Zum Jahrestag des Überfalls auf Polen
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) – Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 hat das nationalsozialistische Deutschland den Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen. Kein Land hat unter der deutschen Herrschaft so gelitten wie Polen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth erinnerte am 83. Jahrestag des Überfalls an das millionenfache Leid, das Deutschland über das Nachbarland und ganz Europa gebracht hat. In einem kürzlich erschienenen Buch mit dem Titel „Offene Wunden Europas“ stellten die beiden Osteuropa-Historikerinnen Franziska Davies und Katja Makhotina die Frage, wie das Geschehen von heute mit der Politik der Gewalt des 20. Jahrhunderts zusammenhänge.
Ihre Antwort sei deutlich, sagte Roth. Der Krieg gegen die Ukraine werde nicht nur mit Panzern und Haubitzen geführt, sondern mit dem stärksten Kaliber der geschichtspolitischen Waffenschmiede Putins, dem antifaschistischen Erbe der Sowjetunion. Angeblich dient die „militärische Spezialoperation“ der Entnazifizierung der Ukraine und soll einen Völkermord an den Ostukrainern verhindern. „Wir wissen: Das ist eine Lüge und eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus.“
Wenn Teile der deutschen Politik heute konstatierten, sie hätten sich in dem russischen Präsidenten getäuscht, dann sei das, so Claudia Roth, unter anderem auf einen Mangel an Aufmerksamkeit und Sensibilität gegenüber den Befindlichkeiten unserer osteuropäischen Nachbarn zurückzuführen. Polen habe Deutschland das zu Recht vorgehalten. In ihrer vorab veröffentlichten Rede sprach sich die Kulturstaatsministerin dafür aus, die gemeinsame deutsch-polnische Geschichte nicht länger zu verdrängen, sondern sie in das Bewusstsein unserer Gesellschaft zurückzuholen.
Dazu solle das geplante Dokumentationszentrum Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa dienen. Außerdem werde ein Ort geschaffen werden, an dem der polnischen Opfer dieses Verbrechens gedacht und die mehr als tausendjährige Verflechtungsgeschichte unserer beiden Länder erfahren werden könne.
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