Falschmeldungen erobern die mediale Welt
Ariel Kogan
Berlin (Weltexpresso) - Was wäre das Zeitalter der Digitalisierung ohne Bilder? Über die sozialen Netzwerke und Messenger-Dienste, WhatsApp beispielsweise oder Telegram verbreiten sich aktuelle Ereignisse auf Millionen von Handys und Tablets. Bilder und Nachrichten werden geteilt, ob privat oder beruflich spielt dabei keine Rolle. Mehrere deutsche Publikationen druckten ein Foto aus Bergkarabach. Es zeigt eine wohlgenährte Frau mit einem Kind an der Hand, die in einem Laden vor leeren Regalen steht. Hilfe! Wir verhungern lautet die Message.
Zeit online veröffentlichte am 10. August dieses Jahres, mitten im Hochsommer das Foto eines Klassenzimmers. In einen Pelzmantel gehüllt unterrichtet Grundschullehrerin Nina Kinder, die mit Winterkleidung auf den Bänken sitzen. „Da Aserbaidschan die einzige Gasleitung von Armenien nach Artsakh blockierte, mussten sie im Klassenzimmer Holzöfen aufstellen, um die Schule einigermaßen warm zu halten“, lautet die dazugehörende Textunterschrift. Laut Wetterbericht betrug die Temperatur in Stepanakert oder aserbaidschanisch Xankəndi, der Hauptstadt der selbsternannten Republik Arzach, 28 Grad Celsius. „Jedes zweite Kind ist krank, die Krankenhäuser sind überfüllt. Niemand weiß, wann und wie das alles ein Ende finden wird", heißt es weiter im Text.
Ein anderes Foto zeigt eine Marktszene. Zwei korpulente Marktfrauen sitzen vor den Marktständen, die mit Plastikplanen verhüllt wurden. Es gibt nichts mehr zu essen. „Aserbaidschanische Besatzer haben Bergkarabach von der Außenwelt abgeschottet. In dem umstrittenen Gebiet Bergkarabach sind etwa 120.000 Menschen – darunter 30.000 Kinder – eingeschlossen. Die humanitäre Lage vor Ort ist katastrophal und weitet sich aus“, berichtete das ZDF am 18. August und sprach „von einem Genozid“.
Tatsächlich hat die aserbaidschanische Armee die Enklave Bergkarabach, die der UN-Sicherheitsrat bereits dreimal als aserbaidschanisches Gebiet anerkannte, das sich Armenien einverleibte, jetzt eine hermetisch abgeschlossene Sperrzone um diese Region gezogen. Viele Waren sind knapp geworden. Das zeigen die wenigen die Bilder, die die Welt erreichten. Schlangen vor Lebensmittelgeschäften, Bäckereien oder dem äußerlichen Anschein nach wohlgenährte Menschen vor einer geschlossenen Apotheke. Die Armenier fühlen sich von der Welt im Stich gelassen. Begriffe wie „Tod durch Verhungern“; „Langsamer Völkermord“; „Genozid“ oder Opfer eines von Aserbaidschan angezettelten „Holocaust gegen Armenier“ wandern durch die Welt. Sichtbare Beweise zum Beispiel durch Handyaufnahmen gibt es nicht.
Man denkt dabei an Propagandamethoden des Irans, der nie aufhörte Falschmeldungen über Israel in die Welt zu setzen und den jüdischen Staat zum Beispiel des „Völkermordes an den Palästinensern“ beschuldigt, zu Unrecht. Mit unwahren Behauptungen, der jüdische Staat würde „Millionen von Palästinensern in Gaza verhungern“ lassen und dafür gestellte Fotos verbreiten ließ, erhofft sich das Mullahregime bis in die Gegenwart internationale Organisationen dermaßen stark beeinflussen zu können, dass Forderungen nach Sanktionen gegen Israel gestellt werden. Israel hat diese Lügen jahrelang bekämpft und Fotos von der Kluft in der Lebensqualität im Gazastreifen zwischen Bevölkerung und der wohlhabenden lokalen Führung veröffentlicht.
Gegenwärtig geschieht ähnliches mit Israels Verbündeten Aserbaidschan. Zwar gibt es für die Behauptungen über die „hungernde Bevölkerung“ keine sichtbaren Beweise, was in unserer Zeit der weltweit verbreiteten elektronischen Medien eigentlich ganz einfach sein sollte. Auch findet man keinen Hinweis auf eine von Aserbaidschan eingerichtete Straße zur Versorgung der Enklave Bergkarabach, die von armenischen Separatisten blockiert wird.
