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Zu den Terrorattacken jüdischer Extremisten gegenüber ihren palästinensischen Landsleuten

Jacques Ungar


Tel Aviv (Weltexpresso) - Erneut sind jüdische Landesbürger angeklagt, Terrorattacken gegen Palästinenser verübt zu haben – die Rede ist von einem Terrornetz jüdischer Extremisten. Familienmitglieder von Ali Saad Dawabsheh vor ihrem Haus Ende Juli 2015 nach dem Brandanschlag durch jüdische Extremisten.



Während vieler Monate versuchten die tonangebenden Meinungsmacher in Jerusalem den Eindruck zu erwecken, es handle sich bei dem blutigen Brandanschlag auf das Haus der Familie Dawabsheh im Palästinenserdorf Duma in der Westbank um einen Einzelfall, der nicht einmal für die Extremszene unter den jüdischen Siedlern typisch sei. Der Tod fast der ganzen Familie Dawabsheh war in den Augen der politischen Entscheidungsträger derart untypisch für Israel, dass man sich sogar erlauben durfte, von «jüdischen Terroristen» zu sprechen, die da am Werk gewesen seien.



Inzwischen aber werden die Fragezeichen immer größer, die hinter die Behauptung der Einzigartigkeit des Falles und seines der Norm zuwiderlaufenden Charakters zu setzen sind. Immer klarer wurden in letzter Zeit nämlich die Warnungen vor der Existenz und dem Um-sich-Greifen eines immer größer werdenden eigentlichen Terrornetzes, bestehend aus fanatischen jüdischen rechtsnationalen Extremisten.



Untypische Einzelfälle?

Die Geschichte wird dereinst die definitive Antwort auf diese Frage erteilen müssen. Je mehr Fälle dieser Natur aber aufgedeckt werden, umso klarer kristallisiert sich ein Trend heraus, der in Richtung auf eine negative Beantwortung der Frage hindeutet.


Am Montag hat das Bezirksgericht von Lod auf Empfehlung des Inland-Geheimdienstes Shabak sieben jüdische Landesbürger der Verübung von Terrorattacken gegen Palästinenser in der Gegend der Westbankstadt Ramallah angeklagt. Die Anklagepunkte lauten auf gewalttätige Verbrechen, Waffenbesitz und andere, gegen Palästinenser und deren Besitz gerichtete nationalistische Aktivitäten. Nach der kürzlich erfolgten Aufhebung des Publikationsverbots bezüglich der Verhaftung der sieben Israeli wurden diese nun der Mitgliedschaft bei einer Terrorgruppe und der Verübung verschiedener Gewaltakte beschuldigt. Zur langen Liste der ihnen zur Last gelegten Vergehen gehören neben Brandanschlägen auf palästinensischen Besitz das Werfen einer Gas-Tränengranate gegen das Haus einer palästinensischen Familie im letzten Dezember. Dem Haushaltsvorstand, der durch das in den Augen brennende Gas aufgeweckt wurde, war es gelungen, ein wenige Monate altes Kind rechtzeitig aus dem Haus zu bringen, ohne dass es körperliche Schäden davontrug. Bei den sieben Angeklagten handelt es sich um den Infanteriesoldaten Yisrael Shendorfi aus der Siedlung Nahliel, seinen Bruder Pinhas, Michael Kaplan aus Beit Shemesh, Itamar Ben Aharon aus Jerusalem, Shneor Dana aus der Siedlung Maale Efraim und zwei Minderjährige, deren Namen nicht genannt werden dürfen. Die Staatsanwaltschaft verlangt, dass mit Ausnahme von drei Personen alle Verdächtigten für die ganze Dauer des Verfahrens inhaftiert bleiben, während die restlichen drei unter Hausarrest gestellt werden sollen. Die Gebrüder Shendorfi und die beiden Minderjährigen haben die Verbrechen eingestanden, deren sie bezichtigt werden. Das Motiv für die Vergehen scheint in den meisten Fällen die Rache für Terroranschläge gegen jüdische Israeli gewesen zu sein, aber auch das Bestreben, Angst und Panik unter den Palästinensern zu säen und den Sicherheitskräften die Botschaft zu vermitteln, den «Frontkämpfern» ja nicht ins Handwerk zu pfuschen.



Jüdische Gewaltakte

Das israelische Establishment betreibt, wie gesagt, die Praxis, von Ausnahmefällen der Extremszene zu sprechen. Alles andere würde nämlich, wie man hinter vorgehaltener Hand immer wieder flüstert, die Theorie vom Anderssein des jüdischen Volkes gefährlich ins Wanken bringen. Das Beharren auf dem Ausnahmecharakter jüdischer Gewaltakte befreit zudem, vordergründig zumindest, von der Notwendigkeit, durch geeignete, sich aufdrängende Maßnahmen im Bildungswesen mittel- und langfristig präventiv zu wirken.

Was aber, wenn die Ausnahme allmählich salonfähig wird? Diese Frage stellt man sich im israelischen Establishment auch andeutungsweise heute erst in Nebensätzen oder Fußnoten. Wer heute das Sagen hat in Jerusalem, wartet wohl lieber, bis aus den Fußnoten Schlagzeilen geworden sind, die das Handeln zum Imperativ machen – vorausgesetzt, es ist dann nicht schon zu spät.