Friedrich Merz 2Robert Habeck besteht bei Illner nicht nur den Konflikt mit Friedrich Merz – er ist kraft seines hellen Verstandes gänzlich überlegen  Teil 2/2

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Masche Merz ist immer wieder die gleiche: wohlfeile Vorurteile und Klischees anzuheizen, statt zum eigentlichen Problem und einer Lösung zu gelangen. Böse Vermögenssteuer und schreckliche Abgeltungssteuer für Kapitalerträge sind seine Steckenpferde ebenso wie Bürokratisierung und aufgeblähter Beamtenapparat.

Der Merzens Gaul überlegene Habeck wendet ein: Wir geben auf ein konkretes Problem ein konkretes Angebot“. Modernisierung und Vereinfachung von Planverfahren fallen nicht vom Himmel. Illner rekurriert nochmal: Schuldenbremse pro forma einzuhalten und neue Schulden über einen Deutschlandfond zu finanzieren, diese Idee habe auch ein Lascht mal gehabt. Und dies noch im Mai angekündigt. Irgendeine Form der Finanzierung müsse es für die große Umwälzung schließlich geben.

Merz: „Klar“. Illner: „Wo kommt das Geld her. Wollen Sie es den Leuten nehmen, Ausgaben kürzen [...], Sie haben gesagt alle Staatsausgaben müssen auf den Prüfstand, was heißt das...?“ – „Wo wollen Sie kürzen?“ - Merz: „Also wir drehen uns hier ständig im Kreis, in der Annahme, dass dieses Geld...“. - Habeck: „Überhaupt nicht. Sie drehen sich im Kreis, ich geb´ präzise Antworten. Sie müssen sich im Kreis drehen, weil Sie keine Antwort haben“. Merzens Gründe sind die blockierte Republik und Proteste gegen neue Schienen und neue Trassen. Das Problem liege nicht beim Geld. Die Rheintrasse sei bis heute nicht gebaut (da hat er recht), selbst die Windkraft werde unzureichend ausgebaut.- Illner erinnert Merz wieder an seinen Kassensturz. Daher: „So unwichtig und so großartig kann die Lage der deutschen Kassen ja nicht sein, wenn Sie erstmal Kassensturz machen wollen“ (und darüber hinaus) „ob Sie so Steuern senken können?“

Und tatsächlich: CDU/CSU hätten einiges an Steuersenkungen im Programm und das alte Brett Solidaritätszuschlag müsse abgeschafft werden. Laschet erkennt im Unionsprogramm keine Steuersenkungen, während Söder möchte, dass Steuern gesenkt werden.- Merz zufolge soll der Mittelstandsbauch abgesenkt werden, er gibt aber zu, dass das dem Augenblick gemäß sehr viel Zeit brauche; über zusätzliche Schulden solle das nicht finanziert werden. Habeck überblickt die Runde und signalisiert an Merz dem Sinn nach: Sie haben keine Prioritäten! – Wie etwa das Klima als oberste. Merz schwafelt hin und her. Merz überblickt sich selbst nicht und hat seine fordernde Klientel, aber auch die eigene Notwendigkeit als Außenseiter im Rücken.

Dagmar Rosenfeld, die ewig rechte Quotenfrau der Zeitung Die Welt (die Arbeitnehmer und Unternehmen im Machtverhältnis auf eine Stufe stellt), hält die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für das einzig Konkrete im CDU/CSU-Wahlprogramm, aber generell sei zu bemerken, dass das Selbstbild der Union, Partei der Sozialen Marktwirtschaft zu sein, längst vorbei sei. Die CDU habe mit Peter Altmaier einen Wirtschaftsminister, der folgendes im Paket hat: eine Industriestrategie in Vorständen, die ganze Union ihre Frauenquote, ein Lieferkettengesetz, eine Subventionsflut in der Klimafrage, da sei von der Sozialen Marktwirtschaft nicht mehr viel übrig. Der Eindruck dränge sich auf, dass man die Vorhaben gar nicht so genau machen kann, weil es viele schwammige Versprechen gibt oder sie unter Vorbehalt seien. – Illner ergänzt: Es gehe gar nicht um Entlastung, sondern darum „dass wir überhaupt ein Unternehmenssteuerrecht bekommen. Wir haben kein Unternehmenssteuerrecht“. Wohl möglich, aber was wäre eigentlich mit einem Unternehmensstrafrecht u.a. bei der Abwicklung von Auslandsinvestitionen zum Schaden des Südens?