Armenien ist Teil der politischen Achse „Teheran-Eriwan-Moskau“ und wird nun ideologisch von Iran missbraucht. Führende armenische, von Iran abhängige Politiker erhoben bereits bei den Vereinten Nationen Behauptungen über „Völkermord durch Aushungern“, während in den sozialen Medien Fotos von geschäftigen Restaurants und üppigen Hochzeiten in der Enklave mit haufenweise gebratenem Fleisch und menschengroßen Kuchen wimmeln. Entgegen dieser Nachweise erklärte Mitte August der armenische Außenminister Ararat Mirsojan vor dem UN-Sicherheitsrat in New York, dass in Bergkarabach ein Mann bereits an Unterernährung gestorben sei und „vor allem Kranke und Schwangere“ betroffen sind, da „die medizinische Versorgung zusammengebrochen ist“. Anscheinend werden diese Behauptungen von Menschenrechtsorganisationen geglaubt, die sich zu wenig mit den Hintergründen befassen und Alarm schlagen. Von einer drohenden humanitären Katastrophe ist die Rede. Armenien hat eine Dringlichkeitssitzung im Weltsicherheitsrat beantragt. Der ehemalige Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes Luis Moreno Ocampo schrieb in seinem Bericht: „Der Hunger ist die unsichtbare Waffe des Völkermords. Ohne sofortige dramatische Veränderungen wird diese Gruppe von Armeniern in wenigen Wochen vernichtet werden.“
Wie die Palästinenser sind die Armenier Verbündete und Schützlinge Teherans. Die USA haben Armenien wiederholt vor einer Annäherung an den Iran gewarnt, unter anderem während eines Besuchs des CIA-Chefs in Eriwan im Sommer 2022. Die Armenier haben dies jedoch ignoriert. Im vergangenen Jahr hat der iranische Präsident mehrfach die Bedeutung der Beziehungen zu Armenien betont und sich für deren Stärkung eingesetzt. „Iran betrachtet Armenien als ein enges und freundliches Land“, sagte Raisi. „Armenien beabsichtigt, die Beziehungen zum Iran so weit wie möglich und in allen Bereichen auszubauen“, antwortete der armenische Premierminister Paschinjan. „Armeniens Sicherheit ist Irans Sicherheit“, erklärte der iranische Außenminister im Oktober 2022. Am nächsten Tag betonte sein armenischer Amtskollege, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf „einem tiefen Verständnis der gemeinsamen natürlichen Interessen der Länder“ beruhten. Im Februar dieses Jahres bekräftigte der armenische Präsident Chatschaturjan: „Die Republik Armenien ist bestrebt, die für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit zwischen Armenien und Iran im Interesse der Stabilität in der Region und zum Wohle unserer Völker auszubauen und zu vertiefen.“
Der Iran liefert Waffen nicht nur an die Palästinenser, sondern auch an die Armenier. Teheran übergab ihnen kürzlich Drohnen und 600 Raketen. Im April dieses Jahres setzte die armenische Armee zum ersten Mal im Iran hergestellte Drohnen ein – dieselben, die der Iran an Russland liefert –, um aserbaidschanisches Territorium anzugreifen. Nach Angaben europäischer Quellen nutzte der Iran den Zivilflughafen der armenischen Hauptstadt, um Waffen an Russland zu liefern.
Die Menschen in Bergkarabach sowie die Weltgemeinschaft erinnern sich an den Genozid von 1915 im Osmanischen Reich und ziehen daraus jetzt unberechtigte Parallelen. Das machen sich gegenwärtig armenische Politiker zu nutzen und nivellieren ganz im Sinne des Mullahregimes im Iran den Holocaust. Ihre Schamlosigkeit ist erstaunlich. So erklärte der armenische Premierminister Pashinyan in einem Interview mit AFP, dass Aserbaidschan in der Enklave „ein Ghetto im wahrsten Sinne des Wortes geschaffen“ habe und dies offenbar ein Versuch sei, sich auf einen neuen Holocaust vorzubereiten. Und der fühere „Premierminister“ der Enklave Vardanyan ging sogar noch weiter: Seiner Meinung nach ist „das Leiden der Armenier“ größer als das der Holocaust-Opfer, weil Juden nicht in ihrem eigenen Land abgeschlachtet wurden…“. Einen Aufschrei der Weltöffentlichkeit gab es nicht!
Die jüdische Welt wird wieder einmal verunglimpft und die Einmaligkeit der entsetzlichen NS-Verbrechen des Holocaust nivelliert. Dagegen erhob nun eine Gruppe einflussreicher internationaler Rabbiner ihre Stimme. Unter den zwölf namhaften jüdischen Geistlichen, von denen einige auch die Europäische Orthodoxe Rabbinerkonferenz repräsentieren – etwa der in Frankfurt am Main amtierende Rabbiner Avichai Apel oder der Wiener Gemeinderabbiner Jaron Engelmeyer – befinden sich darunter, ebenso der Gründer der „Latin America Rabbinical Conference“ und Präsident der „Argentine Israelite Mutural Association AMIA“ Rabbiner Eliyahu Hamara, der ebenfalls Mitglied der Europäischen Rabbinerkonferenz CER ist. Unter den Protestierenden befindet sich auch Rabbiner Aryeh Ralbag, Präsident der Vereinigung der Orthodoxen Rabbiner der USA und Kanada, sowie Panamas Chefrabbiner David Perets und Eliahu Tamin, Rabbiner der Sephardischen Gemeinden von Aish HaTora Chile. Mit dabei sind auch Polens Oberrabiner Mordechai Schudrich, sowie der für die jüdische Gemeinschaft in Straßburg und dem französischen Teil des Rheinlandes als Großrabbiner zuständige Abraham Weill. Rabbiner David Roberts vertritt die jüdische Gemeinde „Adass Yisroel“ von Berlin, Rabbiner Mordechai Reichenstein die aus Belarus. Yaniv Naftaliev, Oberrabbiner der kaukasischen Bergjuden, der entscheidend zum Aufbau eines neuen jüdischen Lebens beitrug, betont, dass „die Gräueltaten des Holocaust mit nichts zu vergleichen sind.“ Dieses könne man nur als Versuch verstehen, das jüdische Volk zu erniedrigen. Im Namen aller Teilnehmer fordert er die jüdische Welt in der Diaspora und Israel auf, „das aserbaidschanische Volk zu unterstützen, eine Nation, die seit Generationen an unserer Seite steht, die Juden beschützt und unterstützt und ein warmes Zuhause, einen Unterschlupf und eine praktische Infrastruktur für die spirituellen Juden geschaffen hat.“
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Videobotschaft von Rabbiner Zamir Isayev: Namhafte Rabbiner aus der ganzen Welt protestieren gegen die Holocaust-Vergleiche
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