Andreas Mink
Washington (Weltexpresso) - Vermutlich wäre er lieber selbst am Podium gestanden bei der Vereidigung von Joe Biden als 46. US-Präsident. Stattdessen sass Bernie Sanders am Mittwoch ziemlich weit im Hintergrund auf der Treppe des US-Kapitols. Doch nun erobern Bilder des Senators aus Vermont das Internet: Das «Bernie-Meme» zeigt ihn mit – soweit hinter der blauen Einwegmaske erkennbar – grimmiger Miene, überschlagenen Beinen, verschränkten Armen und in einem grauen Wintermantel. Der Clou: wollene Fäustlings-Handschuhe im Muster von Ski-Pullovern.
Die verleihen Bernie eine urig-anheimelnde Qualität. Dies jedenfalls war der Eindruck findiger Geister, denen die Antrittsrede Bidens wohl ein wenig zu hochtönend-patriotisch und damit nicht aufregend genug war.
Und so zirkuliert seit Mittwochmittag eine wachsende Flut von Foto-Kollagen auf Social Media, die Bernie in der U-Bahn mit Kopfhörer, an Leonardos Abendmahl, auf der Brücke des Sternenkreuzers «Enterprise», einem Meeting des neuen israelischen US-Botschafters Gilad Erdan oder der Washingtoner Phillips Collection vor einem Rothko zeigen.
Das CBS-Nachrichtenteam hat umgehend die Schöpferin der Handschuhe ausgemacht: Jen Ellis aus Essex Junction in Vermont hat sie ihrem Senator vor einigen Jahren als Geschenk zugesandt. Ellis ist Bernie-Fan, Grundschul-Lehrerin, Hobby-Schneiderin und verarbeitet gebrauchte Winterpullover, die sie dann mit Kunstfaser-Flies frostfest füttert. Sie hat binnen Stunden 6000 Email-Anfragen erhalten. Leider hatte sie kein einziges Paar mehr zur Verfügung.
Dezidiert jüdische Motive von Bernie zu Tisch bei «Shtisel», als umjubelter Gast an einem Charedim-Fest bis hin zu Bernie mit einer Thorah-Rolle zwischen den Fäustlingen sind auf dem Twitter von Jacob Kornbluh zu finden.
Auch schön: Sanders als Schlagzeuger.
Foto:
Bernie Sanders (Mitte) mit knuffigen Handschuhen
© tachles
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 22.1. 2021
Bernie Sanders (Mitte) mit knuffigen Handschuhen
© tachles
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 22.1. 2021