... wenn ein nur in Bayern zu wählender CSU-Politiker Regierungschef aller Bundesbürger werden will?

Klaus Jürgen Schmidt 

Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Das ist eine Frage, die sich offenbar niemand bisher gestellt hat – weil die Union christlich, demokratisch und auch sozial ist? Oder weil es ja sonst keinen deutschen "Stamm" gibt, an dessen Macken wir uns schon so gewöhnt haben?  

Ein bisschen Parteigeschichte aus einem anderen Blickwinkel:

(Quelle: Wikipedia) Nach Anschluss der DDR an die Bundesrepublik Deutschland gab es für eine Weile im Ostteil der Republik parteipolitische Neufindungen. Die Partei des „Demokratischen Sozialismus“ (PDS) war eine linksgerichtete politische Partei, die von 1990 bis 2007 bestand und hauptsächlich in den neuen Bundesländern aktiv war. Sie ging aus der „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ (SED) hervor, die sich im Dezember 1989 zunächst in „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus“ (SED-PDS) umbenannt hatte. Am 4. Februar 1990, nachdem ein personeller und inhaltlicher Wandel vollzogen worden war, änderte sie ihren Namen in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) und im Juli 2005 in „Die Linkspartei.PDS“ (Die Linke.PDS). Am 16. Juni 2007 ging sie schließlich im Zuge der Fusion mit der WASG in der Partei Die Linke auf.

Die WASG (Arbeit & Soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative) war eine linksgerichtete politische Partei in den alten Bundesländern, die sich im Verlauf des Jahres 2004 vorrangig aus regierungskritischen SPD-Mitgliedern und Gewerkschaftern zunächst als „Verein Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit e. V.“ gebildet hatte und sich am 22. Januar 2005 als Partei konstituierte. Sie vertrat hauptsächlich demokratisch-sozialistische, sozialdemokratische und gewerkschaftsnahe Positionen, war jedoch auch politischer Anlaufpunkt für Eurokommunisten und andere linke Gruppen. Am 16. Juni 2007 wurde nach einer erfolgreichen Urabstimmung die Vereinigung der WASG mit der PDS zur Partei „Die Linke“ formell beschlossen.

Stellen wir uns nun vor, in Thüringen hätte es nach dem Anschluss an die BRD, wie seinerzeit in Bayern nach Kriegsende, folgende Entwicklung gegeben:

Im Jahr 1949 ging es in Bayern darum, das Grundgesetz zu ratifizieren, weil alle Bundesländer einzeln darüber abstimmen mussten. Ein einziges Land stimmte dagegen: Bayern. Dort wurde das Grundgesetz abgelehnt. In der Nacht vom 19. auf den 20. Mai 1949 währte die Debatte im Bayerischen Landtag mehr als vierzehn Stunden. Danach stand das Ergebnis fest: 101 von 180 Abgeordneten stimmten gegen das Grundgesetz. Verantwortlich für diese Entscheidung war die CSU, die über eine Mehrheit im Landtag verfügte und das Grundgesetz ablehnte, weil sie befürchtete, dass der Bund zu viel Einfluss auf Landesebene haben würde. Allerdings hatte die Ablehnung der ursprünglich nicht als dauerhaften Verfassung gedachten Gesetzesordnung praktisch keine Folgen. Denn um das Grundgesetz zu ratifizieren, bedurfte sie der Annahme durch zwei Drittel der Bundesländer. Und da alle Länder außer Bayern dafür stimmten, wurde die notwendige Mehrheit problemlos erreicht. Im Freistaat gab es extra eine gesonderte Abstimmung darüber, dass man das Grundgesetz im Falle einer solchen Mehrheit auch akzeptieren werde. "Wenn die deutsche Bundesrepublik auf Grund der vorgeschriebenen Genehmigungen und Abstimmungen zustande kommt, dann ist Bayern ein Teil dieses Bundesstaates, ob wir zum Grundgesetz ja oder nein sagen", erklärte der bayerische Ministerpräsident Hans Ehard damals. Aus diesem Grund gilt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland seit dem 23. Mai 1949 auch in Bayern, auch wenn der Freistaat ihm bis heute niemals offiziell zugestimmt hat. Seitdem: Die CSU und ihre Schwesterpartei, die Christlich Demokratische Union (CDU), werden als Unionsparteien oder kurz Union bezeichnet. Die CDU tritt nicht in Bayern an, die CSU verzichtet auf Wahlteilnahmen im übrigen Deutschland. Beide Parteien bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Und jetzt noch einmal die Eingangsfrage, aber anders gestellt: Was wäre daran undemokratisch gewesen, wenn es bei Auflösung der DDR die Entscheidung gegeben hätte: Wir Linken in Thüringen nennen uns weiterhin „PDS“ und alles, was sich in der übrigen Republik parteipolitisch links organisiert, kann gerne unsere „Schwesterpartei“ sein. Nach Bundestagswahlen stellen wir zusammen mit den anderen Linken eine Fraktion, sofern wir in irgendeinem Bundesland die 5%-Hürde übersprungen haben. Aber in unsere thüringischen Angelegenheiten funkt uns niemand dazwischen, auch keine „Schwesterpartei“!

Nun wartet ja in Realität der bundesdeutsche Wähler nicht bloß darauf, wen die beiden Schwesterparteien CDU und CSU als ihren Kanzlerkandidaten präsentieren. Da Prognosen es für möglich erscheinen lassen, dass wegen dieses Gerangels die Union ihre Regierungsfähigkeit verlieren könnte, wollen sich auch die „Grünen“ auf eine Kanzlerkandidatin oder auf einen Kanzlerkandidaten festlegen. Gedacht ist dabei an eine Grün-Rot-Rote Regierungskoalition. ...

Und nun noch einmal das Gedankenspiel: Was würde geschehen, wenn in Thüringen der Vorsitzende einer regierenden „PDS“ (also der dort tatsächlich amtierende Ministerpräsident der Linken) angesichts bester Umfragewerte den Anspruch erheben würde, von kleiner u n d von großer Parteien-Schwester als Kanzlerkandidat für die gesamte Bundesrepublik gekürt zu werden?
Keine Frage: Wahrscheinlich würde damit kaum ein Linker/eine Linke Probleme haben (wohl auch nicht Sahra Wagenknecht).

Doch ein Linker aus dem Thüringer Wald als bundesdeutscher Kanzler?


Da würden vermutlich alle anderen wieder schwarz sehen.



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