Bildschirmfoto 2021 06 22 um 22.44.18Zur Eröffnung des Zentrums  Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) – Die Urheber des Vertreibungszentrums in Berlin wollen es nicht wahrhaben, aber Tatsachen sprechen nun einmal ihre eigene Sprache. Dieses Propagandazentrum musste nach dem Willen der deutschen politischen Klasse her, seit über ein Mahnmal zur Erinnerung an die ermordeten Juden Europas öffentlich diskutiert wurde.

Anders als manche es darstellen, ging es bei dem Streit über die inhaltliche Gestaltung  des Vertreibungszentrums nicht um die unterschiedlichen Positionen von Angela Merkel und Erika Steinbach, sondern um die historisch zutreffende Einbettung der Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten. Nicht Rachegelüste waren Ursache der Vertreibung, sondern der von Deutschland ausgelöste Zweite Weltkrieg, und der danach folgende Kalte Krieg mit der Aufteilung Europas in einen guten und einen bösen Teil.

Während Angela Merkel als Bundeskanzlerin den Ost-West-Konflikt irgendwie auszuklammern versuchte, lud Erika Steinbach als Präsidentin des Bundes der Vertriebenen alle Schuld  an der Vertreibung der Deutschen  bei den kommunistisch regierten Staaten in Mittel- und Osteuropa ab. Der Gedanke, Vertreibungen generell in den Mittelpunkt zu stellen,  wich rasch der Absicht,  die Vertreibung der Deutschen als Wichtigstes dazustellen. . Das führte immer wieder zu Konflikten mit den osteuropäischen Vertretern in den Gründungsgremien und am Ende zu einem politischen Arbeitskonzept, das zwei unvergleichbare Geschehnisse, den millionenfachen Mord an den europäischen Juden und die Vertreibung von Millionen Deutschen, als vergleichbares Unrecht nebeneinander stellt.

Als der von  Erika Steinbach favorisierte Gründungsdirektor  Manfred Kittel politisch sein Konto überzog, wurde er von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters abberufen und auf einen Posten in seiner bayerischen Heimat versetzt. Vorausgegangen war dem ein Beitrag der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ unter dem Titel „Die Entkopplung von Krieg und Vertreibung“, der das politische Konzept der  Stiftung Flucht, Vertreibung Versöhnung einer vernichtenden Kritik unterzog.  Die Verbrechen an Deutschen in den Orten Nemmersdorf und Postelberg würden darin eingehend beschrieben, während zum Beispiel die Verbrechen deutscher Soldaten in der Schlucht von Babi Jar  unerwähnt bleiben.  Dasselbe gilt für  die deutschen Massenmorde an Bewohnern der griechischen Dorfes Distomo, im italienischen Marzabotto,  im französischen Oradour und im tschechischen Lidice. (Conrad Taler, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Heft 1/2010)

Dieses schiefe  Geschichtsbild wurde von den zuständigen Gremien und von der Bundesregierung gebilligt, obwohl es dem gesetzlichen Auftrag widerspricht, die Erinnerung an Flucht und Vertreibung „im historischen Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihrer Folgen wach zu halten“.  Dass die offizielle Eröffnung ausgerechnet einen Tag vor dem 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion  erfolgte, passt wie die Faust aufs Auge.

Foto:
Gundula Bavendamm, Direktorin der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, spricht beim Festakt zur Eröffnung des Berliner Dokumentationszentrums der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung am Anhalter Bahnhof
© berlin.de

Info:
Siehe auch: Kurt Nelhiebel, "Die Stiftung Flucht, Vertreibung Versöhnung - Versuch an einem untauglichen Objekt" in "Verständigung und Versöhnung nach dem 'Zivilisationsbruch'?", Hg. Corine Defrance, Ulrich Pfeil, P.I.E. Peter Lang. S. 519.