Bildschirmfoto 2023 09 07 um 06.59.42Israelische Regierung will das Amt des Direktors von Yad Vashem politisch instrumentalisieren

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Der Auslöser ist banal. Dani Dayan, der Leiter der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, hatte am Holocaust-Gedenktag die Sängerin Keren Peles auftreten lassen. Peles ist eine erklärte Gegnerin der Regierung und spricht sich öffentlich gegen die Justizreform aus. Angeblich soll Sara Netanyahu, die Frau des Premiers, über diese Einladung so erbost gewesen sein, dass Konsequenzen folgen sollten.

Erziehungsminister Yoav Kisch will nun Dayan rausschmeissen und wirft ihm schlechtes Management vor. Er will Dayan durch Keren Barak, eine ehemalige Likud-Abgeordnete, ersetzen. Die Politisierung eines solch wichtigen und sensiblen Postens hat in der ganzen Welt für eine massiven Aufschrei gesorgt. Katharina von Schnurbein, die Beauftragte der EU-Kommission für den Kampf gegen Antisemitismus, hat sich ebenso öffentlich empört gezeigt wie die amerikanische Regierung. Ellen Germain, die Sonderbeauftragte für Holocaust-Angelegenheiten im State Department, fand deutliche Worte gegen die Pläne der Regierung Netanyahu, ebenso viele Holocaust-Gedenkstätten sowie rund 123 Holocaust-Experten, die in einem gemeinsamen Brief die israelische Regierung kritisieren, dass ihr Angriff auf Dayan die Erinnerung an die sechs Millionen ermordeten Juden gefährdet. Unter den Unterzeichnern dieses Briefes finden sich Koryphäen wie Professor Yehuda Bauer, Professor Dina Porat, Professor Jeffrey Herf, Professor Jan Grabowski oder Professor Alvin Rosenfeld.

Was nun mit Dayan geschehen wird, ist unklar. Beobachter glauben, dass die Regierung nach dieser internationalen, massiven Kritik sich nicht mehr trauen wird, den Direktor auszuwechseln. Doch entschieden ist dies noch lange nicht.

Foto:
Die Halle der Namen im Yad Vashem
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 6. September 2023