Generalstabschef malte in einem Brief an den Premier die Lage vor der umstrittenen Gesetzesabstimmung in düsteren Farben
Redaktion tachles
Tel Aviv (Weltexpresso) - Erst jetzt wurde bekannt, dass der israelische Generalstabschef Herzl Halevi Premier Netanyahu in einem Brief schon vor der Abstimmung zu dem umstrittenen Gesetz der sogenannten Justizreform warnte, was das für die Armee bedeutet. Nicht nur, dass die Reservisten zu Tausenden ihren Dienst zukünftig verweigern werden, diese Protesthaltung werde sich auch auf die reguläre Armee auswirken und sich auch bei aktiven Offizieren und anderen durchsetzen und auch Folgen für die Rekrutierung junger Menschen haben, schrieb Halevi.
All das könne das öffentliche Vertrauen in die Armee ebenso erschüttern wie den inneren Zusammenhalt des Militärs. Halevi schrieb auch, dass die Justizreform eines breiten Konsens‘ bedürfte. Doch wie man inzwischen weiß, haben all diese Warnungen nichts genützt. Und nicht nur das: Netanyahu hat sich vor der Abstimmung geweigert, den Generalstabschef zu empfangen, obwohl dieser ihm eine unmittelbare Rückmeldung zur aktuellen Sicherheitslage geben wollte.
Netanyahu war das alles offensichtlich egal, er wollte nur sein Gesetz durchbringen.
Inzwischen musste die Luftwaffe die Anzahl ihrer Trainingsflüge in vielen Bereichen einschränken, weil viele Reservisten ihre Drohung wahr gemacht haben. Sie erscheinen nicht mehr zum Dienst. Noch sei die Armee voll einsatzfähig, heißt es aus der Generalität. Ob das stimmt, weiß niemand wirklich. Doch dass die Armee zu zerfallen droht, davor warnt die Führung der «Zavah» schon lange. Da beschönigt sie gar nichts. Und stößt bislang dennoch auf taube Ohren bei der Regierungskoalition.
Foto:
Generalstabschef Herzl Halevi auf einer aktuellen Aufnahme.
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Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 1. August 2023