Umfrage bereitet Rechtsparteien Sorgen
Jacques Ungar
Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Feiertage werden in Israels Medien regelmässig benutzt, um Umfragen bezüglich der Entwicklung der politischen Stimmung zu veröffentlichen. So geschah es auch am soeben vergangenen Pessachfest. Dabei gelang «Haaretz» zum Schluss, dass Netanyahus Likud-Partei sich mit nur gerade 20 Knessetsitzen würde begnügen müssen, gäbe es jetzt Knessetwahlen. Das veröffentlichte der israelische TV-Kanal 13 in einer Umfrage. Laut dieser würde die Partei der Nationalen Einheit von ex-Verteidigungsminister Benny Gantz 29 Sitze gewinnen, mehr als das doppelte der 12 Mandate, über welche die Partei derzeit verfügt.
Auf den zweiten Rang käme die Partei Yesh Atid des ehemaligen Regierungschefs Yair Lapid mit 21 Sitzen. Zum ersten Mal meinten die Antwortenden laut der Umfrage von Kanal 13 beide, sie würden Lapid und Gantz als geeigneter für den Posten des Premierministers erachten als Netanyahu. Im Gegensatz zu diesem Resultat würden die Religiös-Zionistische Partei (Ben-Gvir) und Otzmah Jehudit (Smotrich) nur noch 11 Sitze gewinnen, verglichen mit den 14 Sitzen bei den letzten Wahlen vom 1. November. Shas müsste einen Rückgang seines Besitztums von 11 auf neun Sitze hinnehmen, während Avigdor Lieberman mit nur gerade vier Mandaten aus dem Urnengang hervorgehen würde, ebensoviel wie die Arbeitspartei.
Schlecht würde es den Rechtsparteien ergehen, die heute über 64 der total 120 Mandate verfügt: Sollten heute Wahlen stattfinden, müssten diese Parteien sich laut Umfrage mit 46 Sitzen begnügen müssen. Auf die Frage, wer von Gantz oder Netanyahu geeigneter als Premierminister wäre, entschieden sich 51 Prozent für Gantz, verglichen mit nur 34 Prozent, die Netanyahu vorziehen würden. Wären die Bürger vor die Wahl zwischen Lapid und Netanyahu gestellt, würden 41 Prozent sich für Lapid entscheiden und 37 Prozent für Netanyahu. Nur 25 Prozent der Befragten fanden, sie wollten, dass die gegenwärtige Regierung am Ruder bleiben würde. 33 Prozent würden stattdessen eine Regierung der nationalen Einheit vorziehen, während weitere 33 Prozent doch für Neuwahlen entscheiden würden. – Die Ergebnisse der Umfrage weisen deutlich auf die Bevorzugung einer neuen Regierung durch die Wähler hin. Vergessen wir aber nicht, dass es bis zu effektiven Neuwahlen noch Jahre dauern kann, was heisst, dass das Volk es sich erlauben kann, seiner Kritik vorläufig ungestraft Ausdruck zu verleihen. Das wird sich erfahrungsgemäss ändern, je näher der effektive Waltermin rückt.
Foto:
©tachles
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 13. April 2023