Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ab 18.30 Uhr war das Frankfurter Rathaus, der Römer, auf Politiker aller Parteien und Journalisten vorbereitet, die auf verschiedenen großen Bildschirmen die Wahlergebnisse verfolgen konnten, wobei im Kaisersaal die der beiden Wahlkreise 182 und 183 zu sehen waren, die sich aufgrund der fortlaufend ausgezählten Wahlbezirke ständig änderten. Am Schluß hatten das Direktmandat für den Wahlkreis 182 der erstmals antretende Armand Zorn (SPD) und für den Wahlkreis 183 Omid Nouripour (Grüne) gewonnen, nach drei Fehlversuchen das erste Mal Gewinner!
Bitter für die Frankfurter CDU, die kopfschüttelnd und starr im Kaisersaal vor den Bildschirmen standen, starrten, aber es wurde nicht besser. Zumindest waren sie in großer Gruppe gekommen (rechts zwei FDPler), da verliert es sich vielleicht leichter. Warum so viele Worte um die CDU gemacht werden. Weil sie all die letzten Wahlen beide Wahlkreise jeweils für sich gewonnen hatten und in Frankfurt stärkste Kraft gewesen war! Nach dem Endergebnis bleibt der CDU nur Platz 3 der Zweitstimmen, nachdem die auch in der Kommunalwahl führenden GRÜNEN erstmals die meisten Stimmen zur Bundestagswahl erhalten hatten. Die Jahrzehnte in Frankfurt führende SPD überholte zumindest die CDU und wurde zweitstärkste Partei. Dies sah am Anfang des Abends ganz anders aus, denn der Trend für die jeweiligen Wahlkreisgewinner konnte man den roten, grünen und schwarzen Balken genau ansehen. Und da führte bei den Zweitstimmen stundenlang die SPD. Die Stimmen der Innenstadt- und vor allem Nordendwahlbezirke wurden also erst später ausgezählt und hinzuaddiert.
Auf der gleichen Ebene im ersten Stock des Römer war auch der Magistratssaal und sein Vorsaal mit großen Bildschirmen bestückt, die neben den beiden Frankfurter Wahlkreisen auch die laufenden TV-Sendungen von Erstem und Zweitem Programm brachten, mitsamt der unten eingespeisten Hochrechnungen oder Endergebnissen. Dort ist es für Journalisten angenehmer, weil die sonst dem Magistrat vorbehaltenen Sitzplätze das Arbeiten am Rechner möglich machen. Denn bei aller Liebe zu Frankfurt und den laufenden Zahlen für die Direktkandidaten, steht die Wahl insgesamt im Mittelpunkt, weshalb Berlin zur Zentrale wurde. In Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern fanden gleichzeitig mit der Bundestagswahl auch die Wahlen für die jeweiligen Parlamente statt. Völlig schräg, wie auf einmal in Berlin die Grünen-Bewerberin für das Amt des Berliner Oberbürgermeisters Bettina Jarasch zur Siegerin ausgerufen wurde. Und zur ersten Oberbürgermeisterin der Stadt. Das stimmte gleich doppelt nicht. Am Schluß hatte Franziska Giffey mit 22,2 Prozent die Nase vorn (Grüne: 19,4; CDU: 18,8) und es hatte auch zuvor schon kurzzeitig Oberbürgermeisterinnen gegeben, in Westberlin wie in Ostberlin, wobei bei allen Wahlsendungen bei Vergleichen mit früher immer nur auf West-Berlin zurückgegriffen wird. Das ist halt so, weshalb Anschluß auch ein korrekter Begriff für das ist, was heute allgemein Wende genannt wird, Wiedervereinigung schon lange nicht mehr.
Für Berlin gilt, daß die Linke zwar auch verloren hat, aber mit 13 Prozent noch eine politische Kraft darstellt. Gegen den Bundestrend konnte die CDU ihr Ergebnis sogar um 1, 2 Prozent steigern, während die Grünen um 4,2 Prozent zulegten. Selbst die SPD gewann 0,6 Prozent dazu, was alles auf Kosten der AfD geht, die von 14, 2 Prozent auf 7,6 Prozent abstürzte. Wie auch im Bund um 2, 2 Prozent!
An alte Zeiten konnte in Schwerin für Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig für die SPD anknüpfen. 40,0 Prozent erinnern an früher und sind für die taffe Ministerpräsidentin sicher auch ein persönlicher Erfolg. Zweitstärkste Partei ist dort die AfD mit 16, 7 Prozent. Das ist wirklich deutlich, zumal die letzte Landtagswahl für sie noch 20, 8 Prozent erbrachte. Die CDU fiel von ehemals 19,0 auf 13,3 Prozent zurück und die Linken von 13,2 auf 9,9 Prozent.
Zurück zur Bundestagswahl, wo die SPD mit Olaf Scholz auf 25, 9 Prozent der Stimmen kam, mit dem Zugewinn von 5,4 Prozent, während die CDU vom Ausgangspunkt 2017 mit 32, 9 Prozent auf 24, 1 abrutschte und die Grünen mit 14, 7 zwar ein Spitzenergebnis gegenüber der letzten Wahl mit 8, 9 Prozent hatten, jedoch die Erwartungen auf mehr nicht erfüllt wurden. Trotz der Wahlschlappe für die CDU konnte man anschließend in den Gesprächsrunden lachende CDU- und CSU-Gesichter sehen, die sich als Wahlsieger sahen, die nun mit der FDP (Zugewinn um 0, 8 Prozent), deren Wunschpartner sie sind, schon die nächste Regierung vorbereiten.
Da blieb einem der Mund offen stehen über so viel Chuzpe und so wenig Eingeständnis einer Niederlage. Wo man Demut hätte erwarten können, wird aufgetrumpft. Dazu das nächste Mal mehr.
Zum Zeitpunkt des Schreibens steht das Endergebnis für die Linke noch nicht fest, die dramatisch verlor, aber in Berlin drei Direktmandate sicherte.
Fotos:
Das linke erste Textbild stellt eine Momentaufnahme der Auszählung der Stimmen in Frankfurt dar.Das was früher fast eindeutig schwarz war, scheint rot zu werden, war dann aber mehrheitlich grün.
©Redaktion
Das linke erste Textbild stellt eine Momentaufnahme der Auszählung der Stimmen in Frankfurt dar.Das was früher fast eindeutig schwarz war, scheint rot zu werden, war dann aber mehrheitlich grün.
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