Stellungnahme des Forschungszentrums „Normative Orders“ der Frankfurter Goethe-Universität zum Krieg in Nahost
Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) – Als einer von vier Unterzeichnern einer Stellungnahme des oben genannten Forschungszentrums zum Krieg in Nahost hat der Philosoph Jürgen Habermas die Reaktion Israels auf den Mordanschlag der Hamas vom 7. Oktober als „prinzipiell gerechtfertigt“ bezeichnet, weil die Hamas in der erklärten Absicht gehandelt habe, „jüdisches Leben generell zu vernichten“.
Die Süddeutsche Zeitung vom 15. November schreibt dazu, die Unterzeichner möchten angesichts all der widerstreitenden Meinungen einige Grundsätze festhalten, „die nicht bestritten werden sollten“, Grundsätze die der „recht verstandenen Solidarität mit Israel und Jüdinnen und Juden in Deutschland“ zugrunde lägen.
Die leitenden Grundsätze der Reaktion Israels sollten jedoch „Verhältnismäßigkeit“, „Vermeidung ziviler Opfer“ und die „Führung des Krieges mit der Aussicht auf künftigen Frieden“ sein. Was das im Einzelnen heiße – dazu gebe es keine weiteren Ausführungen, bemerkt die Süddeutsche Zeitung dazu. Angesichts der dramatischen Verzwicktheit der Situation sei das aber vielleicht auch nur ehrlich.
Gegen den Vorwurf des Genozids verteidigen die Unterzeichner der Stellungnahme Israel „bei aller Sorge um das Schicksal der palästinensischen Bevölkerung“ ganz entschieden. Wer einen Genozid unterstelle, dem seien die Maßstäbe der Beurteilung vollends verrutscht. Insbesondere rechtfertige das Vorgehen Israels „in keiner Weise antisemitische Reaktionen, schon gar nicht in Deutschland: Es sei unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Drohungen gegen Leib und Leben ausgesetzt seien und vor physischer Gewalt auf der Straße Angst haben müssten. Im Lichte der Massenverbrechen der NS-Zeit sei jüdisches Leben und das Existenzrecht Israels „für unser politisches Zusammenleben fundamental“.
Freiheit, körperliche Unversehrtheit und Schutz vor rassistischer Diffamierung seien „elementare Rechte“ für alle. Daran müssten sich „auch diejenigen in unserem Land halten, die antisemitische Affekte und Überzeugungen hinter allerlei Vorwänden kultiviert haben und jetzt eine willkommene Gelegenheit sehen, sie ungehemmt auszusprechen.“
Unterzeichnet haben die Stellungnahme neben Jürgen Habermas die Sprecherin des Forschungszentrums, die Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff, der Sozialphilosoph und Habermas-Schüler Rainer Forst sowie der ebenfalls in Frankfurt lehrende Rechtstheoretiker und einstige Habermas-Mitarbeiter Klaus Günther.
Foto:
©deutschlandfunk