Die Wut in der israelischen Gesellschaft auf die Regierung, die in ihren Augen falsche Prioritäten setzt, wächst.
Redaktion tachles
Tel Aviv (Weltexpresso) - Hunderte Familien von israelischen Geiseln, die sich in den Händen der Hamas in Gaza befinden, haben sich auf einen 5-Tage-Treck von Tel Aviv nach Jerusalem begeben. Sie fordern von der Regierung, dass diese die Rückkehr der Geiseln zu ihrem obersten Ziel macht. Organisator ist Yuval Haran vom Kibbutz Beeri, der alle sieben Familienmitglieder als Geiseln in Gaza weiß.
Die Familien werden immer ungeduldiger mit der Regierung, die keine echten Fortschritte zur Rückführung der Geiseln vorweisen kann. Der Ton wird immer aggressiver, sie beobachten, wie die militärischen Ziele nicht unbedingt mit ihren Interessen übereinstimmen. «Wir gehen nach Jerusalem und fordern Netanyahu und das Kabinett auf, uns Antworten zu geben. Es sind jetzt 39 Tage vergangen und wir haben bald keine Kraft mehr, wir müssen unsere Kinder heimbringen», ruft Shelly Shem Tov, deren 21jähriger Sohn Omer bei dem Rave-Festival gekidnappt wurde.
Noam Alon, dessen Freundin entführt wurde, hofft, dass «wir plötzlich unseren Marsch stoppen können, weil die Geiseln befreit sein werden noch ehe wir in Jerusalem ankommen». Soviel ist klar: Die Verzweiflung wächst. Und das Vertrauen in diese Regierung, wenn sie überhaupt noch existierte, ist völlig verschwunden. Nicht nur unter den Familien der Geiseln. Was ganz sicher ist: Auf dem Weg nach Jerusalem werden die Familien viele Israelis haben, die mitmarschieren werden. So wie einst beim Vater des fünf Jahre als Geisel in Gaza gehaltenen Soldaten Gilad Shalit. Sein Vater organisierte auch einen Marsch, dem sich Tausende damals anschlossen.
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 15. November 2023