Frau Rosenfeld gesteht aber den Grünen zu, dass man den Grünen lassen müsse, dass sie sehr konkret seien und „sie machen auch sehr deutlich [...], was für einen Staat sie wollen. Sie wollen einen Staat, der interveniert und auch gebietet“. Merz schwimmen an dieser Stelle schier die Felle weg. Habeck verwahrt sich gegen die Vorstellung eines Dirigismus. Die Grünen wollten nicht gängeln. „Wir schaffen Wachstum. Wir unterstützen freies Unternehmertum. Die Märkte sollen entscheiden wohin es geht, aber wir unterstützen Richtung Klimaneutralität. Das ist doch nicht staatliche Gängelung“.- Weidenfeld: „Das ist Subventionierung. Das ist am Ende der Weg in eine Staatswirtschaft. Wie nennen sie's denn sonst?“ – Habeck: „Marktwirtschaft. Ja, die Märkte funktionieren ja nur, wenn Innovation stattfindet...“ – Rosenfeld: „Innovation entsteht in der Privatwirtschaft“. – Einwand: Ob diese aber wohl wirklich sehend für die Belange der Umwelt ist? – Habeck liegt richtig, wenn er dekretiert, dass die Umwelttechnik erstmal in die Marktarchitektur eingeführt werden muss und dass davor die Unternehmen einen Ausgleich haben müssen, bis die Umstellung zum Selbstläufer wird, unter vorgegebener Minderung des CO2- Ausstoßes. „Denn, wenn sie sich nicht im Markt rechnen, passiert entweder nichts oder das Ausland entscheidet darüber“- Den Weggang von Umweltindustrie durften wir schon ausgiebig mit Schrecken wahrnehmen.

Habeck gegen Merz: „Welcher Unionspartei erkläre ich hier, wie Wachstum funktioniert?“ – (Merz kichert nahezu) – „Es muss doch Impulse geben“. (Merz schüttelt sich) – Habeck: „Wir senken die Steuern für die Unternehmen, das halte ich für eine Schnapsidee“. – Rosenfeld: „Freiraum zu schaffen und auch Wettbewerb und...“. Habeck gibt das vorläufig vorausgesagte Schlusswort: „Das wird vielleicht Herr Truger aufnehmen können, weil sich erwiesen hat, dass damit (Truger schlägt den Blick nach unten) die Innovationsgeschwindigkeit nicht größer wird - als wenn man hingegen zielgerichtet Richtung Klimaschutz hilft bei Innovationen; Schulden für Unterstützung [Kredite] Richtung Wachstum – als nur die Schulden [sprich auch Steuern] allgemein abzusenken“. Habeck weiß, dass Schulden senken [oder vermeiden] „häufig dazu führt, dass dann Geld rausgenommen wird aus dem Markt [...], wird zurückgelegt - es wird abgewartet“. - Illner: „Wir fragen ganz schnell bei Herrn Truger nach“. Es dreht sich darum, Steuern zu erhöhen oder zu senken. Was also tun?

Der Wirtschaftsweise hält das Unionsprogramm für etwas widersprüchlich, alles stehe sehr unter Finanzierungsvorbehalt, an anderer Stelle werde gesagt, dass etwas gesenkt werden soll. Dass Steuern gesenkt werden und sich daran anschließend sich alles selbstfinanziert, sei eine sehr frohe Hoffnung. Bei Finanzierungslücken und Förderbedarfen für Infrastruktur und Digitalisierung, da brauche es auf jeden Fall Unterstützung und es sei nicht plausibel, Steuern zu senken (Merz schaut enttäuscht) – Mitten in der Erholungsphase sei Steuern zu erhöhen nicht sinnvoll. Es sei aber auch nicht sinnvoll „in einer [Restrukturierungs-]Phase Ausgaben zu kürzen und zu versuchen, besonders stark zu konsolidieren – das funktioniert nicht“. (Habecks Züge haben sich aufgehellt) Dieses Wechselspiel entsprechend der Situation sei sozusagen das normale Geschäft. Und da sei eben viel möglich. „Ich sehe allerdings, dass die Bedarfe hoch sind“ und so halte er es für plausibel, „dass man angesichts der in Deutschland undramatischen Situation der Lage der Staatsverschuldung etwas höhere Kredite in Anspruch nehmen kann“.

Zu den Steuererhöhungen, wie sie SPD und Grüne anstreben, bemerkt Habeck: „Ich will nur sagen, die Steuererhöhungen, die wir vorschlagen, die sind ab 100 000 und ersten Euro. Es geht nicht um eine allgemeine Steuererhöhung. Schluss mit Rosenfeld: „Dann kommt noch die Vermögenssteuer, die Männer machen das jetzt unter sich aus zum Ende hin“ (Merz schießt hinzu: “eine Serie von Steuererhöhungen!“) „Aber das ist doch schon mal der Anfang einer Grausamkeit einer Koalitionsverhandlung. Im Zweifelsfall werden sie miteinander reden müssen“ (ha,ha,ha von allen)

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Info:
Schwarz und Grün im Wahlkampf – Rivalen, Feinde, Partner?

"Maybrit Illner" – Der Polit-Talk im ZDF vom 26. August 2021
Robert Habeck und Friedrich Merz bei Maybrit Illner
Im Stream zu verfolgen ab Min. 36:32 der Sendung.