sieht ihn aufgrund seiner Rolle als Anstifter zu dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar bei einer Zustimmung von nur 29 Prozent. Über zwei Drittel der Amerikaner wünschen laut Pew einen endgültigen Abschied Trumps aus der Politik. Knapp ebenso hoch liegt der Anteil von Bürgern, die zumindest das Verhalten Joe Bidens nach seinem Wahlsieg positiv betrachten.
Andreas Mink
Washington (Weltexpresso) - Donald Trump hat das Weiße Haus gestern Mittwoch mit den schlechtesten Umfragewerten seiner Präsidentschaft verlassen – im Schnitt geben im 58 Prozent der Amerikaner miese Noten. Bei dem renommierten Gallup-Institut weißt er gar mit 34 Zustimmung gegen 62 Prozent Ablehnung die miserabelsten Werte eines Präsidenten seit dem Start dieser Umfragen 1938 auf. Das Pew Institute sieht ihn aufgrund seiner Rolle als Anstifter zu dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar bei einer Zustimmung von nur 29 Prozent. Über zwei Drittel der Amerikaner wünschen laut Pew einen endgültigen Abschied Trumps aus der Politik. Knapp ebenso hoch liegt der Anteil von Bürgern, die zumindest das Verhalten Joe Bidens nach seinem Wahlsieg positiv betrachten.
Biden hatte das zunehmend bizarre Stürmen Trumps gegen seine Niederlage nicht permanent kommentiert, sondern Signale mit gelegentlicher Kritik und der Präsentation detaillierter Pläne für seine nun beginnende Präsidentschaft gesetzt. Kernstück dabei ist die Bekämpfung von Covid-19. Angesichts von nun 400.000 Todesopfern nicht zuletzt als Folge der von Lügen, Mißmanagement und Chaos gekennzeichneten Maßnahmen der Trump-Regierung bei der Pandemie steht Biden hier vor einer historischen Herausforderung.
Darin liegt aber auch eine Chance: Die Republikaner sind dank ihre Nibelungen-Treue zu Trump relativ schwach und gespalten – trotz ihrer knappen Minderheiten im Kongress. Im Senat bekommen die Demokraten derweil mit Chuck Schumer den ersten jüdischen Politiker als Mehrheitsführer.
Wie Barack Obama 2009 in der großen Rezession könnte Biden nun mit der Bewältigung dieser neuen Krise seine Beliebtheit weiter stärken, Kritiker ins Abseits drängen und so politisches Kapital für weitere Vorhaben sammeln. Obama ist dieses Kunststück nicht zuletzt aufgrund einer zögerlichen Haltung nicht gelungen. Doch Biden hat schon aufgrund der akuten, tödlichen Gefahr des Virus gar keine andere Wahl, als rasch und entschlossen vorzugehen.
Jedenfalls scheint eine Stärke von Biden darin zu liegen, dass er seine eigenen Talente und Grenzen immer schon gut einzuschätzen wusste. Biden hat einen Touch für die Gemütslage der Nation. Aber ein intellektueller Leuchtturm ist er nicht. Gerade deshalb hat er sich stets mit erfahrenen, kompetenten und klugen Leuten umgeben. Diese sind dann meist über Jahrzehnte loyal. Hier wäre sein Stabschef Ron Klain zu nennen. Jüdische Medien nennen ihn prominent unter etlichen Kabinetts-Mitgliedern oder Beratern jüdischer Herkunft.
Hier sei nur eine Auswahl genannt. Auch der für das Außenministerium nominierte Anthony Blinken ist Biden seit Jahrzehnten verbunden. Wie Blinken ist David Cohen als zukünftiger Vize-Chef der CIA ein Veteran der Obama-Regierung, wo er diese Position bereits ausgefüllt hat. Merrick Garland – der nächste Justizminister – hatte eher unglückliche Erfahrungen mit Obama, der ihn 2016 für das Verfassungsgericht nominiert hatte. Die Republikaner haben dies bekanntlich blockiert.
Avril Haines wird «Director of National Intelligence» und besetzt damit die Schaltstelle über den Geheimdiensten. Sie war unter Obama in der Chefetage der CIA. Eric Lander übernimmt die Leitung des «Office of Science and Technology» im Weißen Haus. Der renommierte Genetik-Experte, Biologe und Mathematiker lehrte am MIT und soll Kabinettsrang erhalten. Lander bedarf daher der Zustimmung durch den Senat. Wissenschaftliches Ansehen genießt auch die zukünftige Vize-Gesundheitsministerin Rachel Levine, die topnews bereits gestern Mittwoch gewürdigt hat.
International weniger bekannt ist der 60-jährige Alejandro Mayorkas, der ebenfalls jüdischer Herkunft ist und auf Kuba geboren wurde. Mayorkas hat eine imponierende Karriere als Staatsanwalt, Leiter der Immigrations-Behörde ICE und Anwalt bei der renommierten Kanzlei Wilmer, Hale absolviert. Biden will ihm das Heimatschutz-Ministerium und damit die zweitgrösste Behörde nach dem Pentagon anvertrauen. Er dürfte häufig mit Anne Neuberger zusammenarbeiten, die Direktorin für Cyber-Sicherheit an der National Security Agency (NSA) wird. Neuberger kommt aus einem orthodoxen Haushalt in Brooklyn, ist seit über zehn Jahren an der NSA tätig und hat an der Gründung des «US Cyber Command» im Pentagon mitgewirkt.
Mit Wendy Sherman soll eine ausgewiesene Unterstützerin Israels stellvertretende Außenministerin werden. Die erfahrene Diplomatin war zudem Verhandlungsführerin bei dem internationalen Atom-Abkommen mit Iran, für das sie in den USA und Israel an jüdischen Foren geworben hat. Last but certainly not least: die ehemalige Notenbank-Chefin Janet Yellen soll das Finanzministerin übernehmen.
Biden hat zudem den Song «American Anthem» des jüdischen Komponisten Gene Scheer mit dem bedeutsamen Vers zitiert: «Die Mühen und Gebete von Jahrhunderten haben uns hierher gebracht. Was wird unser Vermächtnis sein? Was werden unsere Kinder sagen?» Die Antwort: «Am Ende meiner Tage will ich gewiss sein, dass ich dir, Amerika, Amerika, mein Bestes gegeben habe.»
Foto:
Joe Biden und seine Frau Jill sehen vom Balkon des Weissen Hauses dem Feuerwerk im Rahmen der Einweihungszeremonie für die neue Präsidentschaft zu
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 21.1. 2021
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 21.1. 2021